Leitsatz

Ob eine "niedrige Besteuerung" i.S.d. § 8 Abs. 3 AStG vorliegt, ist grundsätzlich nach den einschlägigen Rechtsvorschriften des Sitz- bzw. des Geschäftsleitungsstaats zu beurteilen. Eine niedrige Besteuerung ist deshalb regelmäßig nicht gegeben, wenn die Einkünfte der ausländischen Gesellschaft nach dem Recht des Geschäftsleitungsstaats einem Steuersatz von mehr als 30 % (altes Recht) bzw. 25 % (neues Recht) unterliegen, die ausländische Finanzbehörde sie aber tatsächlich niedriger oder gar nicht besteuert hat.

 

Normenkette

§ 7 Abs. 1 AStG , § 8 Abs.1 und 3 AStG

 

Sachverhalt

Der Kläger war in den Streitjahren (1974 bis 1981) im Inland ansässig und mit einem Anteil von 50 % des Stammkapitals an einer Luxemburger Kapitalgesellschaft (X) beteiligt.

Unternehmensgegenstand der X war die Verwertung einer vom Kläger gemachten Erfindung. Für diese Erfindung hatte der Kläger im Jahr 1972 ein deutsches Schutzrecht (Hilfsgebrauchsmuster) erwirkt. Die X verwertete einen Teil der Erfindung mit dessen Einwilligung durch die entgeltliche Vergabe von Lizenzen an Dritte. Außerdem hatte der Kläger einer Tochtergesellschaft der X, der Y-GmbH, die Nutzung eines anderen Teils der Erfindung gestattet. Die aus dieser Nutzung erzielten Gewinne schüttete die Y-GmbH teilweise an die X aus. Schließlich zahlte die Y-GmbH der X in den Streitjahren Leasinggebühren für die Überlassung von Werkzeugen.

Das FA sah die X als Zwischengesellschaft i.S.d. §§ 7 ff. AStG an. Dabei ging es davon aus, dass sich die X gegenüber den Luxemburger Steuerbehörden als Holdinggesellschaft bezeichnet hatte und daraufhin in Luxemburg zu keiner Steuer herangezogen worden war. Auf dieser Basis erließ es Feststellungsbescheide gem. § 18 AStG, in denen es Einkünfte der X dem Kläger zurechnete.

Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg (EFG 2001, 954).

 

Entscheidung

Das FG wurde vom BFH bestätigt. Nach § 8 Abs. 3 AStG erforderte die außensteuerrechtliche Hinzurechnungsbesteuerung eine "niedrige Besteuerung" der ausländischen Zwischengesellschaft. Einer solchen unterliege die Gesellschaft aber immer nur dann, wenn die ausländische Soll-Besteuerung niedrig sei. Eine lediglich tatsächliche Nichtbesteuerung der Gesellschaft im Ausland zieht keine niedrige Besteuerung i.S.d. § 8 Abs. 3 AStG und damit keine Hinzurechnungsbesteuerung nach sich.

 

Hinweis

1. Nach § 7 Abs. 1 AStG sind unter bestimmten Voraussetzungen Einkünfte ausländischer Kapitalgesellschaften bei deren unbeschränkt steuerpflichtigen Anteilseignern als deren eigene Einkünfte zu erfassen (Hinzurechnungsbesteuerung). Zu den Voraussetzungen dieser Hinzurechnungsbesteuerung zählt u.a., dass die ausländische Kapitalgesellschaft für die betreffenden Einkünfte Zwischengesellschaft ist. Zwischengesellschaft kann sie nur dann sein, wenn ihre Einkünfte einer niedrigen Besteuerung unterliegen (§ 8 Abs. 1 AStG).

Voraussetzung für das Vorliegen einer niedrigen Besteuerung ist nach der in den Streitjahren 1974 bis 1981 einschlägigen Gesetzesfassung, dass die Ertragsteuerbelastung der Einkünfte weder im Staat der Geschäftsleitung noch im Staat des Sitzes der ausländischen Gesellschaft 30 % oder mehr beträgt (§ 8 Abs. 3 AStG i.d.F. bis zum In-Kraft-Treten des StSenkG 2000). Für Einkünfte, die im Geschäftsleitungs- oder Sitzstaat einer Ertragsteuerbelastung von mindestens 30 % unterliegen, scheidet deshalb eine Hinzurechnungsbesteuerung aus. Heutzutage liegt die "Grenzmarke" bekanntlich bei 25 %.

2. Vor diesem gesetzlichen Hintergrund fragt man sich, ob Einkünfte auch dann einer niedrigen Besteuerung "unterliegen", wenn die Soll-Besteuerung in dem betreffenden ausländischen Staat zwar 30 % oder mehr beträgt, wenn es jedoch – aus welchen Gründen auch immer – tatsächlich zu einer niedrigeren oder sogar zu überhaupt keiner Ist-Besteuerung kommt. Die besagten Gründe können vielfältiger Natur sein, von Säumigkeit des Fiskus bis zur Steuerhinterziehung des Steuerpflichtigen.

Der BFH stellt dazu klar: Einer entsprechenden Steuerbelastung "unterliegen" die Einkünfte nur dann, wenn das ausländische Steuerrecht solches auch abstrakt vorsieht. Es gilt allein der Soll-Steuersatz.

3. Folge: In einschlägigen Fällen wird gemeinhin der ausländische Steuerbescheid vorliegen und Auskunft über das ausländische Steuersatzniveau geben. Irgendeine zwingende Bindung ergibt sich daraus jedoch nicht. Vielmehr muss in Zweifelsfällen aufgeklärt werden und das ausländische Steuerrecht eigenständig ermittelt werden! Ob der Steuerfall Veranlassung zu solcher – oft mühsamen – Aufklärungsarbeit gibt, hängt allerdings davon ab, dass tatsächlich auch Zweifel in diese Richtung vorliegen, sei es aus dem Vorbringen des Steuerpflichtigen, sei es aus anderen Umständen.

Das erscheint praktisch schwer handhabbar. Allerdings: Die Dinge verkomplizieren sich ohnehin schon dadurch, dass die Besteuerungsgrundlagen für die Einkünfte der ausländischen Zwischengesellschaft nach der außensteuerrechtlichen Konzeption nach deutschem Steuerrecht zu ermitteln sind (§ 10 Abs. 3 AS...

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