Leitsatz

1. Die Doppelfunktion des Verspätungszuschlags als Sanktion einer Pflichtverletzung und als in die Zukunft gerichtete Prävention kann bei der Bemessung dieses Druckmittels in unterschiedlichem Maß von Bedeutung sein. Jedenfalls wird die verspätete Abgabe der Steuererklärung nicht dadurch entschuldbar, dass das FA seinerseits die Steuerfestsetzung dann nicht zeitnah (nach Eingang der Erklärung) durchführt.

2. Ein Verspätungszuschlag kann auch in Erstattungsfällen festgesetzt werden. Beruht die Erstattung jedoch auf einer Steuerfestsetzung von null (DM/Euro), so ist dieses Druckmittel von Gesetzes wegen ausgeschlossen.

 

Normenkette

§ 152 AO

 

Sachverhalt

Die Kläger gaben ihre ESt-Erklärung erst nach Androhung eines Zwangsgelds am 12.6. des übernächsten Jahres ab. Am 8.10. erging der Bescheid, mit dem ESt von 9280 DM festgesetzt wurde. Infolge höherer Vorauszahlungen kam es im Ergebnis zu einer Erstattung. Das FA setzte gleichwohl einen Verspätungszuschlag von 300 DM fest.

 

Entscheidung

Weder FG noch BFH hatten Bedenken gegen die Festsetzung des Verspätungszuschlags.

 

Hinweis

1. Erst vor kurzem hatte sich der BFH mehrfach dazu geäußert, dass der Verspätungszuschlag mehrere Zwecke verfolgt: Neben dem seit Einführung der Vollverzinsung in den Hintergrund getretenen Zweck, den wirtschaftlichen Vorteil aus der verspäteten Steuerzahlung abzuschöpfen, verfolgt der Verspätungszuschlag auch einen Erziehungs-, Präventiv- und Abschreckungseffekt (Urteile vom 19.6.2001, X R 83/98, BFH-PR 2001, 387, und vom 26.9.2001, IV R 29/00, BFH-PR 2002, 106). Die Festsetzung einer Steuer, die hinter den Vorauszahlungen zurückbleibt, ist danach kein Grund, die zusätzliche Festsetzung eines Verspätungszuschlags generell für unzulässig zu halten.

2. Allerdings hatte der VIII. Senat des BFH für den Fall einer Null-Veranlagung entschieden, dass kein Verspätungszuschlag festgesetzt werden dürfe (Urteil vom 27.6.1989, VIII R 73/84, BStBl. II 1989, 955). Dies sehen andere Senate des BFH aber nicht als Hinderungsgrund dafür an, in Erstattungsfällen bei Festsetzung einer über null liegenden Steuer die Festsetzung eines Verspätungszuschlags zu gestatten. Sachlich begründet erscheint es in der Tat, die Festsetzung eines Verspätungszuschlags für zulässig zu halten, wenn der Erklärende Besteuerungstatbestände verwirklicht hat, und zwar auch dann, wenn eine Steuer von null festzusetzen ist, etwa weil die Einkünfte im betreffenden Jahr den Grundfreibetrag der ESt nicht überschritten haben.

Anders ist es nur dann, wenn die Erklärung zeigt, dass der Erklärende der Besteuerung überhaupt nicht unterliegt, wie in den sog. NV-Fällen. Im Besprechungsfall musste der BFH zu dieser Frage aber nicht Stellung nehmen, denn es war eine Steuer von deutlich mehr als null festgesetzt worden.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 26.6.2002, IV R 63/00

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