Leitsatz

1. Der Betreiber einer Photovoltaikanlage kann einen Carport, auf dessen Dach die Anlage installiert wird und der zum Unterstellen eines privat ge­nutzten Pkw verwendet wird, insgesamt seinem Unternehmen zuordnen und dann aufgrund der Un­ternehmenszuordnung in vollem Umfang zum Vorsteuerabzug aus den Herstellungskosten des Carports berechtigt sein; er hat dann aber die private Verwendung des Carports als unentgeltliche Wertabgabe zu versteuern.

2. Voraussetzung dafür ist, dass die unternehmerische Nutzung des gesamten Carports mindestens 10 % beträgt.

3. Zur Ermittlung des unternehmerischen Nutzungsanteils im Wege einer sachgerechten Schätzung kommt ein Umsatzschlüssel in Betracht, bei dem ein fiktiver Vermietungsumsatz für den nichtunternehmerisch genutzten inneren Teil des Carports ­einem fiktiven Umsatz für die Vermietung der Dachfläche an einen Dritten zum Betrieb einer Photovoltaikanlage gegenübergestellt wird.

4. Hat das FG über einen USt-Vorauszahlungsbescheid entschieden, der während des finanzgerichtlichen Verfahrens durch einen USt-Jahresbescheid ersetzt wurde, ist eine Aufhebung des FG-Urteils aus verfahrensrechtlichen Gründen ausnahmsweise entbehrlich, wenn durch den USt-Jahresbescheid kein neuer Streitpunkt in das Verfahren eingeführt wurde.

 

Normenkette

§ 2 Abs. 1, § 3 Abs. 9a Nr. 1, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 15 Abs. 1 Satz 2, § 15 Abs. 4 UStG, § 11 Abs. 2 Satz 1 EEG 2004, Art. 4, Art. 17 der 6. EG-RL, § 68 Satz 1 FGO

 

Sachverhalt

Der Kläger erweiterte die Dachfläche einer auf seinem Grundstück vorhandenen Wagenremise durch den Anbau eines Carports, der seither zum Unterstellen eines privat genutzten Pkw verwendet wird. Im Anschluss an die Dacherweiterung installierte der Kläger auf der Dachfläche eine Photovoltaikanlage (PV-Anlage), mit der er Strom erzeugt, den er an einen Energieversorger veräußert. Über den Betrieb der PV-Anlage hinausgehend war der Kläger nicht unternehmerisch tätig.

In der USt-Voranmeldung für September 2008 machte der Kläger Vorsteuerbeträge aus den Anschaffungs-/Herstellungskosten der PV-Anlage und der Dacherweiterung geltend.

Das FA vertrat dagegen die Auffassung, dass die dem Kläger in Rechnung gestellte USt, die auf die Errichtung des Carports entfiel, nicht als Vorsteuer abziehbar sei, weil das Gebäude nicht unternehmerisch genutzt werde und in keinem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit der unternehmerisch genutzten PV-Anlage stehe.

Das FG wies die Klage auf Gewährung der restlichen Vorsteuerbeträge ab (Niedersächsisches FG, Urteil vom 21.12.2009, 16 K 377/09, Haufe-Index 2332619, EFG 2010, 1366).

 

Entscheidung

Der BFH hob die Vorentscheidung auf. Er widersprach dem FG, das den streitigen Vorsteuerabzug mit der Begründung versagt hatte, die Errichtung des Carports sei nicht i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG für das Unternehmen des Klägers ausgeführt worden.

Die Sache wurde an das FG zurückverwiesen, damit es ermittelt, in welchem Umfang der Kläger den Carport für sein Stromerzeugungs-Unternehmen genutzt hat.

 

Hinweis

1. Ein (sonst nicht unternehmerisch tätiger) Stromerzeuger, der eine Photovoltaikanlage auf dem Dach eines von ihm errichteten, zum Unterstellen eines privat genutzten Pkw genutzten Carports installieren ließ, konnte – anders als im Fall XI R 29/09 (BFH/NV 2011, 2198, BFH/PR 2012, 14) – aufgrund der teilweise privaten Nutzung des Carports das Gebäude insgesamt seinem Stromerzeugungs-Unternehmen zuordnen.

Folglich war er – nach der bis Ende 2010 geltenden Rechtslage – zwar in vollem Umfang zum Vorsteuerabzug aus den Herstellungskosten des Carports berechtigt, falls die teilweise unternehmerische Nutzung des Carports mindestens 10 % der Gesamtnutzung betrug. Er musste dann aber die private Verwendung des Carports als unentgeltliche Wertabgabe gem. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG versteuern.

2. Zu beachten ist, dass nach der am 1.1.2011 in Kraft getretenen Neuregelung des § 15 Abs. 1b Satz 1 UStG der Vorsteuerabzug in derartigen Fällen nunmehr nur noch teilweise möglich ist.

Die Vorschrift lautet: "Verwendet der Unternehmer ein Grundstück sowohl für Zwecke seines Unternehmens als auch für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie für die sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit diesem Grundstück vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit sie nicht auf die Verwendung des Grundstücks für Zwecke des Unternehmens entfällt."

Zu dieser Neuregelung gibt es das – ausführliche – BMF-Schreiben vom 22.6.2011 – IV D 2 – S 7303-b/10/1000:001 (BStBl I 2011, 597).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 19.7.2011 – XI R 21/10

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