Kommentar

Steuerfestsetzungen können nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO vorläufig ergehen, wenn die Vereinbarkeit eines Steuergesetzes mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens bei dem EuGH, dem BVerfG oder einem obersten Bundesgericht ist. Die Finanzverwaltung veröffentlicht hierzu in unregelmäßigen Abständen eine Liste der anhängigen Verfahren, aufgrund derer Einkommensteuerbescheide vorläufig zu ergehen haben. Die entsprechenden Vorläufigkeitsvermerke werden in den Einkommensteuerbescheiden programmgesteuert gesetzt und machen i. d. R. die Einlegung eines Einspruchs entbehrlich, weil der Steuerfall insoweit offen gehalten wird. Nach Ergehen der Entscheidung des BFH, des BVerfG oder des EuGH ist der Steuerbescheid entsprechend dem Votum des Gerichts aufzuheben, zu ändern oder für endgültig zu erklären (§ 165 Abs. 2 AO).

Das BMF hat seine Vorläufigkeitsliste erneut aktualisiert. Danach ergeben sich folgende Änderungen/Ergänzungen gegenüber geführten Liste:

  • Hinsichtlich der Anwendung von § 32c EStG für die Veranlagungszeiträume (VZ) 1994 bis 2000 hat das BVerfG mit Beschluss v. 21.6.2006, 2 BvL 2/99, die Verfassungsmäßigkeit der Regelung bestätigt, so dass insoweit eine weitere Vorläufigkeit von Steuerbescheiden unterbleibt. Die Finanzämter sind angewiesen, bisher bewilligte Vollziehungsaussetzungen zu widerrufen und in Fällen, in denen die FG oder der BFH Aussetzung der Vollziehung gewährt haben, die Aufhebung des Vollziehungsaussetzungsbeschlusses zu beantragen (§ 69 Abs. 6 Satz 2 FGO). Außerdem sind Aussetzungszinsen festzusetzen (§ 237 AO).
  • Der Vorläufigkeitsvermerk zur beschränkten Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen für VZ ab 2005 umfasst auch die Frage, ob die angeführten gesetzlichen Vorschriften aufgrund der Neuregelung der Rentenbesteuerung durch das Alterseinkünftegesetz verfassungswidrig sind.
  • Festsetzungen des Solidaritätszuschlages sind (aufgrund der zwischenzeitlich beim BVerfG anhängigen Verfassungsbeschwerde) hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszugschlaggesetzes 1995 vorläufig vorzunehmen.
Praxis-Tipp

Insbesondere hinsichtlich des Solidaritätszuschlags ist eine Einspruchseinlegung entbehrlich. Es ist damit zu rechnen, dass die Finanzverwaltung bereits anhängige Einspruchsverfahren durch Setzung des entsprechenden Vorläufigkeitsvermerks erledigt, da hierdurch das Rechtsschutzbedürfnis des Steuerpflichtigen in vollem Umfang gewahrt bleibt.

 

Link zur Verwaltungsanweisung

BMF, Schreiben v. 10.11.2006, IV A 7 - S 0338 - 50/06.

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