Leitsatz

Ein Soldat der Bundesmarine kann für die ersten drei Monate eines jeden vorübergehenden Einsatzes an Bord eines Schiffs Verpflegungsmehraufwendungen wegen Auswärtstätigkeit geltend machen.

 

Normenkette

§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Sätze 2 bis 5, § 9 Abs. 5 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger diente im Streitjahr 2000 als Soldat bei der Bundesmarine. Er war in den Kasernen in P und später in K beschäftigt, wo er die Manövereinsätze auf See vor- und nachzubereiten sowie verschiedene weitere Aufgaben zu übernehmen hatte. Außerdem wurde der Kläger im Streitjahr an 129 Tagen auf einem Schnellboot eingesetzt. Für die mit dem Schnellboot gefahrenen Einsätze machte der Kläger insgesamt 9.685 DM an Mehraufwendungen für Verpflegung geltend.

Das FA verweigerte insoweit den Werbungskostenabzug unter Hinweis darauf, dass beim Kläger im Vorjahr bereits Verpflegungsmehraufwendungen für drei Monate im Zusammenhang mit einer doppelten Haushaltsführung berücksichtigt worden waren. Die hiergegen gerichtete Klage blieb ohne Erfolg.

 

Entscheidung

Der BFH hob die Entscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.

Nach den neuen, oben angeführten Rechtsgrundsätzen sei der Kläger auf dem Schnellboot beruflich auswärts tätig gewesen. Denn der Kläger sei dort vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit entfernt beruflich tätig gewesen. Beim Kläger sei der Tätigkeitsmittelpunkt (regelmäßige Arbeitsstätte) in seinem Stützpunkt an Land (Kaserne) gewesen. Das Schiff stelle – entgegen der Auffassung der Verwaltung – auch keinen Tätigkeitsmittelpunkt (bzw. keine regelmäßige Arbeitstätte) dar.

Da das FG keine Feststellungen zur Dauer der einzelnen Einsätze auf See getroffen habe, sei die Sache zur weiteren Sachaufklärung zurückzuverweisen.

 

Hinweis

1. Wie bekannt, hat der BFH seine Rechtsprechung zum Werbungskostenabzug bei Arbeitnehmern mit Auswärtstätigkeit geändert. Es wird insoweit auf die ausführlichen Erläuterungen zu den Urteilen, sämtliche vom 11.5.2005, VI R 70/03, VI R 25/04, VI R 7/02, VI R 15/04, VI R 34/04, VI R 16/04, BFH-PR 2005, 399 ff. Bezug genommen. Die Besprechungsentscheidung sowie das Urteil vom 19.12.2005, VI R 30/05, BFH-PR 2006, 185 ergänzen die neuen Rechtsgrundsätze in Bezug auf die Auswärtstätigkeit bei Seeschiffern.

2. Nach der neueren Rechtsprechung entspricht der Begriff des Tätigkeitsmittelpunkts (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 EStG) demjenigen der (regelmäßigen) Arbeitsstätte i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG. Nach der Rechtsprechung ist hierunter der ortsgebundene Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers zu verstehen; dies ist im Regelfall der Betrieb oder eine Betriebsstätte des Arbeitgebers.

Dagegen wird als Arbeitnehmer typischerweise nur an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten oder auf einem Fahrzeug tätig (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 3 EStG), wer im Betrieb seines Arbeitgebers keine regelmäßige Arbeitsstätte innehat, die für ihn den ortsgebundenen Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit darstellt.

3. Nach diesen Grundsätzen liegt der Tätigkeitsmittelpunkt eines Marinesoldaten jedenfalls dann in seinem Stützpunkt an Land, wenn der Soldat – wie der Kläger – dem Stützpunkt dauerhaft zugeordnet ist und in der Zeit zwischen seinen Einsätzen auf See regelmäßig dort tätig wird. Das Schiff seinerseits stellt keine regelmäßige Arbeitsstätte dar, weil unter diesem Begriff nur ortsfeste betriebliche Einrichtungen des Arbeitgebers verstanden werden und der Soldat sich auf dem Schiff außerhalb seines an Land verbliebenen Tätigkeitsmittelpunkts auf Auswärtstätigkeit befindet.

4. Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG ist der Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen wegen Auswärtstätigkeit auf die ersten drei Monate einer längerfristigen vorübergehenden Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte beschränkt. Die gleich bleibende, nämliche Auswärtstätigkeit im Sinn dieser Regelung findet bei Reisen auf einem seegehenden Schiff indessen regelmäßig ihr Ende, sobald das Schiff in den Heimathafen zurückkehrt. Läuft das Schiff zu einem späteren Zeitpunkt zu einer neuen Reise aus, besteht die Möglichkeit zum Abzug der Verpflegungspauschalen daher von neuem. Ob dabei tatsächlich ein erhöhter Verpflegungsbedarf anfällt, ist seit der gesetzlichen Neuregelung des Verpflegungsmehraufwands durch das JStG 1996 ohne Bedeutung.

5. Beachten Sie, dass die Tätigkeit auf einem seegehenden Schiff immer Auswärtstätigkeit ist. Besteht ein Tätigkeitsmittelpunkt (wie im Streitfall) an Land, richtet sich die Berechnung der Abwesenheitszeiten beim Abzug der Verpflegungsmehraufwendungen nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 EStG; andernfalls ggf. nach Satz 3.

6. Zusätzlicher Hinweis: Entgegen der Auffassung der Verwaltung stellt die Unterkunft eines Seeschiffers an Bord keine Zweitwohnung dar. Die Grundsätze der doppelten Haushaltsführung können demnach nicht eingreifen. Denn der Beschäftigungsort i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG ist ...

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