Leitsatz

Ist Art. 4 Abs. 2 VO Nr. 2193/2003 entgegen seinem Wortlaut dahin auszulegen, dass solche Waren nicht vom Zusatzzoll betroffen sind, die sich nachweislich zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung der Zusatzzölle auf dem Weg in die Gemeinschaft befinden und deren Bestimmungsort nicht geändert werden kann?

 

Normenkette

Art. 234 Abs. 3 EG, Art. 4 Abs. 2 VO Nr. 2193/2003

 

Sachverhalt

Im März 2004 wurde eine aus den USA stammende Sendung Landhausdielen, die im Februar zur Verschiffung verladen worden war, zur Abfertigung zum freien Verkehr angemeldet. Das HZA setzte einen Zusatzzoll gem. Art. 2 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 2193/2003 fest. Diese VO war Anfang des Jahres in Kraft getreten, der strittige Zusatzzoll galt jedoch erst ab 01. März. Ausgenommen waren in dieser Verordnung Waren, die sich im Zeitpunkt des Inkrafttretens der VObereits auf dem Weg in die Gemeinschaft befinden. Hingegen heißt es in den Erwägungsgründen, diese Ausnahmeregelung solle für alle Waren gelten, die vor dem Inkrafttreten der Zusatzzölle aus den USA in die Gemeinschaft ausgeführt worden sind.

 

Entscheidung

Nach dem Verordnungstext hat das HZA mit seinem Bescheid recht, nach der Verordnungsbegründung der Importeur mit seiner Klage. Der BFH konnte den Widerspruch zwischen Verordnungstext und Verordnungsgründen nicht auflösen und hat deshalb den EuGH befragt. Manches spricht dafür, dass die Erwägungsgründe die allein sinnvolle Regelung enthalten. Denn das von der Erhebung eines Zusatzzolls Waren ausgenommen sein sollen, die sich bereits drei Monate vor der ersten Anwendbarkeit der Zusatzzollregelung auf dem Weg in die Gemeinschaft befanden, hätte die Konsequenz, dass diese Regelung praktisch nur für zunächst in ein Zolllager gebrachte Waren Bedeutung haben könnte.

 

Hinweis

Dem deutschen Juristen ist geläufig, dass sich das maßgebliche Recht aus dem Gesetzestext ergibt und eine etwaige Gesetzesbegründung nur zur Beseitigung von Zweifeln an dem richtigen Verständnis des Gesetzestextes herangezogen werden kann. Das scheint grundsätzlich auch die Auffassung des EuGH zu sein. Freilich sind die Erwägungsgründe einer EG-Verordnung integraler Bestandteil des Rechtsakts, anders als die sogenannten Gesetzesbegründungen in Deutschland, die i.d.R. nur Überlegungen des Ministeriums wiedergeben, welches den Gesetzesvorschlag erarbeitet hat. Deshalb scheint nicht von vornherein ausgeschlossen, dass der EuGH den Erwägungsgründen eine weitergehende Funktion einräumen könnte.

Die Vorlage des BFH bietet Anlass, darüber nachzudenken. Denn hier passen die Erwägungsgründe und der Verordnungstext schlechterdings nicht zueinander.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 20.03.2008, VII R 11/07

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