Rz. 28

Sofern für den Rückerwerb eine Eintragung im Grundbuch erforderlich ist, muss innerhalb der zweijährigen Frist die Auflassung erklärt und die Eintragung im Grundbuch beantragt werden (§ 16 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 GrEStG). Die Vorschrift stellt damit zu Recht nicht auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Eintragung im Grundbuch ab, auf den die Beteiligten keinen Einfluss haben. Die Eintragung einer Vormerkung (§ 883 BGB) innerhalb der zweijährigen Frist ist nicht ausreichend. Andererseits steht eine (Auflassungs-)Vormerkung einer Rückgängigmachung eines Kaufvertrags nicht mehr entgegen, wenn dem ursprünglichen Veräußerer eine Löschungsbewilligung erteilt wurde, die er ohne Beschränkungen gegenüber dem (Erst-)Erwerber geltend machen kann (BFH v. 1.7.2008, II R 36/07, BStBl II 2008, 882). Wird ein Antrag auf Eintragung nach Ablauf der zweijährigen Frist zurückgenommen oder abgewiesen, ist die Vergünstigung des § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG nicht anwendbar.

Auch im Fall des § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG muss die Rückübertragung zu einer echten Rückgängigmachung des Erwerbs führen. Ein Anspruch aus § 16 Abs. 2 GrEStG setzt zwingend voraus, dass es zu einer tatsächlichen vollständigen Rückgängigmachung bzw. einem rechtlich und tatsächlich vollständigen Rückerwerb kommt (vgl. BFH v. 27.1.1982, II R 119/80, BStBl II 1982, 425; BFH v. 25.8.2010, II R 35/08, BFH/NV 2010, 2301; BFH v. 28.3.2012 II R 42/11, BFH/NV 2012, 1486, und BFH v. 13.11.2012, II B 123/11, BFH/NV 2013, 255; siehe auch Loose, in Boruttau, GrEStG, 17. Aufl. 2011, § 16 Rz 61ff., 181ff. und Pahlke, in Pahlke/Franz, GrEStG, 4. Aufl. 2010, § 16 Rz 20ff., 43). Zwischenzeitliche Veränderungen im tatsächlichen Zustand eines Grundstücks schließen jedoch eine Anwendung der Vorschrift nicht aus.

§ 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG setzt den Erwerb von Eigentum an einem Grundstück voraus, die Vorschrift gilt auch für Erwerbe nach § 1 Abs. 3 GrEStG, sonst hätte § 1 Abs. 3 GrEStG nicht in § 1 Abs. 5 GrEStG genannt werden müssen (BFH v. 25.11.2015, II R 64/08, BFH/NV 2016, 420 Rz. 18).

Eine besondere Konstellation liegt der Entscheidung des FG Münster v. 16.6.2016, 8 K 2656/13 GrE, zu Grunde, behandelt wurde aber im Ergebnis nicht die Anwendung von § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG. Die Klage war erfolgreich, da der Steuerbescheid nicht hinreichend bestimmt war (§ 119 Abs. 1 AO). Die Klägerin war zu 100 % an einer GmbH (GmbH 1) beteiligt. Die GmbH 1 erwarb von einer zweiten GmbH (GmbH 2) sämtliche Wirtschaftsgüter eines Geschäftsbereichs, einschließlich Grundstücke (am 12.12.2005). Die GmbH 2 erwarb (ebenfalls am 12.12.2005) 24,9 % an der GmbH 1, die Klägerin war im Rahmen einer sog. "Call-Option" berechtigt, diese Beteiligung jederzeit zurückzukaufen. In der Ausübung des Optionsrechts (vor Ablauf eines 2-Jahres-Zeitraums nach Veräußerung am 2.1.2007) erkannte das Finanzamt einen grunderwerbsteuerpflichtigen Erwerb nach § 1 Abs. 3 GrEStG der Klägerin (Rückerwerb zur Wiederherstellung der 100 %-Beteiligung an der GmbH 1); die Klägerin machte die Steuerfreiheit des Erwerbs geltend, § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG (analog) sei anwendbar. Der Erwerb des Grundstücks durch die GmbH 1 sei ein Erwerbsvorgang (durchsetzbarer Anspruch auf Verschaffung des Eigentums an den Grundstücken). Nach Auffassung der Klägerin waren zum Zeitpunkt der Veräußerung der 24,9 %-Beteiligung an der GmbH 1 (an die GmbH 2) die Grundstücke grunderwerbsteuerlich der GmbH 1 unmittelbar – der Klägerin mittelbar zugeordnet. Der Rückerwerb der Beteiligung durch die Klägerin stelle daher einen steuerfreien Rückerwerb dar. Das Finanzamt machte dagegen geltend, eine analoge Anwendung auf einen Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 3 GrEStG setze voraus, dass der Rückerwerb sich auf Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft beziehe. Das FG Münster hat über diese Problematik nicht entschieden, sondern angenommen, dass der Grunderwerbsteuerbescheid unbestimmt war: Ursprünglich besteuert werden sollte der Erwerb nach § 1 Abs. 3 GrEStG (am 2.1.2007), im Grunderwerbsteuerbescheid sei als "Sachverhalt" der Übertragungsvertrag vom 12.12.2005 aufgeführt. Der im Bescheid erfasste "Sachverhalt" sei nicht der Vorgang, den das Finanzamt der Grunderwerbsteuer unterwerfen wollte. Eine Anwendung von § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG sollte im Hinblick auf die Entscheidung des BFH v. 25.11.2015, II R 64/08, BFH/NV 2015, 420 möglich sein, es stellt sich jedoch die Frage, ob ein Grundstück "zurückerworben" wurde, da erst beim Rückerwerb ein steuerpflichtiger Erwerb vorliegt.

Zum Formerfordernis in den vorgenannten Fällen siehe FinMin Baden-Württemberg v. 7.8.2002, 3 – S 4543/9.

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