Leitsatz

1. Verspricht eine Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer eine Gewinntantieme, die an den in der Handelsbilanz ausgewiesenen Jahresüberschuss anknüpft, so ist dies im Allgemeinen steuerlich nur anzuerkennen, wenn unter der (Mit-)Verantwortung des Gesellschafter-Geschäftsführers angefallene oder noch anfallende Jahresfehlbeträge laut Handelsbilanz ebenfalls in die Bemessungsgrundlage der Tantieme einbezogen werden (Anschluss an Senatsurteil vom 17.12.2003, I R 22/03, BFH-PR 2004, 270).

2. Die Jahresfehlbeträge müssen hierbei regelmäßig vorgetragen und durch zukünftige Jahresüberschüsse ausgeglichen werden; eine vorhergehende Verrechnung mit einem etwa bestehenden Gewinnvortrag laut Handelsbilanz darf i.d.R. nicht vorgenommen werden.

3. Hiervon abweichende Tantiemevereinbarungen führen regelmäßig zu einer vGA, und zwar in Höhe des Differenzbetrags zwischen der tatsächlich zu zahlenden Tantieme und derjenigen, die sich bei Berücksichtigung der noch nicht ausgeglichenen Jahresfehlbeträge aus den Vorjahren ergeben hätte.

 

Normenkette

§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, wurde zum 01.01.1993 durch Umwandlung aus einem Einzelunternehmen gegründet. Alleiniger Gesellschafter und zugleich Geschäftsführer war A. Nach seinem Geschäftsführervertrag erhielt dieser neben dem laufenden Gehalt eine Tantieme i.H.v. 30 % des jeweiligen Jahresüberschusses vor Berücksichtigung der KSt und GewSt und der Tantieme.

Im Jahr 1997 erwirtschaftete die Klägerin einen Jahresfehlbetrag von rd. 1/2 Mio. DM. Im Jahr 1998 (Streitjahr) erzielte sie einen Jahresüberschuss von rd. 300  000 DM. Die Bilanz zum 31.12.1998 wies einen Gewinnvortrag von rd. 1 Mio. DM aus. Steuerrechtlich wurde der im Jahr 1997 erwirtschaftete Verlust in das Jahr 1995 zurückgetragen.

Für das Streitjahr wurde die Tantieme auf der Grundlage des erzielten Jahresüberschusses bemessen und als Aufwand gebucht.

Das FA sah in der Gewinntantieme eine vGA, da bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Tantieme der im Jahr 1997 angefallene Jahresfehlbetrag nicht in Abzug gebracht worden sei. Die dagegen gerichtete Klage war erfolgreich (DStRE 2007, 224).

 

Entscheidung

Der BFH sah das anders. Er hob das FG-Urteil auf und wies die Klage ab.

Es sei von einer vGA in der vom FA angesetzten Höhe auszugehen. Die Tantiemevereinbarung habe eine Berücksichtigung von Verlusten aus vorangegangenen Jahren nicht vorgesehen. Bei deren Einbeziehung hätte der nach Abschluss der Tantiemevereinbarung erwirtschaftete Jahresfehlbetrag des Jahrs 1997 aber unabhängig davon in das Streitjahr vorgetragen werden müssen, dass noch ein handelsbilanzieller Gewinnvortrag bestanden habe. Der im Vorjahr angefallene Jahresfehlbetrag habe den im Streitjahr erzielten Jahresüberschuss überstiegen. Bei der gebotenen Einbeziehung des in 1997 erwirtschafteten Jahresfehlbetrags wäre daher kein Tantiemeanspruch entstanden.

 

Hinweis

1. Dieses jüngste Urteil des BFH zum Problemkreis vGA und Tantieme rundet die bisherige Rechtsprechung ab. Die Entscheidung beruht auf einem hypothetischen Fremdvergleich „durch Nachdenken”. Sie wird also namentlich diejenigen „auf den Plan rufen”, die sich an einer wie auch immer zu bewertenden „Rechtswirklichkeit” orientieren wollen und die deswegen geltend machen werden, in der „Praxis” sei es doch gang und gäbe, Gewinntantiemen auf das betreffende Gewinnjahr zu beziehen und die Tantieme nicht um vorgängige Verluste zu schmälern. Und in der Tat würden die wegen exorbitanter Gehälter derzeit etwas in Misskredit geratenen Top-Manager schon einigermaßen „dumm gucken”, würden die Aufsichtsräte ihnen die üppig versprochenen Tantiemen um vorgetragene Alt-Verluste kürzen und die Tantiemen damit im wirtschaftlichen Ergebnis gewissermaßen ins Leere laufen lassen.

Damit bewahrheitet sich einmal mehr: Was alle machen, muss vor den Augen des Steuerrechts keineswegs „richtig” und fremdvergleichskonform sein.

2. Aber im Einzelnen:

Durch (das im 1. Leitsatz wiedergegebene) Urteil vom 17.12.2003, I R 22/03 hatte der BFH entschieden, ein bestehender Verlustvortrag in das Tantiemeversprechen, das eine GmbH ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer gibt, „jedenfalls dann in die Bemessungsgrundlage der Tantieme einbezogen werden (muss), wenn der tantiemeberechtigte Geschäftsführer für den Verlust verantwortlich oder zumindest mitverantwortlich ist. Anderenfalls liegt in Höhe des Differenzbetrags zwischen der tatsächlich zu zahlenden Tantieme und derjenigen, die sich bei Berücksichtigung des Verlustvortrags ergeben hätte, eine vGA vor”.

Daran knüpft der BFH nun an. Er weitet sein Rechtsverständnis zugleich auf angefallene oder noch anfallende Jahresfehlbeträge laut Handelsbilanz und auf deren Verrechnung (nur) mit künftigen Jahresüberschüssen aus:

  • In der Handelsbilanz vorhandene Gewinnvorträge (die auf erwirtschaftete, jedoch nicht ausgekehrte Jahresüberschüsse in der Vergangenheit zurückzuführen sind) lassen sich nicht kompensierend dagegenrechnen. Andernfalls würden sich ...

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