Leitsatz

Der innergemeinschaftliche Erwerb eines neuen Kfz durch Bedienstete des EWI kann auch dann nach § 4b Nr. 3 UStG 1993 i.V.m. Art. 10 des EWI-Sitzabkommens von der USt befreit sein, wenn der Pkw zwar erst nach Aufnahme der Beschäftigung beim EWI erworben, aber als Übersiedlungsgut innerhalb der Frist nach dieser Bestimmung des Abkommens "eingeführt" wurde.

 

Normenkette

§ 1 Abs. 1 Nrn. 4 und 5, § 1a Abs. 1 Nr. 1, § 1b Abs. 1, § 1b Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1, § 3 Abs. 6 Sätze 1 und 2, § 3d Satz 1, § 4b Nr. 3 UStG, Art. 14 Abs. 1 Buchst. d und g, Art. 28a Abs. 3, Art. 28c Teil B Buchst. b der 6. EG-RL, Art. 10 EWI-Sitzabkommen

 

Sachverhalt

Die Klägerin (Wohnung in Dänemark) erhielt eine Anstellung beim EWI. Unmittelbar vor ihrem Umzug erwarb sie einen fabrikneuen Pkw, den ihr Mann mit einer kurzen Unterbrechung zum neuen Wohnsitz fuhr. Die Klägerin wehrte sich gegen die Fahrzeugeinzelbesteuerung des FA und berief sich auf die verschiedenen Privilegien der Europäischen Bediensteten.

 

Entscheidung

Der BFH gab der Klägerin recht. Ob auch das Privilegienprotokoll dieselbe Begünstigung ermöglicht hätte, brauchte der BFH nicht mehr zu prüfen.

 

Hinweis

Die Entscheidung betrifft (nur) den privilegierten innergemeinschaftlichen Erwerb von neuen Fahrzeugen nach Art. 12 des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften – Privilegienprotokoll – oder Art. 10 des Abkommens zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und dem Europäischen Währungsinstitut über den Sitz des Instituts – EWI-Sitzabkommen.

1. Als innergemeinschaftlicher Erwerb wird der Erwerb eines neuen Pkw durch eine Privatperson besteuert. Bewirkt wird er dort, wo sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet (§ 3d Satz 1 UStG). Eine kurzfristige Unterbrechung der Beförderung ist unschädlich.

2. Nach § 4b Nr. 3 UStG, Art. 28c Teil B Buchst. b der 6. EG-RL ist steuerfrei der innergemeinschaftliche Erwerb der Gegenstände, deren Einfuhr (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG, Art. 2 Nr. 2, Art. 7 der 6. EG-RL) nach den für die EUSt geltenden Vorschriften (§ 5 UStG, Art. 14 Abs. 1 der 6. EG-RL) steuerfrei wäre.

Nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. g der 6. EG-RL ist u.a. steuerfrei: Die Einfuhr von Gegenständen ...

  • "durch internationale Einrichtungen, die von den Behörden des Aufnahmelands als solche anerkannt sind, sowie von den Mitgliedern dieser Einrichtungen, und zwar in den Grenzen und zu den Bedingungen, die in den internationalen Übereinkommen über die Gründung dieser Einrichtungen oder in den Abkommen über den Sitz festgelegt sind. ..."

Soweit hier von Interesse, bestimmt das E WI-Sitzabkommen in Art. 10:

"Bei erstmaliger Aufnahme ihrer Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland werden Bedienstete des EWI ... hinsichtlich der Einfuhr von in ihrem Besitz befindlichem Übersiedlungsgut von der Zahlung von Einfuhrabgaben befreit. Das Gleiche gilt für Kfz, jedoch hinsichtlich deren Einfuhr aus Drittländern nur, wenn sie dort vor der Einfuhr mindestens für einen Zeitraum von sechs Monaten von dem Bediensteten benutzt worden sind. Derartige Waren sind i.d.R. innerhalb von zwölf Monaten nach der ersten Einreise solcher Personen in die Bundesrepublik Deutschland einzuführen; in begründeten Fällen wird diese Zeitspanne jedoch verlängert. ..."

3. Das EWI-Sitzabkommen setzt lediglich voraus, dass sich das Übersiedlungsgut "bei der Einfuhr" (also bis zu 12 Monate nach der ersten Einreise) im Besitz der Begünstigten befindet. Auf den Zeitpunkt der Aufnahme der Beschäftigung kommt es nicht – auch nicht bei der Berechnung der Sechsmonatsfrist – an. Die im Wortlaut des Satzes 2 klar angelegte Unterscheidung nach der Herkunft des Kfz aus dem Gemeinschaftsgebiet oder aus einem Drittland darf nicht nivelliert werden.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 28.9.2006, V R 65/03

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