FinMin Nordrhein-Westfalen, 17.7.2013, S 0370

Offenbarung der steuerlichen Verhältnisse des Leistenden im Rahmen der Haftungsinanspruchnahme des Leistungsempfängers für Bauabzugsteuer gem. § 48a Abs. 3 EStG

Der Abzugsbetrag, für den nach § 48a Abs. 3 Satz 1 EStG gehaftet wird, bestimmt sich nach § 48 EStG.

Wenn jemand im Inland eine Bauleistung (Leistender) an einen Unternehmer i.S. von § 2 UStG oder an eine juristische Person des öffentlichen Rechts (Leistungsempfänger) erbringt, ist der Leistungsempfänger gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 EStG verpflichtet, einen Steuerabzug i.H.v. 15 % von der Gegenleistung für Rechnung des Leistenden vorzunehmen.

Der Steuerabzug muss nach § 48 Abs. 2 EStG nicht vorgenommen werden, wenn der Leistende dem Leistungsempfänger eine im Zeitpunkt der Gegenleistung gültige Freistellungsbescheinigung nach § 48b Abs. 1 Satz 1 EStG vorlegt oder die Gegenleistung im Kalenderjahr die in § 48 Abs. 2 Satz 1 EStG genannten Beträge voraussichtlich nicht übersteigen wird.

Das Verfahren, in dem der Steuerabzug vorzunehmen ist, ist in § 48a EStG geregelt. Gemäß § 48a Abs. 1 Satz 1 EStG hat der Leistungsempfänger bis zum zehnten Tag nach Ablauf des Monats, in dem die Gegenleistung i.S. des § 48 EStG erbracht worden ist, eine Anmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Muster einzureichen, in der er den Steuerabzug für den Anmeldungszeitraum selbst zu berechnen hat. Die Anmeldung steht nach § 48a Abs. 1 Satz 3 EStG einer Steueranmeldung gleich. Der Abzugsbetrag ist am zehnten Tag nach Ablauf des Anmeldungszeitraums fällig und an das für den Leistenden zuständige Finanzamt für Rechnung des Leistenden abzuführen (§ 48a Abs. 1 Satz 2 EStG).

Der Leistungsempfänger haftet gemäß § 48a Abs. 3 Satz 1 EStG für einen nicht oder zu niedrig abgeführten Abzugsbetrag.

Die Haftungsinanspruchnahme des Leistungsempfängers ist eine Ermessensentscheidung, die gerichtlich nur im Rahmen des § 102 FGO auf Ermessensfehler (§ 5 AO) zu überprüfen ist. Für eine ermessensfehlerfreie Haftungsinanspruchnahme ist es erforderlich, dass

  1. offene Steueransprüche gegen den Leistenden zumindest in Höhe des Haftungsbetrages bestehen (vgl. BFH-Beschluss vom 29.10.2008, I B 160/08);
  2. Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Leistenden wegen seiner Steuerrückstände erfolglos verlaufen sind bzw. keine Aussicht auf Erfolg versprechen und
  3. es sich bei den rückständigen Steuerschulden des Leistenden zumindest teilweise um solche handelt, die explizit in § 48c Abs. 1 EStG genannt sind (vgl. Urteil des FG München vom 24.9.2009, 7 K 1238/08).

Entsprechende Ermessenserwägungen sind in den Haftungsbescheid aufzunehmen.

Dabei ist der Haftungsschuldner über die Steuerrückstände des Leistenden jedoch nur insoweit zu unterrichten, wie die Angaben unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze für die Durchführung des Haftungsverfahrens, insbesondere für eine zutreffende Ermessensausübung, von Bedeutung sind (vgl. § 30 Abs. 4 Nr. 1 AO).

Es ist deshalb für die Darlegung der sachgerechten Ermessensentscheidung ausreichend, in die Begründung des Haftungsbescheides aufzunehmen, dass zumindest in Höhe des Haftungsbetrages rückständige Steueransprüche gegen den Leistenden bestehen, die im Vollstreckungsweg nicht beigetrieben werden konnten. Weiterhin ist – unter Angabe von Steuerart und Besteuerungszeitraum – zu offenbaren, dass zu den Rückständen auch Steuern i.S. des § 48c Abs. 1 EStG gehören.

Durch diese Angaben werden dem Haftungsschuldner die für das Haftungsverfahren notwendigen Informationen über die steuerlichen Verhältnisse des Leistenden in ausreichendem Umfang mitgeteilt.

Eine Offenbarung der gesamten Steuerrückstände des Leistenden oder die Übersendung von weitergehenden Nachweisen bzw. Unterlagen, insbesondere von Steuerbescheiden, ist für die Durchführung des Haftungsverfahrens hingegen nicht erforderlich und unterliegt damit dem Schutzbereich des § 30 AO. Eine Offenbarungsbefugnis gemäß § 30 Abs. 4 Nr. 1 AO besteht insoweit nicht.

 

Normenkette

AO 1977 § 30

AO 1977 § 191;

EStG § 48a Abs. 3

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