Rz. 1

[Autor/Stand] Nach dem Beschluss des BVerfG v. 7.11.2006[2] war die bisherige Erhebung der Erbschaftsteuer als verfassungswidrig eingestuft worden. Der Grund dafür war in der Tatsache zu sehen, dass hinsichtlich der verschiedenen Vermögensarten unterschiedliche Bewertungsgrundsätze zur Anwendung kamen und die Differenzierung zwischen Betriebsvermögen, Grundvermögen, Anteilen an Kapitalgesellschaften und land- und forstwirtschaftlichem Vermögen nicht mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar war. Dem Gesetzgeber wurde aufgegeben, spätestens bis zum 31.12.2008 eine Neuregelung zu treffen. Dies ist mit dem Gesetz zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsgesetzes v. 24.12.2008[3] nach einigen "Geburtswehen" letztlich auch geschehen. Die Neuregelung ist zum 1.1.2009 in Kraft getreten.

 

Rz. 2

[Autor/Stand] Grundtenor der Entscheidung des BVerfG war dabei, dass alle Vermögensarten auf der Ebene der Bewertung mit einem Wert anzusetzen sind, die zumindest annähernd dem gemeinen Wert des entsprechenden Vermögens entspricht. Daraus abzuleiten ist die Aussage, dass auf der Ebene der Bewertung keine größeren Wertunterschiede zwischen den einzelnen Vermögensarten hinzunehmen sind. Erst auf der zweiten Stufe – nämlich der Festsetzung der Erbschaft- und Schenkungsteuer – darf der Gesetzgeber steuerliche Lenkungsziele verwirklichen und diese z.B. über Freibeträge und differenzierte Steuersätze umsetzen.

 

Rz. 3

[Autor/Stand] Nach der Entscheidung des BVerfG stellte die Bewertung des Betriebsteiles eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes mit dem Ertragswert nach § 36 BewG einen Verstoß gegen die folgerichtige Ausgestaltung der Belastungsentscheidung dar, weil damit eine strukturelle Untererfassung der im Vermögenszuwachs liegenden Steigerung der Leistungsfähigkeit des Erben oder Beschenkten bewirkt wird. Auch die Bewertung des Wohnteils, die sich nach den Vorschriften des Grundvermögens richtete, entsprach nicht den Vorgaben des Grundgesetzes.

 

Rz. 4

[Autor/Stand] Ziel des neuen Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes und der dazu gehörenden Bewertungsvorschriften sollte es daher sein, auch für das land- und forstwirtschaftliche Vermögen eine Bewertung durchzuführen, die zum Ansatz eines dem gemeinen Wert angenäherten Wertes führt.

 

Rz. 5

[Autor/Stand] Legt man die Gründe des BVerfG-Beschlusses auf den Bereich der Neubewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens um, kommt man allerdings zu dem Ergebnis, dass der Gesetzgeber diese Grundsätze bei der Bewertung des Wirtschaftswertes wiederum nicht hinreichend beachtet hat. Auch wenn nach § 162 Abs. 1 BewG der gemeine Wert als Bewertungsmaßstab angegeben wird, ergeben sich in der Folge zahlreiche Ausnahmeregelungen, die im Ergebnis dazu führen, dass der gemeine Wert i.d.R. nicht erreicht wird.

 

Rz. 6

[Autor/Stand] Damit erwies sich auch das neue Erbschaftsteuerrecht wiederum als angreifbar. Entsprechend hat der BFH mit Beschluss vom 27.9.2012[9] dem BVerfG wesentliche Regelungen des Erbschaftsteuerrechts zur verfassungsrechtlichen Überprüfung vorgelegt. Im Kern ging es dabei um die Frage, ob die Verschonungsregeln der §§ 13a und 13b ErbStG mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar sind. Im Teil C des Vorlagebeschlusses klingt allerdings gleichzeitig an, dass der BFH auch die Bewertung des Wirtschaftsteils eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes mit einem pauschalierten Ertragswert für möglicherweise verfassungswidrig hält. Wesentlicher Grund für diese Beurteilung durch den BFH war dabei die Bewertung mit dem Ertragswert, der eine eigene Wertkategorie darstellt und mit dem vom BVerfG in seiner vorherigen Entscheidungen geforderten gemeinen Wert nicht identisch sei. Zudem handele es sich bei der Wahl der Wertkategorie bereits um eine erbschaftsteuerrechtliche Verschonungsmaßnahme auf der Ebene der Bewertung, die generell ungeeignet sei und eine in ihrer Relation realitätsgerechte Erfassung der Vermögenswerte von vornherein verhindere.

 

Rz. 7

[Autor/Stand] Mit Beschluss vom 17.12.2014[11] hat das BVerfG inzwischen tatsächlich die §§ 13a und 13b ErbStG für verfassungswidrig erklärt und den Gesetzgeber verpflichtet, bis zum 30.6.2016 eine Neuregelung zu treffen. Dem ist der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrecht an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts[12] auch nachgekommen. Dabei wurden neben Änderungen bei den bestehenden Verschonungsregeln die §§ 13c und 28a neu in das ErbStG aufgenommen. Dadurch sollte hinsichtlich der Großvermögen ein verfassungsgemäßer Zustand erreicht werden. Die Frage der Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens wird in der vorgenannten Entscheidung des BVerfG nicht aufgegriffen. Hieraus wird in der Kommentarliteratur teilweise geschlossen, dass eine zumindest offenkundige Verfassungswidrigkeit der Bewertungsgrundlagen zum Wirtschaftsteil eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes nicht gegeben ist.[13] Ob sich diese Ann...

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