Ein Vorsteuerabzug gem. § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG setzt einen direkten und unmittelbaren Zusammenhang des Eingangsumsatzes mit steuerpflichtigen Ausgangsumsätzen voraus.[1] Für Leistungen, die zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet werden, ist der Vorsteuerabzug ausgeschlossen (§ 15 Abs. 2 UStG).

Vorsteuerabzug nur bei Verzicht auf Steuerbefreiung ... Da eine Anteilsveräußerung umsatzsteuerlich grds. unter die Steuerbefreiungsregelung in § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG (Art. 135 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL) fällt, kann für Eingangsleistungen, wie Beratungsleistungen im Zusammenhang mit einer Anteilsveräußerung, in der Regel kein Vorsteuerabzug geltend gemacht werden (vgl. § 15 Abs. 2 UStG). Eine Ausnahme gilt, wenn auf die Steuerbefreiung verzichtet wird (§ 9 UStG), wobei in diesem Fall der Erwerber die Anteile für sein Unternehmen erwerben muss.[2]

... oder eine GiG gegeben ist: Eine weitere Ausnahme besteht für Konstellationen, in denen die Anteilsveräußerung die Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen erfüllt. Nach Art. 19 Abs. 1 (i.V.m. Art. 29) MwStSystRL können die Mitgliedstaaten die Übertragung eines Gesamt- oder Teilvermögens so behandeln, als ob keine Lieferung vorliegt und den Begünstigten der Übertragung als Rechtsnachfolger des Übertragenen ansehen.

Anwendungsbereich und Voraussetzungen der GiG: In Deutschland wurde diese Regelung in § 1 Abs. 1a UStG umgesetzt. Danach unterliegt eine Geschäftsveräußerung nicht der Umsatzsteuer (§ 1 Abs. 1a S. 1 UStG). Tatbestandlich setzt eine Geschäftsveräußerung im Ganzen voraus, dass ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird (§ 1 Abs. 1a S. 2 UStG). Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers (§ 1 Abs. 1a S. 3 UStG).

In den Anwendungsbereich fällt die Übertragung von Geschäftsbetrieben und von selbständigen Unternehmensteilen, die als Zusammenfassung materieller und immaterieller Bestandteile ein Unternehmen oder einen Unternehmensteil bilden, mit dem eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit fortgeführt werden kann.[3]

Der Erwerber muss beabsichtigen, den übertragenen Geschäftsbetrieb oder Unternehmensteil fortzuführen. Dabei kann der Erwerber den von ihm erworbenen Geschäftsbetrieb, z.B. aus betriebswirtschaftlichen oder kaufmännischen Gründen, in seinem Zuschnitt ändern oder modernisieren.[4] Nicht begünstigt ist dagegen die sofortige Abwicklung der übernommenen Geschäftstätigkeit.[5]

Rechtsfolge der Geschäftsveräußerung im Ganzen für den Veräußerer ist, dass der Vorsteuerabzug für Eingangsleistungen im Zusammenhang mit der Veräußerung möglich ist, soweit die bisherige operative Tätigkeit zum Vorsteuerabzug berechtigte.[6] Vorsteuerberichtigungen (§ 15a UStG) werden durch die Geschäftsveräußerung im Ganzen nicht ausgelöst.

Damit hat die Frage, ob die Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen bei einer Anteilsveräußerung gegeben sind, große praktische Relevanz für den Veräußerer, zumal eine Anteilsveräußerung in der Regel mit erheblichen Kosten und damit auch hohen Vorsteuerbeträgen verbunden ist. Ein Vorsteuerabzug ist (abgesehen von ggf. auch bestehenden Optionsmöglichkeiten[7]) nur bei Anerkennung der Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen möglich.

Auch in der im Folgenden darzustellenden Entscheidung des FG Nürnberg (im zweiten Rechtszug)[8] war die Frage, ob die Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen bei einer Anteilsveräußerung gegeben sind, streitentscheidend.

[1] Ausnahme, s. § 15 Abs. 3 UStG.
[2] In der Praxis kann die Option ein Vorsteuerrisiko auslösen, denn der Erwerber muss sicherstellen, dass er die Beteiligung tatsächlich und dauerhaft unternehmerisch hält, vgl. dazu sowie auch zu weiteren Besonderheiten bei der Übertragung an ausländische Erwerber, Bellmann/Robisch, UR 2020, 868 (869).
[3] Vgl. z.B. EuGH v. 27.11.2003 – C-497/01 – Zita Modes, Slg. 2003, I-14393 = DStR 2003, 2220 Rz. 40; EuGH v. 10.11.2011 – C-444/10 – Schriever, BStBl. II 2012, 848 = DStR 2011, 2196 Rz. 25; EuGH v. 29.10.2009 – C-29/08 – SKF, Slg. 2009, I-10413 = DStR 2009 Rz. 37; BFH v. 18.1.2012 – XI R 27/08, BFHE 235, 571 = DStR 2012, 516 = BFH v. 27.1.2011 – V R 38/09, BFHE 232, 278 = BStBl. II 2012, 68 = DStR 2011, 454.
[4] Vgl. BFH v. 29.8.2012 – XI R 10/12, BFHE 239, 359 = BStBl. II 2013, 221 = DStR 2013, 250 Rz. 22.
[5] EuGH v. 27.11.2003 – C-497/01 – Zita Modes, Slg. 2003, I-14393 = DStR 2003, 2220 Rz. 44; BFH v. 30.4.2009 – V R 4/07, BFHE 226, 138 = BStBl. II 2009, 863 = DStR 2009, 1804 Rz. 25.
[6] Bellmann/Robisch, UR 2020, 868.
[7] Auf die Voraussetzungen und die Folgen einer Option wird im Rahmen dieses Beitrages nicht weiter eingegangen, vgl. dazu Bellmann/Robisch, UR 2020, 868 (869).

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