Leitsatz
1. Verkauft ein Steuerpflichtiger über sein Internetportal Gutscheine für bestimmte Freizeiterlebnisse, erbringt er die durch den Gutschein versprochene Leistung entweder selbst oder ist hinsichtlich dieser Leistung als Vermittler tätig. Seine Leistung besteht demgegenüber nicht im Betrieb eines Internetportals.
2. Ist der Gutschein nur über einen bestimmten Geldbetrag ausgestellt (sog. Wertgutschein), fehlt es zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins an einem unmittelbaren Zusammenhang der Zahlung der Gutscheinerwerber mit einer bestimmbaren Leistung.
Normenkette
§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG, Art. 2 Abs. 1 Buchst. c EGRL 112/2006 (= MwStSystRL), § 164 Abs. 2, § 305 Abs. 2 BGB
Sachverhalt
Der der Sollbesteuerung unterliegende Kläger betrieb seit 2008 ein Internetportal. Auf diesem präsentierte er verschiedene Freizeiterlebnisse, die in Anspruch genommen werden konnten. Dies setzte den Erwerb eines Gutscheins voraus. Die Gutscheine wurden vom Kläger im eigenen Namen und für eigene Rechnung über sein Internetportal verkauft. Zum einen konnten Gutscheine für ein konkret ausgewähltes Erlebnis (Erlebnisgutscheine) erworben werden; in diesem Fall reichte bereits der für den Gutschein gezahlte Preis zur Inanspruchnahme des ausgewählten Erlebnisses. Zum anderen konnten Gutscheine über einen zu bestimmenden Geldbetrag mit der Möglichkeit, das konkrete Erlebnis später auszuwählen (Wertgutscheine), erworben werden. Dem Erwerber eines Erlebnisgutscheins wurden mit Übersendung des Gutscheins alle erforderlichen Informationen zur Verfügung gestellt, um in weiteren Schritten einen Termin für die Inanspruchnahme des ausgewählten Erlebnisses zu vereinbaren. Im Fall des Erwerbs eines Wertgutscheins erhielt der Gutscheininhaber diese Informationen vom Kläger, nachdem er unter Einlösung des Gutscheins ein konkretes Erlebnis ausgewählt hatte. Soweit das gewählte Erlebnis günstiger als der Betrag des verwendeten Gutscheins war, wurde dem Gutscheininhaber der Restbetrag gutgeschrieben. Soweit der Wert des Gutscheins nicht ausreichte, hatte er den Differenzbetrag zu begleichen. Es bestand darüber hinaus die Möglichkeit, erworbene Erlebnisgutscheine umzutauschen und ein anderes Erlebnis als das zunächst ausgewählte Erlebnis in Anspruch zu nehmen oder mehrere Wertgutscheine für ein Erlebnis einzulösen.
Den auf der Homepage des Klägers präsentierten Erlebnissen lagen Vereinbarungen mit den jeweiligen Veranstaltern zugrunde. Danach stellten diese die vom Kläger zur Präsentation auf seinem Internetportal benötigten Informationen zur Verfügung. Für den Fall der Inanspruchnahme der Erlebnisleistung durch einen Gutscheininhaber vereinbarten der Kläger und der jeweilige Veranstalter, dass der Kläger dem Veranstalter über den für einen Erlebnisgutschein vereinbarten Preis oder aber im Fall von verwendeten Wertgutscheinen über den gezahlten Preis, jeweils abzüglich einer vereinbarten Vermittlungsprovision, eine Gutschrift ausstellt und den Betrag auszahlt. Die Provision rechnete der Kläger dabei gegenüber den Veranstaltern unter Ausweis von USt in der Gutschrift ab.
Der Kläger behandelte die Zahlungen der Gutscheinerwerber in den Streitjahren nicht als Entgelte für einen steuerbaren Umsatz, sondern nur die den Veranstaltern in Rechnung gestellten Provisionen sowie den von den Gutscheinerwerbern gesondert vergüteten Versand der Gutscheine. Das FA war hingegen der Auffassung, der Kläger habe bereits mit dem Verkauf der Gutscheine steuerbare Leistungen erbracht. Dementsprechend erließ das FA für die Streitjahre geänderte USt--Bescheide.
Einspruch und Klage zum FG hatten keinen Erfolg (FG Münster, Urteil vom 17.9.2020, 5 K 1404/18 U, Haufe-Index 14196372, EFG 2020, 1791).
Entscheidung
Der BFH hob die Entscheidung der Vorinstanz auf und verwies die Sache an das FG zurück.
Hinweis
1. Betreibt ein Unternehmer ein Internetportal, auf dem er Freizeiterlebnisse anderer Unternehmer präsentiert, die Endverbraucher aufgrund eines Gutscheinerwerbs in Anspruch nehmen können, stellt sich die Frage, ob der Portalbetreiber durch den Verkauf der Gutscheine im eigenen Namen auch die Erlebnisleistung erbringt oder nur eine durch den anderen Unternehmer ausgeführte Erlebnisleistung vermittelt.
2. Maßgeblich ist hierfür, ob der Portalbetreiber gegenüber den Erwerbern der Erlebnisgutscheine hinsichtlich der Erbringung der Erlebnisse in eigenem oder in fremdem Namen auftritt. Auf die Frage, ob der Gutschein im eigenen Namen erteilt wird, kommt es demgegenüber nicht an. Maßgeblich sind vielmehr die den Leistungen zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse, wobei bei der Feststellung des Inhalts dieser Rechtsverhältnisse auch wirksam vereinbarte AGB zu berücksichtigen sind.
Ist danach der Portalbetreiber als leistender Unternehmer hinsichtlich der Erlebnisleistung anzusehen, hat er von den Kunden vereinnahmte Zahlungen nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b Satz 4 UStG zu versteuern.
Vermittelt der Portalbetreiber demgegenüber nur die Erlebnisleistung eines anderen Unternehmer...