Leitsatz

1. Bei Erlass eines Änderungsbescheids nach § 174 Abs. 4 AO ist das FA nicht an die im vorausgehenden Änderungsbescheid vertretene Rechtsauffassung gebunden.

2. Die Zuführungen zu der Rückstellung für die Verbindlichkeit aus einer betrieblichen Versorgungszusage, die den Vorgaben des § 6a EStG entspricht, aus steuerlichen Gründen aber als vGA zu behandeln ist, sind außerhalb der Bilanz dem Gewinn hinzuzurechnen. Ist eine Hinzurechnung unterblieben und aus verfahrensrechtlichen Gründen eine nachträgliche Berücksichtigung nicht mehr möglich, können die rückgestellten Beträge auf der Ebene der Kapitalgesellschaft nicht mehr als vGA berücksichtigt werden (Bestätigung der Senatsrechtsprechung).

3. Eine wegen Wegfalls der Verpflichtung Gewinn erhöhend aufgelöste Pensionsrückstellung ist im Weg einer Gegenkorrektur nur um die tatsächlich bereits erfassten vGA der Vorjahre außerbilanziell zu kürzen (Bestätigung des BMF-Schreibens vom 28.05.2002, BStBl I 2002, 603 Tz. 8).

 

Normenkette

§ 174 Abs. 4 AO, § 6a EStG, § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH mit abweichendem Wirtschaftsjahr zum 30.09., sagte ihrem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer (G) am 01.07.1978 eine auf Lebenszeit zu zahlende Rente für die Zeit nach Vollendung des 70. Lebensjahrs zu. G war zum Zeitpunkt der Zusage 67 Jahre alt. Die Klägerin zahlte ab dem 01.05.1986 dem damals 75 Jahre alten G bis zu dessen Tod am 07.08.1994 laufende Versorgungsleistungen. Die hierfür gebildete Pensionsrückstellung löste sie zum 30.09.1994 wegen Wegfalls der Verpflichtung erfolgswirksam auf.

Das FA vertrat die Auffassung, dass die Pensionszusage durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sei. Es behandelte daher die laufenden Pensionszahlungen ab dem Jahr 1991 als vGA. Ferner löste es die Pensionsrückstellung bereits zum 30.09.1991 auf.

Gegen die entsprechend geänderten Bescheide für 1991 erhob die Klägerin Einsprüche, mit dem sie u.a. geltend machte, die Festsetzungsfrist sei abgelaufen. Der ebenfalls geänderte KSt-Bescheid für 1994 wurde bestandskräftig.

Das FA half den Einsprüchen ab, änderte jedoch zugleich unter Berufung auf § 174 Abs. 4 AO den KSt-Bescheid für 1994, wobei es die Pensionsrückstellung – nunmehr – zum 30.09.1994, dem Sterbejahr des G, Gewinn erhöhend auflöste.

Die unterbliebene Hinzurechnung der Zuführungen zu den Pensionsrückstellungen nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG unterbleibe endgültig.

Der dagegen erhobenen Klage gab das FG statt (EFG 2007, 447).

 

Entscheidung

Der BFH gab indessen dem FA recht:

§ 174 Abs. 4 AO ermögliche die nachträgliche Korrektur der irrigen Beurteilung eines Sachverhalts. Darum gehe es hier, weil das FA zunächst irrtümlich die unrichtigen Konsequenzen aus der "Entdeckung" der vGA gezogen habe, welche aus der G erteilten Pensionszusage resultiere.

Das FA habe nämlich die Pensionsrückstellung aufgelöst, wiewohl es richtig gewesen wäre, die als vGA zu behandelnden Rückstellungszuführungen in den betreffenden Jahren außerbilanziell hinzuzurechnen.

Nachdem dieser Fehler bemerkt und berichtigt worden sei, stünde der Auflösung der Pensionszusage im Sterbejahr nichts entgegen. Es sei auch nicht geboten, den Auflösungsbetrag um die vGA herabzusetzen, da diese sich in den Vorjahren ja schließlich tatsächlich nicht ausgewirkt hätten.

 

Hinweis

1. In dieser Zeitschrift wurde schon des Häufigeren auf die Zweistufigkeit der vGA-Prüfung hingewiesen:

Auf der ersten Stufe geht es darum festzustellen, ob eine Vermögensminderung als (bilanzielle) Voraussetzung für das Vorliegen einer vGA gegeben ist. Auf der zweiten Stufe ist sodann den körperschaftsteuerrechtlichen Besonderheiten Rechnung zu tragen, welche ggf. eine außerbilanzielle Einkommenskorrektur zur Folge haben können. S. zur Zweistufenprüfung z.B. das Urteil vom 31.03.2004, I R 70/03, BFH-PR 2004, 398; vom 09.11.2005, I R 89/04, BFH-PR 2006, 95).

Dieser Vorgehensweise hat der BFH in ständiger Rechtsprechung entwickelt. Ihr ist seit geraumer Zeit auch die Finanzverwaltung gefolgt (BMF, Schreiben vom 28.05.2002, BStBl I 2002, 603).

2. Sie hat zur Konsequenz, dass eine (außerbilanzielle) Einkommenskorrektur, die im VZ des "Anfalls" der vGA fälschlicherweise unterblieben ist, nur dann nachgeholt werden kann, falls der entsprechende KSt-Bescheid noch nicht bestandskräftig ist oder er unter Vorbehalt der Nachprüfung steht. Ist die außerbilanzielle Korrektur hingegen erfolgt, dann könnte sich namentlich in Passivierungssituationen (wie z.B. eine Pensionsrückstellung) eine Doppelbelastung ergeben, dann nämlich, wenn der Passivposten später wegen Wegfalls der zugrunde liegenden Verbindlichkeit erfolgswirksam aufzulösen ist.

Um dem vorzubeugen, wird gemeinhin einer außerbilanziellen Gegenkorrektur das Wort geredet, gleichviel, ob man eine solche Gegenkorrektur als Billigkeitserweis ansieht oder aber auf eine Analogie zu § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG stützt. In dieser Weise verfährt jedenfalls auch die Finanzverwaltung (in dem BMF-Schreiben vom 28.05.2002, BStBl I 2002, 603 Tz. 8).

3. Dar...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge