Leitsatz

Ist eine kaufvertraglich vereinbarte Leibrente beim Tod eines Gesamtgläubigers in unveränderter Höhe bis zum Ableben des anderen Gesamtgläubigers zu zahlen, stellt der mit dem Tod eines der Rentenberechtigten eintretende Wegfall der Ausgleichspflicht des überlebenden Gesamtgläubigers nach § 430 BGBweder einen Erwerb von Todes wegen noch eine Schenkung auf den Todesfall dar. Denn der Rentenanspruch des Erstversterbenden geht ersatzlos unter, selbst wenn die Rente in unveränderter Höhe weiter zu zahlen ist.

 

Sachverhalt

Durch Testament wurde Frau A Alleinerbin ihrer verstorbenen Schwester S. A und S waren an zwei Grundstücken Miteigentümerinnen. Diesen Grundbesitz veräußerten sie an ihre Nichte N, welche sich verpflichtete als Gegenleistung der A und S als Gesamtberechtigte gemäß § 428 BGB auf Lebensdauer der Längstlebenden eine wertgesicherte Rente zu bezahlen. Weiter wurde in der Urkunde vereinbart, dass sich beim Ableben einer Berechtigten die Rente nicht verändert. Das Finanzamt sah darin einen, mit dem Tod der S eingetretenen Wegfall der Ausgleichspflicht für die Leibrente, welcher bei der A zu einem steuerpflichtigen Erwerb geführt hat, und setzte hierfür Erbschaftsteuer fest.

 

Entscheidung

Nach erfolglosem Einspruch gab das FG der Klage der A statt. Der durch den Tod der Erblasserin S eingetretene Wegfall einer Ausgleichspflicht in Höhe der Hälfte der Rente und auch die Fortzahlung der Leibrente in unveränderter Höhe an die A stellt keinen steuerpflichtigen Erwerb nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG dar. Denn ein Erwerb von Todes wegen liegt nur vor, wenn ein Vermögensvorteil eintritt, der aufgrund eines vom Erblasser geschlossenen Vertrags bei dessen Tod von einem Dritten unmittelbar erworben wird. Es liegt hier aber keine vertragliche Begründung des Vermögensvorteils und auch kein unmittelbar von einem Dritten beim Tod des Erblassers erworbener Vorteil vor. Ferner müsste der Erwerb des Vermögensvorteils durch die A im Verhältnis zum Erblasser alle objektiven und subjektiven Merkmale einer freigebigen Zuwendung aufweisen. Im Wegfall der Ausgleichspflicht ist auch keine Schenkung auf den Todesfall nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG zu sehen. Denn ein Wegfall der Ausgleichspflicht erfolgte nicht auf Kosten der Erblasserin und erfüllt damit nicht den Tatbestand einer objektiven Bereicherung der Klägerin. Der Anspruch auf die Leibrente ist mit dem Tod der S entfallen und nicht auf die A als ihre Erbin übergegangen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass sich die Leibrente mit dem Tod der S nicht verringerte. Zwar führt der Untergang des Rentenanspruchs der S bei ihrem Tod auch zu einem Wegfall einer Ausgleichspflicht der Mitberechtigten A nach § 430 BGB. Doch da mit dem Tod der S deren Rentenanspruch ersatzlos unterging und damit nicht auf die Erbin A übergehen konnte, fehlt es an einem übergegangenen Vermögensvorteil.

 

Hinweis

Ein nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG steuerpflichtigen Erwerb ist dem Grunde nach eine freigebige Zuwendung im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, die nur deshalb den Erwerben von Todes wegen zugeordnet ist, weil die Bereicherung des Dritten erst beim Tod des Erblassers eintritt. Vergleichbares gilt beim Erwerb aufgrund einer Schenkung auf den Todesfall.

 

Link zur Entscheidung

FG Nürnberg, Urteil vom 13.02.2002, IV 203/2001

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