Leitsatz

Die Frage, ob mehr als zwei Wohnungen vorliegen, bestimmt sich im Rahmen des § 146 Abs. 5 BewG nach dem Wohnungsbegriff, wie er für Zwecke der Einheitsbewertung des Grundvermögens im Urteil des BFH vom 05.10.1984, III R 192/83 (BStBl II 1985, 151) entwickelt worden ist. Dies gilt unabhängig davon, wann das Gebäude bezugsfertig errichtet, aus- oder umgebaut worden ist.

 

Normenkette

§ 146 Abs. 5 BewG

 

Sachverhalt

Der Kläger hatte 2001 schenkweise ein ausschließlich Wohnzwecken dienendes bebautes Grundstück erworben. Das Gebäude wies im Erdgeschoss eine zur Diele hin abgeschlossene Wohnung auf. Von der Diele ging eine Treppe ins Obergeschoss, die dort in einen Flur mündete. Von den drei Türen auf diesem Flur führte eine ebenfalls in eine abgeschlossene Wohnung.

Hinter einer der beiden anderen Türen befand sich ein 17,5 qm großer Wohn-/Schlafraum mit Kochgelegenheit, während hinter der dritten Tür ein 3 qm großes Duschbad mit WC lag.

Bei Feststellung des Grundstückwerts nach § 146 BewG erhöhte das FA den ermittelten Wert gem. Abs. 5 der Vorschrift um 20 %, weil das Gebäude nicht mehr als zwei Wohnungen enthalte. Dagegen wandte sich der Kläger unter Hinweis auf den gemeinsam mit dem Duschbad vermieteten Wohn-/Schlafraum.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte den Zuschlag. § 146 Abs. 5 BewG sei auch dann anzuwenden, wenn ein Gebäude neben zwei abgeschlossenen Wohnungen eine weitere Raumeinheit enthalte, die aber nicht alle tatbestandsmäßigen Voraussetzungen einer Wohnung erfülle.

Im Streitfall fehle es an der Abgeschlossenheit der weiteren Raumeinheit zur gemeinsamen Verkehrsfläche des Flurs.

 

Hinweis

Der zur Einheitsbewertung des Grundvermögens entwickelte sog. neue Wohnungsbegriff ist an den Anforderungen ausgerichtet, die heute allgemein an eine Wohnung gestellt werden. Dazu gehört insbesondere die Abgeschlossenheit, die zur Folge hat, dass von einem der zur Wohnung gehörenden Räume in einen anderen gewechselt werden kann, ohne Personen zu begegnen, die nicht Bewohner der Wohnung sind.

Die Ausrichtung an den allgemein geltenden Anforderungen an eine Wohnung bewirkt, dass dieser Wohnungsbegriff ohne Weiteres auch zur Ausfüllung des Tatbestandsmerkmals "Wohnung" in § 146 Abs. 5 BewG herangezogen werden kann.

Da es im Rahmen der Bedarfsbewertung nach § 146 Abs. 5 BewG nicht darum geht, die Wertverhältnisse zu einem weit zurückliegenden Stichtag zugrunde zu legen und Rücksicht darauf zu nehmen, dass in der Vergangenheit bereits eine Vielzahl von Gebäuden aufgrund eines mittlerweile überholten Wohnungsbegriffs bewertet worden sind, entfällt im Rahmen des § 146 Abs. 5 BewG die Notwendigkeit, nach dem Alter der Gebäude zwischen einem alten und einem neuen Wohnungsbegriff zu unterscheiden.

Soweit im Einzelfall beim Vorhandensein weiterer Räumlichkeiten, die für sich oder zusammengenommen den Wohnungsbegriff nicht erfüllen, die Rechtfertigung für den Zuschlag nach § 146 Abs. 5 BewG fehlt oder nur zum Teil zutrifft, ist dies wegen des typisierenden Charakters der Vorschrift hinzunehmen. Der Zuschlag wird damit gerechtfertigt, dass bei Ein- und Zweifamilienhäusern der Grundstücksanteil regelmäßig höher ist, ohne dass sich dies auf die Miete auswirkt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 26.09.2007, II R 74/05

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