Rz. 54

Die in den Nrn. 5–7 behandelten Rechtsgeschäfte werden regelmäßig nicht für sich allein abgeschlossen, sondern im Zusammenhang mit einem anderen steuerpflichtigen Erwerbsvorgang. Durch diese Bestimmungen sollen mögliche Umgehungsgeschäfte erfasst werden. Es handelt sich um die Abtretung von Rechten (Übereignungsanspruch, Rechte aus dem Meistgebot, Rechte aus einem Kaufangebot). Die Steuerpflicht ist nicht an die Abtretung als solche, sondern an das schuldrechtliche Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Abtretung begründet, geknüpft. Nur wenn kein schuldrechtliches Rechtsgeschäft vorhanden ist, wird nach § 1 Abs. 1 Nr. 7 GrEStG die Abtretung selbst als Erwerbsvorgang behandelt.

Die höchstrichterliche Rechtsprechung beschränkt die Anwendung der Vorschriften nicht nur auf die Abtretung, sondern erstreckt sich auch auf Vertragsübernahmen (vgl. im Einzelnen dazu Rz. 59). Dieser Praxis ist zuzustimmen, weil der Gesamtkontext der Regelungen erkennen lässt, dass zivilrechtlich mögliche Umgehungsgeschäfte erfasst werden sollen, hierunter aber auch die Vertragsübernahme fällt. Hinzu kommt, dass in der Lebenswirklichkeit oftmals keine der juristischen Begrifflichkeit entsprechende Einordnung vorgenommen wird, sodass im Wege der Auslegung das zivilrechtlich Gewollte und die steuerlichen Konsequenzen ermittelt werden müssen.

Die Abtretung eines Übereignungsanspruchs erfolgt zivilrechtlich nach § 398 BGB und setzt danach einen Vertrag zwischen dem Käufer und einem Dritten voraus. Sie bewirkt, dass der Zessionar an die Stelle des bisherigen Gläubigers tritt, also statt seiner einen Anspruch auf Übereignung eines Grundstücks hat. Die Verpflichtungen des Käufers aus dem Kaufvertrag verbleiben bei diesem. Wirkt der Veräußerer bei einer Änderung des ursprünglichen Vertrages mit – etwa dergestalt, dass fortan nicht nur der ursprüngliche Käufer, sondern neben ihm ein Dritter, z. B. sein Ehepartner, in den Vertrag eintreten soll –, so ist in diesen Fällen des Vertragsbeitritts zivilrechtlich keine Abtretung des Übereignungsanspruchs des ursprünglichen Käufers zu sehen. Grunderwerbsteuerrechtlich hat dies zur Folge, dass § 1 Abs. 1 Nr. 5 GrEStG nicht – auch nicht entsprechend – angewendet werden kann. Vielmehr erfüllt die Vertragsänderung in der Person des dem Vertrag Beitretenden den Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG, personenbezogene Befreiungsgründe im Verhältnis des ursprünglichen Erwerbers zum Beitretenden (z. B. nach § 3 Nr. 4 GrEStG) kommen nicht zur Anwendung (vgl. BFH v. 26.9.1990, II R 197/87, BFH/NV 1991, 482; zur Nichtanwendbarkeit von § 16 GrEStG vgl. § 16 GrEStG Rz. 8). Liegt hingegen ein Erwerbsvorgang aus der Abtretung eines Grundstücksübereignungsanspruchs von dem bisherigen Inhaber des Anspruchs (Zedenten) an den künftigen Inhaber (Zessionar) gem. § 1 Abs. 1 Nr. 5 bzw. Nr. 7, § 16 GrEStG vor, so ist für die Anwendung einer Befreiungsvorschrift das Verhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar entscheidend, nicht die Beziehung des Zessionars zum Veräußerer. Der Erwerb des Zedenten vom Veräußerer gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG und der anschließende Erwerb des Zessionars vom Zedenten gem. § 1 Abs. 1 Nr. 5 bzw. Nr. 7 GrEStG sind in Bezug auf personenbezogene Befreiungsvorschriften je für sich zu beurteilen (BFH v. 31.8.1994, II R 108/91, BFH/NV 1995, 431).

Einer Vertragsübernahme kommt auch bei der Übertragung eines bereits bestehenden Anspruchs auf Übertragung von mindestens 90 % der Anteile an einer Gesellschaft (derivativer Erwerb) in Betracht (siehe hierzu Rz. 59 und Rz. 93a).

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