Rz. 39

Nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG stehen dinglich gesicherte Sondernutzungsrechte i. S. d. § 15 WEG und des § 1010 BGB den Grundstücken gleich.

Die Ergänzung des Grundstücksbegriffs des § 2 GrEStG um die dinglich gesicherten Sondernutzungsrechte nach Nr. 3 von § 2 Abs. 2 GrEStG durch Artikel 23 StÄndG 1991 (BGBl I, 1340) ist mit Wirkung vom 28.6.1991 in Kraft getreten (Artikel 25 Abs. 1 StÄndG 1991). Wie sich aus der Gesetzesbegründung (siehe Abschnitt 1 Rz 2) ergibt, kommt der Regelung lediglich deklaratorischer Charakter zu.

Nach § 13 Abs. 2 WEG ist jeder Wohnungseigentümer zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums nach Maßgabe der §§ 14, 15 WEG berechtigt. An den sonstigen Nutzungen des gemeinschaftlichen Eigentums gebührt jedem Wohnungseigentümer ein Anteil nach Maßgabe des § 16 WEG. Ein Sondernutzungsrecht nach dem WEG liegt in den Fällen vor, in denen einem Wohnungseigentümer ein – über § 13 Abs. 2 WEG hinausgehendes – alleiniges Nutzungs- und Gebrauchsrecht an Teilen des Gemeinschaftseigentums eingeräumt wird. Nach § 15 WEG können die Wohnungseigentümer den Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums durch Vereinbarung regeln. Entsprechende Vereinbarungen sind z. B. bezüglich des Stellplatzes für einen Pkw, eines Gartenanteils oder eines im Gemeinschaftseigentum stehenden Raumes möglich. Die Zuweisung des alleinigen Nutzungs- und Gebrauchsrechts an einen der Wohnungseigentümer hat zwangsläufig die Einschränkung der entsprechenden Rechte der anderen Wohnungseigentümer zur Folge.

Ein entsprechendes Sondernutzungsrecht kann bereits bei der Teilungserklärung (§§ 3, 8 WEG) oder durch eine spätere Vereinbarung zwischen den Wohnungseigentümern (§ 10 Abs. 2 WEG) begründet werden.

 

Rz. 40

Bei der Beurteilung des sachlichen Anwendungsbereichs des § 2 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG sind folgende Fallgruppen zu unterscheiden:

  • Übertragung des Miteigentumsanteils an einem Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an einer Wohnung, verbunden mit einem im Grundbuch eingetragenen Sondernutzungsrecht (z. B. an einem Pkw-Einstellplatz)

    Dieser Vorgang ist bereits grunderwerbsteuerbar nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 2 Abs. 1 Satz 1 GrEStG, eines Rückgriffs auf § 2 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG bedarf es insoweit nicht. Wie aus den §§ 1 Abs. 2, 6 Abs. 1, 7 Abs. 1 und 8 Abs. 1 folgt, gehört das Sondereigentum zum Miteigentumsanteil am Grundstück. Daher ist – wie das Miteigentum ohnehin – auch das mit dem Sondereigentum verbundene Miteigentum "Grundstück" i. S. d. bürgerlichen Rechts gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 GrEStG (BFH-Urteile vom 25.6.1980, BStBl 1981 II, 332 und vom 30. 7. 1980, BStBl II, 667). Danach unterliegen Rechtsvorgänge i. S. d. § 1 GrEStG, auch wenn sie sich auf Wohnungseigentum beziehen, der Grunderwerbsteuer. Gegenstand dieses Erwerbsvorgangs ist auch das Sondernutzungsrecht, das nach §§ 15 Abs. 1, 5 Abs. 4 und 10 Abs. 2 WEG durch Eintragung im Grundbuch zum Inhalt des Sondereigentums wird. Sondereigentum und Sonderrechtsvereinbarungen nach § 10 Abs. 2 WEG stellen eine untrennbare Einheit dar, der dingliche Bedeutung beikommt. Insoweit kann Wohnungseigentum von den Wohnungseigentümern in weitgehendem Umfang inhaltlich gestaltet werden. Mithin hat die Vereinbarung eines Sondernutzungsrechts unmittelbare dingliche Wirkung und teilt rechtlich das Schicksal des Sondereigentums (vgl. BGH-Beschluss vom 24.11.1978, NJW 1979, 548).

  • (Isolierte) Übertragung eines Sondernutzungsrechts – ohne gleichzeitige Übertragung des Wohnungseigentums, dem es zugeordnet ist – auf ein Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft

    Zivilrechtlich ist eine solche Fallgestaltung zulässig, der Übergang des Sondernutzungsrechts ist als Inhaltsänderung des Sondereigentums (Wohnungseigentums) anzusehen, was nach § 877 BGB (Änderung des Inhalts eines Rechts an einem Grundstück) als zulässig vorausgesetzt wird (vgl. BGH-Beschluss vom 24.11.1978 a. a. O.).

    Grunderwerbsteuerrechtlich fehlt – im Unterschied zur ersten Fallgestaltung – eine Verbindung zum Miteigentumsanteil am Grundstück und zum Sondereigentum (Wohnungseigentum). Dieser Vorgang ist deshalb nicht grunderwerbsteuerbar nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 2 Abs. 1 Satz 1 GrEStG. Die Grunderwerbsteuerbarkeit ergibt sich erst aus § 1 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 2 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG. Insoweit hat die Gesetzesmodifizierung – im Gegensatz zur Gesetzesbegründung (vgl. Rz 2) – nicht nur deklaratorische Bedeutung, sondern entfaltet konstitutive Wirkung. Ein abgespaltenes Sondernutzungsrecht fällt nicht unter den Grundstücksbegriff des bürgerlichen Rechts(§ 2 Abs. 1 Satz 1 GrEStG), sondern ist nur kraft der gesetzlichen Fiktion des § 2 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG ein grundstücksgleiches Recht.

  • (Isolierte) Übertragung eines Sondernutzungsrechts auf einen außerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft stehenden Dritten

    Ein solcher Rechtsvorgang ist schon zivilrechtlich unwirksam (§ 134 BGB), da ihm der in § 6 WEG niedergelegte Grundsatz der zwingenden Verbindung des Sondereigentums mit einem Miteigentumsanteil entgegensteht (vgl. BGH-Besc...

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