Leitsatz

Die Rücknahme eines Einspruchs kann nicht angefochten werden.

 

Sachverhalt

Die Kläger wurden in 2000 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Bei der Erstellung der Einkommensteuererklärung wirkte ein Steuerberater mit. Die Kläger erklärten hierbei Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 17 EStG i.H.v. TDM 1.934 aus der Veräußerung von Aktien. Das Finanzamt veranlagte entsprechend im Juli 2002. Die Kläger legten gegen den Bescheid Einspruch ein und verwiesen hierzu auf rechtliche Bedenken hinsichtlich der Absenkung der Wesentlichkeitsgrenze ab 1999. Unter Verweis auf anhängige Verfahren wurde Ruhen des Verfahrens beantragt, die auch gewährt wurde. Im Mai 2011 teilte das Finanzamt dem Steuerberater mit, dass das Bundesverfassungsgericht insofern die Absenkung der Wesentlichkeitsgrenze für verfassungswidrig erklärt habe, als ein Veräußerungsgewinn Wertsteigerung erfassen würde, die vor dem 31.03.1999 steuerfrei gewesen wären. Das Finanzamt forderte den Steuerberater auf, eine solche Aufteilung vorzunehmen und, sofern der Einspruch nicht mehr erforderlich sei, diesen zurück zu nehmen. Der Steuerberater nahm den Einspruch mit einem Vordruck des Finanzamts zurück. Nach der Rücknahme teilte der Steuerberater dem Finanzamt mit, die Rücknahme sei versehentlich erfolgt. Er habe den Kläger mit dessen gleichnamigen Sohn verwechselt. Dieser sei im Gegensatz zu den Klägern Mandant seiner Kanzlei. Die Kläger seien dies schon seit 2002 nicht mehr. Er fechte insofern die Rücknahme an, die ungewollte geschehen sei. Das Finanzamt wies das Ansinnen zurück, da die Vollmacht aus 2002 auch das Recht zur Rücknahme des Einspruchs beinhaltet habe. Nach dem Empfängerhorizont des Finanzamts habe sich nichts Gegenteiliges ergeben. Zudem sei die Rücknahme aus eigenem Antrieb erfolgt, da es dem Finanzamt in seinem Schreiben aus dem Mai 2011 primär um die Aufteilung des Veräußerungsgewinns in einen steuerpflichtigen und einen steuerfreien Anteil gegangen sei.

 

Entscheidung

Die Klage wurde als unbegründet zurück gewiesen. Die Rücknahme des Einspruchs, so das Finanzamt, sei wirksam erfolgt. Nach der Auslegung des Einspruchsschreibens sei der Steuerberater nicht nur zur Einlegung und Begründung des Einspruchs bevollmächtigt gewesen, sondern auch zu dessen Rücknahme. Diese Rücknahme sei auch nicht unwirksam gewesen. Die Rücknahme sei eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung, in der dieser zum Ausdruck bringen müsse, dass er den Einspruch nicht weiter verfolgen wolle. Aus der Sicht des Empfängers, des Finanzamts, sei auch aus anderen Umständen als dem Schreiben nicht ersichtlich gewesen, dass der Steuerberater nicht mehr für die Kläger tätig gewesen sei. Auch die Steuerakten würden nichts anderes ergeben. Zwar sei die Rücknahme irrtümlich erfolgt, doch sei dies keine fehlerhafte Erklärung gewesen, die eine Anfechtung ermöglichen würde.

 

Hinweis

Der Steuerberater der Kläger hatte hier sicherlich einen dicken Bock geschossen, der die Einschaltung seiner Berufshaftpflichtversicherung erforderlich machen dürfte. Auch wenn die Begründung, warum hier keine Anfechtung in Betracht kommt, durch das Finanzgericht recht schlank gefasst ist, erscheint letztlich das Urteil zutreffend. Die Rücknahme eines Einspruchs ist in § 362 AO geregelt. Hierbei ist durch Rechtsprechung geklärt, dass eine einmal erfolgte Rücknahme der Rücknahme ausgeschlossen ist (BFH, Urteil v. 6.7.2005, XI R 15/04, BStBl 2005 II S. 644) und auch eine Anfechtung nach den Bestimmungen des BGB ausscheidet (BFH, Urteil v. 26.6.2006, V R 40/05, BFH/NV 2007 S. 356; zu Einzelheiten siehe auch Dumke, in Schwarz, AO, § 362 AO Rz. 7ff.). Umso wichtiger ist es, vor einer Rücknahme die Sach- und Rechtslage sauber zu prüfen. Dies hat der Steuerberater hier offensichtlich nicht gemacht. Allerdings muss ihm zu Gute halten, dass zwischen dem Einspruch in 2002 und der Rücknahme in 2011 auch neun Jahre vergangen sind.

 

Link zur Entscheidung

FG München, Urteil vom 25.04.2013, 5 K 3476/11

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