Leitsatz

Erfüllen die Umsätze aus der Abgabe von Mahlzeiten an Studenten durch eine Einrichtung des öffentlichen Rechts, der die soziale Betreuung und Förderung der Studenten obliegt (Studentenwerk), nicht die Voraussetzungen des § 4 Nr. 23 UStG 1993, sind diese Verpflegungsleistungen nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der 6. EG-RL steuerfrei. Gleiches gilt für Verpflegungsleistungen an Bedienstete der Einrichtung, die zur Durchführung der Aufgaben der sozialen Betreuung und Förderung der Studenten am Hochschulort tätig sind.

 

Normenkette

§ 4 Nr. 23 UStG, Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der 6. EG-RL

 

Sachverhalt

Ein Studentenwerk (Klägerin) unterhielt Mensabetriebe, in denen Studenten, Bedienstete der Universität und Dritte Mahlzeiten und Getränke einnehmen konnten. Ferner belieferte die Klägerin Schulen und ähnliche Einrichtungen mit Speisen, die in den Küchen der Mensen zubereitet wurden. Die Leistungen an die Schulen besteuerte sie nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG; die an Bedienstete und sonstige Personen ausgegebenen Speisen und Getränke mit dem Regelsteuersatz. Für Studentenessen beanspruchte sie § 4 Nr. 18 UStG 1993.

Das FA meinte, die Befreiung scheitere – wegen der anderen Essen – an der 2/3-Regelung in § 66 AO. Das FG und auch die Klägerin hatten die für die Klägerin günstigere RL-Regelung nicht gesehen.

 

Entscheidung

Der BFH hob das FG-Urteil auf; die Grundsätze sind aus den Praxis-Hinweisen zu ersehen.

 

Hinweis

1.§ 4 Nr. 23 Satz 1 UStG ist eine der vielen Befreiungen, die mit dem Gemeinschaftsrecht nur teilweise vereinbar sind. Ist diese Vorschrift – jedenfalls nach der Art der Tätigkeit – einschlägig, empfiehlt sich gleich der Blick in das Gemeinschaftsrecht. Der Steuerpflichtige hat nämlich die Wahl, sich je nach dem, ob Vorsteuer erreicht werden soll oder die Umsätze steuerfrei sein sollen, sich ggf. auf die RL zu berufen oder nicht.

2. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der 6. EG-RL befreit die Umsätze aus der Erziehung von Kindern und Jugendlichen, dem Schul- oder Hochschulunterricht, der Ausbildung, der Fortbildung oder der berufliche Umschulung sowie die damit eng verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung.

Durch die Befreiung der mit dem Hochschulunterricht eng verbundenen Dienstleistungen soll gewährleistet werden, dass der Zugang zum Hochschulunterricht nicht durch höhere Kosten versperrt wird, die entstünden, wenn dieser oder die mit ihm eng verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen der Mehrwertsteuer unterworfen wären. Eng mit dem Hochschulunterricht verbunden sind Vermietungsleistungen sowie auch Verpflegungsleistungen an Studenten durch Studentenwerke, denen als Anstalt des öffentlichen Rechts im Zusammenwirken mit den Hochschulen die soziale Betreuung und Förderung der Studenten obliegt. Mit umfasst von der Befreiung sind grundsätzlich auch Verpflegungsleistungen an Bedienstete. Das FA kann dem Unternehmer nicht entgegenhalten, der Gesetzgeber hätte – nach Gemeinschaftsrecht – die Möglichkeit gehabt, die Befreiung von verschiedenen Voraussetzungen abhängig zu machen, wenn er insoweit untätig geblieben ist.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 28.9.2006, V R 57/05

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