BMF, 13.02.2024, III C 2 - S 7306/22/10001 :001

 

I. Grundlagen zur Vorsteueraufteilung

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Verwendet ein Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder inner-gemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine in Anspruch genommene sonstige Leistung sowohl für Umsätze, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, als auch für Umsätze, die den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 und 3 UStG ausschließen, hat er die angefallenen Vorsteuerbeträge in einen abziehbaren und einen nicht abziehbaren Teil aufzuteilen. Nach dem Unionsrecht (Art. 173 Abs. 1 und Art. 174 MwStSystRL) ist für die Aufteilung im Grundsatz ein auf die Gesamtheit der von dem Unternehmer bewirkten Umsätze bezogener Umsatzschlüssel (Prorata-Satz des Vorsteuerabzuges, „Gesamtumsatzschlüssel“) anzuwenden. Der Pro-rata-Satz wird nach Art. 175 Abs. 1 MwStSystRL auf Jahresbasis in Prozent festgesetzt und auf einen vollen Prozentsatz aufgerundet.

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Die Mitgliedstaaten können jedoch nach Art. 173 Abs. 2 MwStSystRL von diesem Grundsatz abweichen. Von dieser Möglichkeit hat der deutsche Gesetzgeber mit § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG in Form des Vorranges der „anderen wirtschaftlichen Zurechnung“ vor einer Aufteilung nach dem Verhältnis der Umsätze (Gesamtumsatzschlüssel) Gebrauch gemacht.

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Die Vorsteueraufteilung muss nach einem sachgerechten Aufteilungsschlüssel erfolgen. Kommen neben dem Gesamtumsatzschlüssel (gleichbedeutend mit gesamtumsatzbezogenem oder gesamtunternehmensbezogenem Umsatzschlüssel) andere Aufteilungsschlüssel in Betracht, ist ein anderer Aufteilungsschlüssel anzuwenden, wenn er ein präziseres Ergebnis liefert. Kommen neben dem Gesamtumsatzschlüssel mehrere andere präzisere Aufteilungsschlüssel in Betracht, ist nicht zwingend die präziseste Methode anzuwenden. Die Auswahl der anzuwendenden präziseren Methode obliegt in diesen Fällen dem Unternehmer; das Finanzamt kann sie jedoch daraufhin überprüfen, ob sie sachgerecht ist (vgl. auch Abschnitt 15.17 Abs. 3 UStAE).

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Der EuGH hat mit Urteil vom 16. Juni 2016, C-186/15, Kreissparkasse Wiedenbrück, BStBl II 2024 S. xxx, entschieden, dass Art. 175 Abs. 1 MwStSystRL dahin auszulegen ist, dass die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet sind, die in dieser Bestimmung vorgesehene Rundungsregel anzuwenden, wenn der Pro-rata-Satz des Vorsteuerabzugs nach einer der abweichenden Methoden des Art. 173 Abs. 2 MwStSystRL berechnet wird. Weiterhin sind danach Art. 184 ff. MwStSystRL dahingehend auszulegen, dass die Mitgliedstaaten in dem Fall, dass der Pro-rata-Satz nach einer abweichenden Methode berechnet worden ist, nur dann verpflichtet sind, die Rundungsregel nach Art. 175 Abs. 1 MwStSystRL im Fall der Vorsteuerberichtigung anzuwenden, wenn diese Rundungsregel zur Bestimmung des ursprünglichen Vorsteuerabzugsbetrags angewandt wurde.

 

II. Anwendung des Gesamtumsatzschlüssels

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Nach Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt für die Aufteilung der Vorsteuer nach § 15 Abs. 4 UStG unter Anwendung des Gesamtumsatzschlüssels Folgendes:

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Unter eine „andere wirtschaftliche Zurechnung“ im Sinne von § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG im Vergleich zu einer Aufteilung nach dem Verhältnis der Umsätze fallen auch Aufteilungsschlüssel, die zwar auf Umsatzzahlen beruhen, jedoch nicht der Berechnung nach Art. 173 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 174 und 175 MwStSystRL folgen. Denn dann handelt es sich ggf. um eine zu einem „präziseren Ergebnis“ führende Aufteilung. Nur bei der Berechnung des Aufteilungsschlüssels auf Basis der Umsätze des gesamten Unternehmens (Gesamtumsatzschlüssel) nach den folgenden Regelungen liegt eine Aufteilung „nach dem Verhältnis der Umsätze“ im Sinne von § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG vor.

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Der Gesamtumsatzschlüssel ergibt sich aus einem Bruch, der sich aus dem Verhältnis der Umsätze, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, zum Gesamtumsatz des Unternehmers zusammensetzt, jeweils bezogen auf den Besteuerungszeitraum (Kalenderjahr). Einfuhren und innergemeinschaftliche Erwerbe sind keine Umsätze in diesem Sinne und daher nicht in den Umsatzschlüssel einzubeziehen. Gleiches gilt für Umsätze, für die der Unternehmer als Leistungsempfänger die Umsatzsteuer nach § 13b Abs. 1 oder 2 in Verbindung mit Abs. 5 UStG schuldet.

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Für die Berechnung des Gesamtumsatzschlüssels ist im Zähler der Nettobetrag aller zum Vorsteuerabzug berechtigenden Ausgangsumsätze des Unternehmens im betroffenen Kalenderjahr anzusetzen. Hierzu gehören auch unentgeltliche Wertabgaben nach § 3 Abs. 1b oder 9a UStG.

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Im Nenner ist der Nettobetrag des Gesamtumsatzes (Summe nach Rn. 8 zuzüglich der nach § 15 Abs. 2 UStG nicht zum Vorsteuerabzug berechtigenden Ausgangsumsätze) des Unternehmens im betroffenen Kalenderjahr anzusetzen. Subventionen sind nur zu berücksichtigen, wenn sie unmittelbar mit dem Preis der Lieferung oder sonstigen Leistung zusammenhängen und daher Teil der Gegenleistung im Sinne von § 10 Abs. 1 UStG sind. Andere Subventionen sind – im Gegensatz zu einer möglichen Berücksichtigung bei der Ermittlung eines präziseren Auft...

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