Leitsatz

Verlustanteile eines typisch stillen Gesellschafters dürfen steuerrechtlich erst dann als Werbungskos­ten bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden, wenn der Geschäftsinhaber den Jahresabschluss festgestellt hat und der Verlustanteil des stillen Gesellschafters berechnet und -- im Regelfall -- auch von seiner Einlage abgebucht worden ist.

Eine zeitlich vorverlagerte Verlustzurechnung aufgrund gesellschaftsvertraglicher Vereinbarungen ist steuerrechtlich nicht anzuerkennen, da für den Werbungskos­tenabzug nach § 11 Abs. 2 EStG die tatsächlichen Gegebenheiten, nämlich die Erstellung des Jahresabschlusses, maßgebend sind.

Erst wenn die Gesellschaft endgültig von einer Schuld befreit wird, handelt es sich im Fall der Übernahme einer Ge­sell­schafts­schuld durch den stillen Gesellschafter um die allein maßgebliche „geleistete Einlage” i.S.v. § 15a Abs. 1 EStG.

Eine erst später erteilte Genehmigung einer Schuldübernahme durch den Gläubiger wirkt steuerrechtlich nicht auf den Zeitpunkt zurück, in dem der stille Gesellschafter sich dazu verpflichtet hatte.

Die Verpflichtung zur Schuldübernahme begründet keinen „erweiterten Verlustausgleich” nach § 15a EStG bei dem stillen Gesellschafter.

 

Normenkette

§ 11 Abs. 2, § 15a Abs. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG, § 328, § 329, § 415 BGB, § 230, § 232 HGB

 

Sachverhalt

Der Kläger war in den Streitjahren 1996 bis 1998 als Treugeber über zwei Beteiligungen typisch still an einer GmbH beteiligt. Im Rahmen der Beteiligung I hatte er eine Einlage von 22 500 000 DM und für die Beteiligung II von 29 Mio. DM zu erbringen. Im Wesentlichen sollte er die Einlagen durch Übernahme von Darlehensverbindlichkeiten der GmbH leisten. Er hatte jedoch die GmbH in Höhe der übernommenen Beträge von allen Risiken und Pflichten freizustellen. In Höhe der Einlageleistungen sollte ihm ein anteiliger -- voraussichtlicher -- Vorwegverlust zugerechnet werden. Dieser sollte sich für 1996 auf ca. 14 Mio. DM belaufen. Bareinlagen leistete der Kläger 1996 i.H.v. 2,4 Mio. DM und 1997 einen Betrag von 773 826 DM. Erst im Jahr 2000 bestätigte ein Drittgläubiger den Schuldbeitritt des Klägers i.H.v. 30 Mio. DM.

Der Kläger machte mit seinen ESt-Erklärungen Verluste aus den stillen Beteiligungen i.H.v. 16 Mio. DM für 1996, von 31,7 Mio. DM für 1997 und von 8 Mio. DM für 1998 als Werbungskos­ten bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen geltend. Das FA anerkannte hingegen nach einer Außenprüfung lediglich Verluste in Höhe der Bareinlagen im Zeitpunkt der Erstellung der Jahresabschlüsse für die GmbH, somit für 1996 noch keine Verluste, für 1997 nur Verluste von 2,4 Mio. DM und für 1998 von 773 826 DM. Den zum 31.12.1998 verbleibenden Verlustabzug stellte es gesondert fest und trug ihn nach § 10d Abs. 1 EStG auf 1996 und 1997 mit der Folge zurück, dass für diese Jahre die ESt auf jeweils 0 DM festgesetzt wurde. Demgegenüber begehrte der Kläger erfolglos die verbleibenden Verlustabzüge unter Berücksichtigung der erklärten Verluste zum 31.12.1996 und 1997 gesondert festzustellen (EFG 2006, 1517).

 

Entscheidung

Der BFH hat die Vorentscheidung bestätigt, wonach die auf den Kläger entfallenden Verluste der GmbH nur in Höhe der in den Jahren 1996 und 1997 geleisteten Bareinlagen jeweils erst in den Folgejahren als Werbungskos­ten bei dessen Einkünften aus Kapitalvermögen steuermindernd berücksichtigt werden dürfen und auch keine da­rüber hinausgehenden Verluste mangels höherer tatsächlich geleisteter Einlagen gesondert festgestellt werden können.

 

Hinweis

1. Nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ist auf Anteile des stillen Gesellschafters am Verlust des Betriebs § 15a EStG sinngemäß anzuwenden. Gleichermaßen sieht § 21 Abs. 1 Satz 2 EStG im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung eine sinngemäße Anwendung des § 15a EStG vor.

2. Da es bei der typisch stillen Gesellschaft keine gemeinsame Steuerbilanz gibt und mithin auch kein auszuweisendes Kapitalkonto des Stillen, wie es an sich § 15a EStG für die Beschränkung des Verlustausgleichs bei einem Kommanditisten oder anderen Mitunternehmern mit einer diesem vergleichbaren Haftung voraussetzt, wird entgegen der Rechtsprechung des BFH und der weitgehend zustimmenden Literatur teilweise bezweifelt, ob eine sinngemäße Anwendung überhaupt möglich sei, verneinend Groh, DB 2004, 668; kritisch auch Kuck, DStR 2003, 235.

3. Der BFH teilt diese Kritik nicht und bestätigt seine bisherige Rechtsprechung, vgl. BFH, Urteil vom 23.07.2002, VIII R 36/01 (BFH-PR 2002, 456) und seinen in dieser Sache bereits ergangenen Aussetzungsbeschluss vom 07.08.2002, VIII B 90/02 (BFH/NV 2002, 1577).

4. Ebenso hat der IX. Senat des BFH im Urteil vom 15.10.1996, IX R 72/92 (BStBl II 1997, 250) die sinngemäße Anwendung des § 15a EStG bei den Einkünften aus VuV konkretisiert. Maßgebend kann nicht ein aus einer Steuerbilanz abgeleitetes Kapitalkonto sein. Vielmehr muss die Berechnung des Kapitalkontos des Stillen eigenständig in Anlehnung an diejenige eines Mitunternehmers errechnet werden.

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