I. Allgemeines

 

Rz. 24

[Autor/Stand] Grundgedanke der Regelung über die bewertungsrechtliche Behandlung der Bedingungen und Befristungen in den §§ 48 BewG ist, dass der am Bewertungsstichtag bestehende ta4tsächliche Zustand maßgebend sein soll, dagegen Verhältnisse, von denen ungewiss ist, ob sie später eintreten, zunächst nicht berücksichtigt werden.[2]

Das Maß der Aussichten, die am Bewertungsstichtag für den Eintritt oder Nichteintritt einer Bedingung oder Befristung bestehen, wird ebenfalls nicht berücksichtigt (vgl. auch Rz. 26 und 27 unten).

[Autor/Stand] Autor: Götz, Stand: 01.03.2021

II. Regelung im Einzelnen

 

Rz. 25

[Autor/Stand] Die steuerliche Behandlung der bedingten und befristeten Rechtsgeschäfte war bereits in den §§ 147–151 AO 1919 im Grundsatz in der gleichen Weise wie nach dem zur Zeit bestehenden Recht gem. §§ 48 BewG geregelt. Die Vorschriften der §§ 147–151 AO 1919 sind später von der AO in das BewG übernommen worden. Da sie in ihrem sachlichen Inhalt bisher nicht wesentlich geändert worden sind, ist auch die Rechtsprechung zu diesen Vorschriften noch von Bedeutung.[2]

Im Einzelnen gilt nach den §§ 48 BewG Folgendes[3]:

  a) Wirtschaftsgüter, deren Erwerb vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängt, werden bis zum Eintritt der Bedingung nicht berücksichtigt (§ 4 BewG).
  b) Wirtschaftsgüter, die unter einer auflösenden Bedingung erworben sind, werden bis zum Eintritt der Bedingung zunächst voll erfasst, mit der Maßgabe jedoch, dass bei Eintritt der Bedingung die Festsetzung der nicht laufend veranlagten Steuern (z.B. Erbschaftsteuer) auf Antrag zu berichtigen ist (§ 5 BewG).
  c) Lasten, deren Entstehung vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängt, werden zunächst nicht berücksichtigt, mit der Maßgabe jedoch, dass bei Eintritt der Bedingung die Festsetzung der nicht laufend veranlagten Steuern (z.B. Erbschaftsteuer) auf Antrag zu berichtigen ist (§ 6 BewG).
  d) Lasten, deren Fortdauer auflösend bedingt ist, werden bis zum Eintritt der Bedingung voll abgezogen, mit der Maßgabe jedoch, dass die Festsetzung der nicht laufend veranlagten Steuern (z.B. der Erbschaftsteuer) von Amts wegen zu berichtigen ist (§ 7 BewG).
  e) Wenn der Erwerb von Wirtschaftsgütern oder die Entstehung oder der Wegfall einer Last von einem Ereignis abhängt, bei dem nur der Zeitpunkt ungewiss ist, gelten die vorstehenden Grundsätze (a bis d) entsprechend (§ 8 BewG).

Hieraus ergibt sich, dass der Gesetzgeber bei den laufend veranlagten Steuern, von denen nach dem Wegfall der Vermögensteuer nur die Grundsteuer übrig geblieben ist, es sowohl für den Steuerpflichtigen als auch für den Steuerberechtigten für tragbar gehalten hat, aufschiebend bedingten Erwerb und aufschiebend bedingte Lasten unberücksichtigt zu lassen sowie auflösend bedingten Erwerb wie unbedingt erworben anzusetzen und auflösend bedingte Lasten wie unbedingte Lasten abzuziehen. Entsprechendes gilt auch, wenn der Erwerb eines Wirtschaftsgutes oder die Entstehung oder der Wegfall einer Last unbestimmt befristet ist. Einmalig veranlagte Steuern (Erbschaftsteuer) sind dagegen zu korrigieren, weil die Rechtsänderung hier gravierende Folgen hat, vgl. auch § 5 BewG Rz. 7.

[Autor/Stand] Autor: Götz, Stand: 01.03.2021
[2] Zur Entstehungsgeschichte vgl. auch BFH v. 30.4.1959 – III 121/58 S, BStBl. III 1959, 315.
[3] Vgl. auch R B 4 ErbStR 2019.

III. Ausschaltung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise

 

Rz. 26

[Autor/Stand] Die AO 1977 enthält im Gegensatz zu § 4 AO 1919 und zu § 1 des früheren StAnpG keine Vorschrift des Inhalts, dass bei der Auslegung von Steuergesetzen die wirtschaftliche Betrachtungsweise zu berücksichtigen ist. Das bedeutet jedoch nicht, dass die wirtschaftliche Betrachtungsweise im Steuerrecht nunmehr ausscheidet (vgl. hierzu § 2 BewG Rz. 7). Soweit jedoch das Bewertungsgesetz Vorschriften trifft, die eindeutig an die Begriffe des bürgerlichen Rechts anknüpfen und deshalb eine Auslegung unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Betrachtungsweise nicht zulassen, muss das beachtet werden. Würde man in einem solchen Fall die wirtschaftliche Betrachtungsweise trotzdem zum Zuge kommen lassen, würde es dem Sinn und Zweck, den das BewG mit diesen Vorschriften verfolgt, zuwiderlaufen. Die Vorschriften der §§ 4–8 BewG geben, wie sich z.B. auch aus Entscheidungen des BFH[2] ergibt, über die Bedingungen und Befristungen klare Regeln, die eine Auslegung unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Betrachtungsweise nicht zulassen.

IV. Aufschiebende und auflösende Bedingungen

 

Rz. 27

[Autor/Stand] Ebenso wie im bürgerlichen Recht ist auch im Steuerrecht scharf zwischen aufschiebenden und auflösenden Bedingungen zu unterscheiden, wenn auch in manchen Fällen der Vertragswille schwer erkennbar ist. Keinesfalls kann jedoch das Maß de...

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