Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch eines Insolvenzverwalters nach dem HmbIFG auf Erteilung amtlicher Informationen aus Steuerakten. Begriff der Abgabenangelegenheit im Rahmen der Bestimmung des Rechtsweges. Informationserteilung hinsichtlich von Vollstreckungsakten des Finanzamts

 

Normenkette

VwGO § 40 Abs. 1; FGO § 33 Abs. 1; GVG § 17

 

Verfahrensgang

Hamburgisches OVG (Entscheidung vom 16.02.2009; Aktenzeichen 5 So 31/09)

 

Nachgehend

BVerwG (Beschluss vom 15.10.2012; Aktenzeichen 7 B 2.12)

Hamburgisches OVG (Beschluss vom 21.12.2011; Aktenzeichen 5 So 111/11)

 

Tatbestand

I.

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Erteilung einer Auskunft.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen einer GmbH. In dieser Eigenschaft verlangte er bei der Beklagten Einsicht in die zu der Gesellschaft geführten Vollstreckungsakten unter Berufung auf das Hamburgische Informationsfreiheitsgesetz (HmbIFG). Die Beklagte lehnte dies unter Hinweis auf § 30 AO ab und wies den dagegen erhobenen „Einspruch” zurück. In der Rechtsbehelfsbelehrung wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass er Klage beim FG Hamburg erheben könne. Der Kläger hat jedoch Klage beim VG Hamburg erhoben und verweist darauf, dass dieses für Ansprüche nach dem HmbIFG zuständig sei. Die Beklagte macht demgegenüber geltend, dass die Klage vor dem VG unzulässig sei, weil es sich bei der Streitigkeit um eine Abgabenangelegenheit i.S.d. § 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO handele, die den FG zugewiesen sei.

 

Entscheidungsgründe

II.

Das Gericht entscheidet über die Zulässigkeit des vom Kläger beschrittenen Verwaltungsrechtswegs gem. § 17a Abs. 3 Satz 1 und 2, Abs. 4 Satz 1 GVG vorab durch Beschluss, da die Beklagte die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtsweges gerügt hat.

Für die vorliegende Rechtsstreitigkeit ist gem. § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art (1.), die nicht durch Bundesgesetz ausdrücklich einem anderen Gericht zugewiesen ist (2.).

1.

Der Kläger macht gegen die Beklagte einen Anspruch nach dem HmbIFG auf Erteilung amtlicher Informationen aus Steuerakten geltend. Bei der Geltendmachung eines solchen Anspruchs handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nicht-verfassungsrechtlicher Art (vgl. BFH, Beschl. v. 10.2.2011 – VII B 183/10, […]; OVG Hamburg, Beschl. v. 16.2.2009, NordÖR 2009, 258 [OVG Hamburg 16.02.2009 – 5 So 31/09]).

2.

Diese Streitigkeit ist nicht i.S.v. § 40 Abs. 1 Satz 1, letzter HS VwGO durch Bundesgesetz ausdrücklich dem FG zugewiesen.

a)

Eine solche ausdrückliche Zuweisung ergibt sich nicht aus § 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO. Nach dieser Vorschrift ist der Finanzrechtsweg gegeben in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten, soweit die Abgaben der Gesetzgebung des Bundes unterliegen und durch Bundesfinanzbehörden oder Landesfinanzbehörden verwaltet werden. Bei der Geltendmachung eines Anspruchs auf Erteilung von Informationen aus Steuerakten auf Grundlage des HmbIFG handelt es sich indes nicht um eine Abgabenangelegenheit. Der Begriff „Abgabenangelegenheiten” ist in § 33 Abs. 2 FGO legaldefiniert. Danach sind Abgabenangelegenheiten im Sinne der FGO alle mit der Verwaltung der Abgaben einschließlich der Abgabenvergütungen oder sonst mit der Anwendung der abgabenrechtlichen Vorschriften durch die Finanzbehörden zusammenhängenden Angelegenheiten einschließlich der Maßnahmen der Bundesfinanzbehörden zur Beachtung der Verbote und Beschränkungen für den Warenverkehr über die Grenze, wobei den Abgabenangelegenheiten die Angelegenheiten der Verwaltung der Finanzmonopole gleich stehen. Dazu zählen z.B. alle Streitigkeiten über Steuern und Ein- und Ausfuhrabgaben, insbesondere Zölle, sowie über Abgabenvergütungen und bestimmte Gebühren (vgl. Koch, in: Gräber, FGO, 6. Aufl. 2006, § 33 Rn. 15). Zwar gehört dazu grds. auch die Entscheidung über die Gewährung von Akteneinsicht (vgl. Koch, a.a.O., § 33 Rn. 30 "Auskunft” m.w.N.). Darunter ist allerdings schon nach dem eindeutigen Wortlaut von § 33 Abs. 2 FGO nur eine Entscheidung unter Anwendung von "abgabenrechtlichen Vorschriften” zu verstehen, nicht aber über ein allgemeines Informationsbegehren aufgrund verwaltungsrechtlicher Vorschriften (a.A. FG Hamburg, Beschl. v. 2.7.2010 – 6 K 75/09, ZInsO 2010, 1613; VG Hamburg, Beschl. v. 4.11.2010 – 11 K 2221/10, […]). Der Kläger begehrt indes gerade Auskünfte aufgrund solcher allgemeinen verwaltungsrechtlichen Vorschriften – nämlich nach dem HmbIFG, das keinen spezifisch abgabenrechtlichen Bezug aufweist. Es geht nicht um eine Streitigkeit über Steuern etc., sondern um die Erteilung von Informationen durch eine Landesbehörde, für die das maßgebliche Landesgesetz kein berechtigtes Interesse und damit insbesondere auch keinen spezifisch auf abgabenrechtliche Verhältnisse bezogenen Zweck fordert.

Dass sich die gewünschte Informationserteilung auf eine Vollstreckungsakte des Finanzamts bezieht, macht die Streitigkeit über das Bestehen eines Infor...

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