Leitsatz

Der Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör wird nicht dadurch verletzt, dass das FG sein Urteil auf Tatsachen gestützt hat, die sich aus den nach § 71 Abs. 2 FGO übermittelten Steuerakten ergeben.

 

Normenkette

§ 71 Abs. 2, § 78, § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, Art. 103 Abs. 1 GG

 

Sachverhalt

In einem finanzgerichtlichen Verfahren, in dem es um die Schätzung von Einkünften ging, hatte das FG Zahlen verwendet, die es den Steuerakten entnommen hatte. Der Kläger war der Auffassung, das FG habe seine Pflicht zur Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, es hätte ihm mitteilen müssen, welche Zahlen aus den Steuerakten es zu verwenden beabsichtigte. Er könne die Zahlenangaben nicht überprüfen.

 

Entscheidung

Der BFH wies die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers als unbegründet zurück. Das FG habe keinen Verfahrensfehler begangen. Das FG sei nicht gehalten, den Beteiligten mitzuteilen, welche Tatsachen die nach § 71 Abs. 2 FGO vorgelegten Steuerakten und die beigezogenen Akten anderer Behörden oder Gerichte enthalten und wie es sie zu verwerten gedenkt.

 

Hinweis

Im Finanzgerichtsprozess ist das FG verpflichtet, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln (§ 76 Abs. 1 S. 1 FGO). Die Beteiligten haben dabei mitzuwirken (§ 76 Abs. 1 S. 2 bis 4 FGO). Dabei darf das Gericht nur solche Tatsachen verwerten, zu denen sich die Beteiligten vorher äußern konnten (§ 96 Abs. 2 FGO).

Da das FA verpflichtet ist, dem FG die den Streitfall betreffenden Akten zu übersenden (§ 71 Abs. 2 FGO), hat das FG automatisch Zugang zum gesamten Aktenstoff. Daraus folgt für den Kläger durchaus ein Risiko, nämlich dass das Gericht ein Detail aus den Steuerakten verwendet, das dem Kläger bisher unbekannt war und das ihm erst durch die Urteilsgründe bekannt wird.

Um derartige Überraschungen zu vermeiden, kann es sich – insbesondere wenn der Sachverhalt komplex und strittig ist – empfehlen, von dem Recht auf Akteneinsicht Gebrauch zu machen (§ 78 FGO), um so im Prozess mit dem FG und dem FA insoweit "auf Augenhöhe" zu sein.

Das Gericht verletzt indes nicht seine Pflicht zur Gewährung rechtlichen Gehörs, wenn es den Kläger nicht vorsorglich darauf hinweist, welche Sachverhaltselemente es aus den Akten verwenden will. Durch das Recht der Beteiligten, die Gerichtsakten und die dem Gericht vorgelegten Akten einzusehen (§ 78 FGO), wird gewährleistet, dass die Beteiligten zu den in den vorgelegten und beigezogenen Akten enthaltenen Tatsachen Stellung nehmen können, bevor das Gericht sie zur Grundlage seiner Entscheidung macht.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 09.02.2009 – VIII B 53/08 (NV)

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