OFD Frankfurt, 1.3.2019, S 7168 A - 15 - St 16

Infolge der gestiegenen Zahl von Bürgerkriegsflüchtlingen und Asylbewerbern vermieten oder verpachten vermehrt Unternehmer Gebäude an die öffentliche Hand oder die Betreiber von Gemeinschaftsunterkünften.

 

1. Langfristige Vermietung oder Verpachtung

Die Verträge werden meist langfristig, d.h. länger als sechs Monate, abgeschlossen. Dabei ist auf die Laufzeit der Verträge abzustellen und nicht auf die Dauer des tatsächlichen Aufenthalts der untergebrachten Personen. Auch wenn sich der Miet- oder Pachtzins nach der tatsächlichen Belegung (der Anzahl der jeweils untergebrachten Personen) richtet, liegt keine kurzfristige Vermietung oder Verpachtung vor, wenn der Vertrag insgesamt über mehr als sechs Monate oder unbefristet abgeschlossen wurde.

 

1.1 Ausschließliche Wohnraumüberlassung

Wird ausschließlich Wohnraum überlassen, sind die Umsätze aus dieser Leistung nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG steuerfrei.

 

1.2 Wohnraumüberlassung zusammen mit der Erbringung weiterer Dienstleistungen

 

1.2.1 Nebenleistungen

Als übliche Nebenleistungen, die wie die Hauptleistung der Vermietung oder Verpachtung zu besteuern sind, können insbesondere angesehen werden:

  • Bereitstellung von Mobiliar
  • Versorgung der Einrichtung mit Strom, Wasser und Wärme
  • Reinigung der allgemeinen Außen- und Innenbereiche
  • Hausmeisterservice

Auch ein pauschaler Abnutzungszuschlag, der vom Mieter gezahlt wird, da er keine Renovierung der angemieteten Räume vorzunehmen hat, ist wie die eigentliche Vermietungsleistung zu besteuern.

 

1.2.2 Eigenständige Dienstleistungen

Werden weitere Leistungen erbracht, die üblicherweise nicht im Zusammenhang mit der Vermietung oder Verpachtung von Räumlichkeiten stehen, so sind diese als (mehrere) eigenständige Leistungen gesondert zu beurteilen. Hierunter fallen unter anderem:

  • Verpflegung der untergebrachten Personen
  • Zurverfügungstellung und Reinigung der (Bett-)Wäsche
  • Waschdienst
  • Kontrolle der Zimmer
  • Führen von Anwesenheitslisten
  • Sicherheitsdienst
  • Zurverfügungstellung von Hauspersonal
  • Soziale Betreuung der Bewohner

Diese Leistungen unterliegen dem Regelsteuersatz. Es ist kein Vertrag besonderer Art anzunehmen, weil die Gebrauchsüberlassung des Grundstücks gegenüber diesen Leistungen nicht zurücktritt (Abschn. 4.12.6. Abs. 1 Satz 1 UStAE).

Das FG Düsseldorf entschied mit Urteil vom 9.11.2018, Az. 1 K 3578/15 U , dass die Überlassung einer im Eigentum der Klägerin stehenden Gemeinschaftsunterkunft an eine juristische Person des öffentlichen Rechts einerseits und die weiteren Dienstleistungen der Klägerin zur Bewirtschaftung der Gemeinschaftsunterkunft andererseits zwei sonstige Leistungen seien. Die Vermietungsleistung und die Bewirtschaftungsleistung würden nicht gemeinsam auf einem Vertrag besonderer Art beruhen. Allerdings seien die von der Klägerin – neben der Grundstücksüberlassung als selbstständiger Leistung – erbrachten übrigen Leistungen zur Bewirtschaftung der Gemeinschaftsunterkunft (Unterbringung der Asylbewerber, Bewachung der Unterkunft, soziale Betreuung etc.) als eine einheitliche komplexe sonstige Leistung eigener Art zu beurteilen, die umsatzsteuerpflichtig sei und dem Regelsteuersatz unterliege.

Überdies waren auch verschiedene andere Betreiberverträge für Gemeinschafts-/Flüchtlingsunterkünfte mit Bundesländern, Landkreisen, Städten und Gemeinden Gegenstand des Verfahrens. In diesen Fällen standen die Objekte im Eigentum der juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder wurden ihnen von Dritten zur Verfügung gestellt. Die juristische Person des öffentlichen Rechts als jeweilige Vertragspartnerin überließ der Klägerin das Grundstück entweder entgeltlich oder unentgeltlich zur Bewirtschaftung der Unterkunft. In dem Zusammenhang stellte das FG fest, dass es sich bei den von der Klägerin im Rahmen der jeweiligen Betreiberverträge erbrachten sonstigen Leistungen (Unterbringung, soziale Betreuung, Hausmeisterleistungen, Reinigung etc.) um eine einheitliche komplexe sonstige Leistung eigener Art handele, die weder nach nationalem Recht noch nach Unionsrecht umsatzsteuerfrei sei. Die Klägerin erbringe in diesen Fällen weder Vermietungs- noch Beherbergungsleistungen.

Die Klägerin hat die zugelassene Revision eingelegt, die beim BFH unter dem Az. V R 1/19 geführt wird. Entsprechende Rechtsbehelfsverfahren ruhen nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO kraft Gesetzes.

 

1.3 Option nach § 9 UStG

Da die Vermietung oder Verpachtung regelmäßig an die öffentliche Hand erfolgt, besteht in diesen Fällen keine Möglichkeit der Option nach § 9 Abs. 1 UStG, da die Verwendung durch die öffentliche Hand als Flüchtlings-/Asylbewerberunterkünfte dem hoheitlichen (nichtunternehmerischen) Bereich zuzuordnen ist.

 

2. Kurzfristige Vermietung

Sollten ausnahmsweise kurzfristige Verträge abgeschlossen werden, handelt es sich bei der Wohnraumüberlassung um eine nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG ermäßigt zu besteuernde Beherbergungsleistung. Dasselbe gilt für andere Leistungen, die unmittelbar der Beherbergung dienen, ...

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