Leitsatz

Durch die Verpflichtung zur lastenfreien Veräußerung von Grundbesitz veranlasste Vorfälligkeitsentschädigungen sind auch dann – als Veräußerungskosten – dem Vorgang der Veräußerung zuzurechnen, wenn der hierbei erzielte Veräußerungsgewinn nicht steuerbar ist. Die Vorfälligkeitsentschädigungen können deshalb auch nicht als Werbungskosten im Zusammenhang mit den aus dem Veräußerungserlös finanzierten (neuen) Einkunftsquellen (hier: Kapitalanlagen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG) berücksichtigt werden.

 

Normenkette

§ 9, § 20, § 23 EStG

 

Sachverhalt

Die Kläger veräußerten 1997 drei vermietete Wohnobjekte. Nach Rückführung der Kredite legten sie die verbliebenen Veräußerungserlöse verzinslich an.

Den Abzug der Vorfälligkeitsentschädigungen als Finanzierungskosten der Kapitalanlagen lehnten FA und FG ab.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigt die Rechtsauffassung des FG, es handle sich nicht um Werbungskosten, sondern um Kosten im Zusammenhang mit der nicht steuerbaren Veräußerung des Grundbesitzes. Mithin könnten die Vorfälligkeitsentschädigungen weder den bis zur Veräußerung erzielten Einkünften aus VuV noch den im Anschluss an die Veräußerung erwirtschafteten Kapitaleinkünften zugeordnet werden.

 

Hinweis

1. Schuldzinsen sind nur dann als Werbungskosten anzuerkennen, wenn sie i.S.v. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einer Einkunftsart stehen, d.h. durch die Erzielung steuerbarer Einnahmen veranlasst sind. Maßgebend ist das die Zinsaufwendungen auslösende Moment. Unter Anerkennung der Finanzierungsfreiheit des Steuerpflichtigen hat der BFH in ständiger Rechtsprechung bei Krediten Zinsen entsprechend der tatsächlichen Verwendung der Darlehensvaluta zugeordnet (BFH, Beschlüsse vom 4.7.1900, GrS 2 – 3/88, BStBl II 1990, 817; vom 8.12.1997, GrS 1- 2/95, BStBl II 1998, 198).

2. Vorfälligkeitsentschädigungen werden abweichend vom Zivilrecht, § 490 Abs. 2 Satz 3 BGB,ertragsteuerlich als Schuldzinsen qualifiziert. Dementsprechend sind sie im Fall einer Umschuldung als Werbungskosten bei VuV abziehbar.

3. Wird der fremdvermietete Grundbesitz indes veräußert, wird bei der gebotenen wertenden Beurteilung der bisherige Veranlassungszusammenhang überlagert. Die Vorfälligkeitsentschädigung ist nicht mehr den bis zur Veräußerung erzielten laufenden Einkünften, sondern dem – nicht steuerbaren – Veräußerungsvorgang als Veräußerungskosten zuzuordnen (BFH, Urteil vom 23.9.2003, IX R 20/02, BFH-PR 2004, 47).

4. Ist der Veräußerungsvorgang steuerbar, so ist die Vorfälligkeitsentschädigung als Veräußerungskosten in die Ermittlung des Veräußerungsgewinns/-verlusts und nicht im Rahmen des laufenden Gewinns zu berücksichtigen (BFH, Urteil vom 25.1.2000, VIII R 55/97, BStBl II 2000, 458). Nicht geklärt ist allerdings, ob dies auch gilt, wenn der Veräußerungserlös nicht zur Tilgung der der bisherigen Einkunftsquelle zugerechneten Schulden ausreicht (Wacker in Schmidt, EStG, 24. Auflage, § 16 Rz. 301, m.w.N.).

Ist der Veräußerungsvorgang nicht steuerbar, sind die Veräußerungskosten Teil der nicht steuerbaren Vermögensumschichtung.

5. Dies gilt nicht nur in Bezug auf die veräußerte Erwerbsgrundlage, sondern gleichermaßen für Einkünfte, die durch Wiederanlage des restlichen Veräußerungserlöses erzielt werden. Allerdings hat der IX. Senat des BFH erwogen, Vorfälligkeitsentschädigungen in dem Umfang zu den Finanzierungskosten eines neuen (Vermietungs-)Objekts anzuerkennen, soweit der verbleibende Restkaufpreis für das neue Objekt verwendet werde (BFH, Urteil vom 14.1.2004, IX R 34/01, BFH/NV 2004,1091; abgeschwächt im Beschluss vom 28.7.2004, IX B 136/03, BFH/NV 2005, 43).

6. Die Erwägungen des IX. Senats waren allerdings, wie er auf Anfrage des VIII. Senats bestätigt hat, nicht tragend. Ob der IX. Senat seine abweichenden Vorstellungen weiter verfolgen wird, ggf. unter Anrufung des Großen Senats des BFH, bleibt abzuwarten. Sie bedeuteten eine Korrektur der bisherigen Rechtsprechung zum Veranlassungsprinzip in den Fällen der Kreditfinanzierung von Einkunftsquellen, nämlich zum einen bezüglich des maßgebenden Kriteriums der tatsächlichen Darlehensverwendung, zum anderen hinsichtlich der Zuordnung der Vorfälligkeitsentschädigung – unabhängig von der Steuerbarkeit – zum Veräußerungsvorgang.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 6.12.2005, VIII R 34/04

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