Leitsatz

Bis zum 31.3.1999 hatte der Unternehmer über die Sonderregelung des § 36 UStDV die Möglichkeit, aus Verpflegungspauschalen und aus der Kilometergeldpauschale für Geschäftsreisen mit einem nichtunternehmerischen Fahrzeug einen pauschalen Vorsteuerabzug vorzunehmen. Durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 wurde diese Sonderregelung ersatzlosgestrichen. Das Finanzgericht teilte die Auffassung des Klägers nicht, dass sich aus dem Gemeinschaftsrecht auch über den 31.3.1999 hinaus ein Vorsteuerabzug aus diesen Aufwandspauschalen ableiten lasse. Unabhängig eventueller Verstöße gegen gemeinschaftsrechtliche Vorgaben setze der Vorsteuerabzug auch gemeinschaftsrechtlich das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Rechnung oder Kleinbetragsrechnung voraus, so dass ohne Rechnung ein Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG grundsätzlich nicht möglich sei.

 

Sachverhalt

Der Kläger machte in seiner Umsatzsteuererklärung 1999 für den gesamten Veranlagungszeitraum pauschale Vorsteuerbeträge nach § 36 Abs. 1 und Abs. 3 UStDV 1993 geltend. Zusammengesetzt waren diese Beträge aus Verpflegungspauschalen und aus Kilometergelderstattungen für Geschäftsreisen mit seinem, dem Privatvermögen zugeordneten, Fahrzeug. Das Finanzamt versagte für die Zeit ab dem 1.4.1999 diesen pauschalen Vorsteuerabzug mit dem Hinweis auf den ersatzlosen Wegfall dieser Regelung durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002. Der Kläger berief sich insbesondere auf die sog. "Stand-Still-Klausel" des Art. 17 Abs. 2 und Abs. 6 der 6. EG-RL, nach der ein Mitgliedstaat zwar die bei Inkrafttreten der 6. EG-RL bestehenden Beschränkungen beim Vorsteuerabzug beibehalten dürfe, aber über den Anwendungsbereich der 6. EG-RL hinausgehende Beschränkungen nicht neu einführen dürfe. Nach der Auffassung des Klägers ist der Wegfall einer ihn begünstigenden Ausnahmeregelung der Einführung einer neuen Beschränkung gleichzusetzen. Darüber hinaus würde der Wegfall des § 36 UStDV in direktem Zusammenhang mit der Einführung des § 15 Abs. 1a Nr. 2 UStG stehen. Dieser wurde vom BFH (Urteil v. 23.11.2000, V R 49/00, Haufe-Index 447363) als gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßend angesehen.

 

Entscheidung

Das FG Rheinland-Pfalz sieht auf Grund der historischen Entwicklung grundsätzliche Unterschiede bei dem Vorsteuerabzug aus den Verpflegungsmehraufwendungen und bei den Kilometergelderstattungen für Geschäftsreisen. Während die Möglichkeit der pauschalen Vorsteuerabzugsmöglichkeit bei den Verpflegungsmehraufwendungen schon vor Inkrafttreten der Richtlinie vorhanden war, wurde die pauschale Vorsteuerabzugsberechtigung für die Kilometergelder bei Geschäftsreisen erst nach Inkrafttreten der Richtlinie in das deutsche Umsatzsteuergesetz aufgenommen. Allerdings lässt das FG die endgültige Entscheidung über einen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht ausdrücklich - in beiden Fällen - offen. Selbst wenn sich der Unternehmer auf das für ihn günstigere Gemeinschaftsrecht berufen könne, müsse er eine ordnungsgemäße Rechnung (oder eine Kleinbetragsrechnung) für den Leistungsbezug vorweisen. Art. 18 Abs. 1a der 6. EG-RL setzt ausdrücklich den Besitz einer über die abziehbare Vorsteuer ausgestellten Rechnung voraus. Klarstellend weist das FG noch darauf hin, dass bei Vorliegen solcher Rechnungen über Leistungsbezüge des Unternehmers für sein Unternehmen der Vorsteuerabzug aus § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG möglich ist. Ein solcher Vorsteuerabzug wird aber im Ergebnis - auch von der Finanzverwaltung - nicht mehr bestritten. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat das FG nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO die Revision beim BFH zugelassen (Aktenzeichen des BFH V R 4/03).

 

Hinweis

Das Urteil des FG bestätigt die auch bisher überwiegend in Literatur und von der Verwaltung nach dem Urteil des BFH vom 23.11.2000 (a.a.O) vertretene Auffassung. Der Vorsteuerabzug aus Reisekostenpauschalen war bis 31.3.1999 ein nationaler Sonderweg, der nicht nur gegen nationale Grundsätze des Umsatzsteuerrechts, sondern auch gegen die Regelungen der 6. EG-RL verstieß. Der beim BFH anhängigen Revision kann somit nur eine geringe Chance eingeräumt werden. Der Unternehmer sollte aus diesem Grunde bei allen Reisekosten darauf achten, dass alle Aufwendungen auch durch entsprechende ordnungsgemäße Rechnungen - hierzu gehören auch die Kleinbetragsrechnungen bis zu einem Gesamtbetrag in Höhe von 100 € - belegt werden können. Bei den tatsächlich nachgewiesenen Verpflegungsaufwendungen des Unternehmers ist der Vorsteuerabzug dann auch nicht durch die ertragsteuerlichen Höchstbeträge nach § 4 Abs. 5 Nr. 5 EStG beschränkt. Die Vorsteuer kann ohne Begrenzung aus den nachgewiesenen Kosten abgezogen werden. Bei den Vorsteuerbeträgen für ein nicht dem Unternehmen zugeordneten Fahrzeug ist darauf zu achten, dass für den Leistungsbezug nicht nur eine Rechnung vorliegen muss, sondern die Eingangsleistung auch in einem direkten (nachweisbaren) Zusammenhang mit einer Geschäftsreise stehen muss.

 

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