Leitsatz

1. Nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der 6. EG-RL kann ein von einem Privatlehrer erteilter Schul- und Hochschulunterricht auch dann von der Steuer zu befreien sein, wenn der Privatlehrer seine Unterrichtsleistung nicht direkt an die Schüler oder Hochschüler als Leistungsempfänger, sondern an eine Schule oder Hochschule erbringt.

2. Der Begriff „Schul- und Hochschulunterricht” i.S.v. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der 6. EG-RL erfasst

  • Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt sowie
  • andere Tätigkeiten, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler oder Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben.

3. Schul- oder Hochschulunterricht wird i.S.v. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der 6. EG-RL „von Privatlehrern erteilt”, wenn die Lehrer dabei für eigene Rechnung und in eigener Verantwortung handeln.

 

Normenkette

§ 2 Abs. 1, § 2 Abs. 2 Nr. 1, § 4 Nr. 21, § 4 Nr. 22 UStG 1980, Art. 4 Abs. 1, Art. 4 Abs. 2, Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 1, Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i, Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der 6. EG-RL

 

Sachverhalt

Der Kläger erteilte als sog. „freier Mitarbeiter” an einer Volkshochschule „Schularbeitshilfe” und leitete Keramik- und Töpferkurse. Grundlage der -- nur bei ausreichender Zahl von Interessenten -- halbjährlich geschlossenen, auf Stundenbasis bezahlten Verträge war eine Honorarordnung. Danach erhielten freie Mitarbeiter unter bestimmten Voraussetzungen einen Zuschuss zu den Kos­ten ihrer Kranken- bzw. Rentenversicherung und hatten Anspruch auf prozentual bemessene Ur­laubsabgeltung. Sozialversicherungsbeiträge und Steuern wurden nicht einbehalten. Ein Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall sowie bei sonstiger Verhinderung bestand nicht.

Das FA beurteilte die Leistungen als steuerpflichtig. Die Klage hatte keinen Erfolg (EFG 2004, 776).

 

Entscheidung

Die Voraussetzungen der Befreiung nach dem für den Streitfall noch geltenden UStG 1980 lagen offensichtlich nicht vor. Die Feststellungen des FG erlaubten nicht die -- auf tatsächlichem Gebiet liegende -- Beurteilung der Frage, ob es sich um Freizeitangebote handelte (nicht bei der Schularbeitshilfe, aber bei den Töpfer- und Keramikkursen zweifelhaft). Zweifelhaft ist insbesondere wegen der arbeitnehmerähnlichen Stellung des ­Klägers, ob er auf eigene Rechnung und Verantwortung tätig war. Das muss das FG feststellen.

 

Hinweis

1. Die Besprechungsentscheidung betrifft die Steuerbefreiung für die Erteilung von Schularbeitshilfe sowie Keramik- und Töpferkursen in Erwachsenenbildungseinrichtungen durch einen freien Mitarbeiter an einer Volkshochschule.

a) Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der 6. EG-RL kam -- ebenso wie die Befreiung im UStG für Privatschulen -- schon deshalb nicht in Betracht, weil es insoweit an der hierfür erforderlichen „Anerkennung” durch den Mitgliedstaat als Einrichtung mit vergleichbarer Zielsetzung fehlte.

b) Die Steuerbefreiung für selbstständige Lehrer an öffentlichen allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen wurde -- in Anpassung an das Gemeinschaftsrecht (Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der 6. EG-RL: Steuerbefreiung für von Privatlehrern erteilter „Schul- und Hochschulunterricht”) -- erst durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 im UStG (§ 4 Nr. 21 Buchst. b UStG) geregelt. Für Zeiträume vorher -- wie im entschiedenen Fall -- existierte nur eine Verwaltungsregelung und die Möglichkeit der Berufung auf die Richtlinie.

2. Zur Auslegung des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der 6. EG-RL (Steuerbefreiung für von Privatlehrern erteilter „Schul- und Hochschulunterricht”) hatte der EuGH auf das den vorliegenden Fall betreffenden Vorabentscheidungsersuchen des BFH mit Urteil vom 14.06.2007, Rs. C-445/05 -- Haderer -- (HFR 2007, 806) entschieden. Danach sind die Begriffe Schule und Hochschule nicht unter Berücksichtigung des nationalen Bildungssystems auszulegen. Zu deren Auslegung genügt -- so der EUGH -- die Feststellung: Der gemeinschaftliche Begriff „Schul- und Hochschulunterricht” beschränkt sich nicht auf Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führe oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern schließt andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler oder Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben (Rd.Nr. 26).

Die Befreiung erfordert keine unmittelbaren Vertragsbeziehungen zwischen den Teilnehmern des Unterrichts und dem Lehrer. Daran würde es regelmäßig schon beim privaten Unterricht von Kindern fehlen. Die gemeinschaftsrechtliche Befreiung setzt lediglich voraus:

  • dass es sich dabei um die Erteilung von Schul- oder Hochschulunterricht im ...

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