Leitsatz

Gem. § 54 Abs. 11 Satz 2 KStG 1991 sind noch vorhandene Restbestände des EK 56 zum Schluss des letzten vor dem 1.1.1995 endenden Wj. auf den Teilbetrag des EK 50 umzugliedern. Gleichwohl gilt für eine Gewinnausschüttung, die nach § 28 Abs. 2 Satz 1 KStG 1991 mit dem vEK zum Schluss eines früher endenden Wj. zu verrechnen ist, das bisherige EK 56 und nicht der umgegliederte Teilbetrag auch dann als verwendet, wenn sich infolge der Ausschüttung das vEK erst nach Ablauf des letzten im Kj. 1994 endenden Wj. verringert (gegen BMF-Schreiben vom 16.5.1994, BStBl I 1994, 315).

 

Normenkette

§ 27 Abs. 1 KStG 1991 , § 28 Abs. 2 Satz 1 KStG 1991 , § 30 Abs. 1 Satz 1 KStG 1991 , § 54 Abs. 11 Satz 2 KStG 1991

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine GmbH mit einem abweichenden Wj. vom 1.7. bis zum 30.6. Anlässlich der Bilanzfeststellungen zum 30.6.1991 und 30.6.1992 beschlossen ihre Gesellschafter, die Jahresüberschüsse 1990/1991 und 1991/1992 auf neue Rechnung vorzutragen. Außerdem bestand ein Gewinnvortrag aus den vorhergehenden Wj. Am 29./30.6.1994 beschloss die Gesellschafterversammlung, der Klägerin eine Gewinnausschüttung für das Wj. 1990/91 und für das Wj. 1991/92. Die Beträge wurden am 25.10.1994, also nach Ablauf des Wj. 1993/94, ausgezahlt.

Das FA stellte die Teilbeträge des vEK gem. § 47 Abs. 1 KStG 1991 zum 30.6.1994 ohne eine Verringerung durch die offenen Gewinnausschüttungen für die Wj. 1990/91 und 1991/92 und nach Umgliederung des positiven Teilbetrags EK 56 in EK 50 und EK 02 gemäß § 54 Abs. 11 Satz 2 KStG 1991 fest. Die KSt für 1991 und 1992 (Streitjahre) wurde infolge der beschlossenen Gewinnausschüttungen unter Berücksichtigung von KSt-Minderungen festgesetzt, wobei das FA abweichend von der Klägerin nicht von Ausschüttungen aus dem EK 56, sondern von einer Verwendung des EK 50 ausging (vgl. BMF-Schreiben vom 16.5.1994, BStBl I 1994, 315).

 

Entscheidung

Der BFH gab der Klägerin recht und entschied gegen das besagte BMF-Schreiben. Die offene Gewinnausschüttung stelle ungeachtet dessen, dass sie eine sog. Nachtragsausschüttung für weiter zurückliegende Wj. sei, eine handelsrechtlich ordnungsgemäß beschlossene Ausschüttung gem. § 28 Abs. 2 S. 1, nicht aber eine solche gem. § 28 Abs. 2 S. 2 KStG 1991 dar.

Folglich sei die Ausschüttung mit dem vEK zum Schluss des betreffenden Wj., für das ausgeschüttet werde, zu verrechnen. Diese Verwendungsfiktion sei zwingend. Sie werde nicht durchbrochen, auch nicht dadurch, dass in dem Zeitraum zwischen der Beschlussfassung über die Ausschüttung und dem Abfluss der Ausschüttung kraft Gesetzes die zwangsweise Umgliederung bisherigen, höher belasteten mit nunmehr infolge der KSt-Tarifabsenkung niedriger belasteten EK zu erfolgen habe. Zwar sei die Ausschüttungsbelastung erst mit dem Abfluss der Ausschüttung herzustellen. Die auf das Wj., dessen Gewinn ausgeschüttet werde, zurückreichende vEK-Fiktion bleibe in materiell-rechtlicher Hinsicht dennoch erhalten. Sie gehe der Zwangsumgliederung des vEK vor und werde durch diese nicht verdrängt.

 

Hinweis

1. Der Sachverhalt, über den der BFH im Urteilsfall noch zu entscheiden hatte, ist mittlerweile Rechtsgeschichte: Das KSt-Anrechnungsverfahren ist abgeschafft und zu einer Tarifabsenkung, die sich auf die Gliederungsrechnung des vEK auswirkt, kann es nicht mehr kommen. Es gibt aber sicher noch den einen oder den anderen Altfall, für den die Problematik Relevanz hat.

Ein solcher Altfall ist dadurch gekennzeichnet, dass (1.) eine Gewinnausschüttung z.B. im Jahr 05 für das Wj. 03 als sog. Nachtragsausschüttung beschlossen wird, dass diese (2.) sodann erst im Jahr 06 oder 07 ff. abfließt und dass (3.) exakt zwischen diesen beiden Zeitpunkten des Beschlusses und des Abflusses jene (5-jährige) Karenzfrist abläuft, die das Gesetz zum Verbrauch höherbelasteten EK vorsieht, nachdem zwischenzeitlich der KSt-Tarif kraft Gesetzes abgesenkt worden ist (vgl. § 54 Abs. 11 Satz 2 KStG 1991). Nach Ablauf dieser Karenzfrist ist das höher belastete, aber noch nicht verbrauchte EK nämlich zwangsweise in niedriger belastetes EK umzugliedern, so im Urteilsfall von früher EK 56 auf anschließendes EK 50. Zwar führt dann erst der "verspätete" Abfluss der Gewinne zur Herstellung der Ausschüttungsbelastung nach §§ 27 ff. KStG a.F. Dennoch findet § 28 Abs. 2 Satz 1 KStG a.F. Anwendung, was wiederum bedeutet, dass die fraglichen Gewinne mit dem vEK zum Schluss des letzten vor dem Gewinnverteilungsbeschluss abgelaufenen Wj. zu verrechnen sind. An dieser (materiell-rechtlichen) Verwendungsfiktion kann die besagte Zwangsumgliederung vom Alt-EK in das Neu-EK nichts ändern. Folglich bleibt Raum, das höher belastete EK vor der Umgliederung zu verbrauchen.

Dasselbe Problem stellte sich nicht bei der abermaligen Tarifabsenkung vom EK 50 ins EK 45 vom VZ 1994 an. Denn für diese letztere Absenkung hat der Gesetzgeber dafür Sorge getragen, dass nur noch das umgegliederte EK verwendbar bleibt: In § 54 Abs. 11 Satz 6 KStG 1999 ist dies ausdrücklich bestimmt.

2.Unbeantwortet blei...

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