Das Multiplikatorverfahren ist ein einfaches, schnell umzusetzendes und leicht nachvollziehbares Bewertungsverfahren. In seiner Grundform werden lediglich der Umsatz oder das EBIT (Earnings before Interest and Taxes) eines Jahres mit einem branchenspezifischen Faktor multipliziert. Kritiker führen hier u. a. an, dass ein einzelnes Jahr als Basis zu ungenau sei und auch die Multiplikatoren, v. a. beim Umsatz, eine zu große Spannbreite aufweisen – selbst innerhalb einer Branche.

In der Praxis gibt es Ansätze, um diese Nachteile zu vermeiden: Statt einem Jahr werden bis zu 6 Jahre berücksichtigt und es wird nur das EBIT als Basis für die Bewertung verwendet. Meist werden die vergangenen 2 Geschäftsjahre, das aktuelle Geschäftsjahr sowie 3 Planjahre gewählt. Da der Gewinn das Zinsergebnis enthält, muss er um Zinsaufwände und –erträge korrigiert werden. Zinserträge werden abgezogen, Zinsaufwendungen hinzugerechnet.

Bankschulden und mögliche Gesellschafterdarlehen werden subtrahiert, sofern diese vom Käufer übernommen werden. Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen werden nicht angesetzt, da hierfür keine Zinsen gezahlt werden. Vorhandene flüssige Mittel werden addiert.

Der Durchschnittsgewinn wird mit dem Branchenmultiplikator multipliziert.[1] Hier gibt es einen unteren und einen oberen Wert. Der untere Wert entspricht im Kern dem Branchenschnitt, der obere Wert dem besonders erfolgreicher Betriebe. Wer nur leicht über dem Branchenschnitt liegt, kann einen Mittelwert wählen. Der Unternehmenswert berechnet sich nach folgender Formel:

Unternehmenswert = (Durchschnitt der EBIT der Jahre × EBIT-Multiplikator) – zinstragende Verbindlichkeiten + flüssige Mittel

Gerade in kleinen, Inhabergeführten Unternehmen ist es immer wieder der Fall, dass viele Fäden nur beim Eigentümer zusammenlaufen. Dritte haben es daher schwer, ein Unternehmen "aus dem Stand" und ohne größere Anlaufschwierigkeiten zu übernehmen und zu führen. Deshalb sollten diese Punkte transparent gemacht werden.

Das führt in der Praxis zwar regelmäßig dazu, dass sich der berechnete Kaufpreis reduziert, oft um 50 % und mehr. Eine frühzeitig durchgeführte Risikoanalyse kann jedoch Risiken oder Abhängigkeiten deutlich reduzieren und man hat die Chance, bei den Verhandlungen noch einen erheblich höheren Preis zu erreichen. In der Praxis anzutreffende typische Abhängigkeiten und Risiken sind u. a.:

  • Alleinige Entscheidungsbefugnis des Inhabers in zentralen Fragen wie z. B. Ziele, Strategien, Gestaltung des Sortiments, Produktentwicklungen.
  • Nur oder überwiegend auf den aktuellen Inhaber zugeschnittenes Netzwerk von z. B. Geschäftspartnern, Kunden und Finanzierungspartnern.
  • Alleinige Entscheidung in Sachen Personal.
  • Kundenakquise und –pflege überwiegend durch den Inhaber.
  • Gestaltung von Abläufen und Prozessen durch den Inhaber.
  • Entscheidungen über Investitionen und Modernisierungsbedarf durch den Inhaber.
  • Abhängigkeiten von einzelnen Kunden und Produkten, schlechte Kunden-/Sortimentsstruktur.
  • "Schlummernde" Risiken wie Schadenersatzklagen, Patentstreitigkeiten oder Prozesse.
  • Mitarbeiterabwanderung bei einem Verkauf

Und natürlich gibt es bei jeden geplanten Verkauf Sachverhalte, die sich positiv auf den Preis auswirken können, z. B.

  • mögliche Kosten, die künftig entfallen, z. B. Gehälter für den aktuellen Inhaber, Beratungs- oder Standortkosten, die entfallen, etwa, wenn der Betrieb mit dem des Käufers fusioniert werden soll;
  • gute Kundenstruktur und Vernetzung, die übernommen werden können, wenn der aktuelle Inhaber noch für eine Übergangszeit zur Verfügung steht;
  • Ablösung von Schulden und anderen Verpflichtungen vor dem Verkauf, z. B. Pensionen.
 
Praxis-Tipp

Korrekturen in Excel-Anwendung "Unternehmensbewertung, Ertragswert- und Multiplikatorverfahren" integriert

Das Tabellenblatt "Korrekturen" in der Excel-Anwendung "Unternehmensbewertung, Ertragswert- und Multiplikatorverfahren" enthält ausgewählte Punkte sowie die Möglichkeit, den Gefährdungs- oder Abhängigkeitsgrad eines Unternehmens individuell abzubilden. Die dort gemachten Vorschläge und Punkte sowie die Prozentwerte der Abhängigkeit können beliebig geändert werden. Zwar gibt es für das Multiplikatorverfahren sog. bewertungsrelevante Fragen, die auf den einschlägigen Seiten zu finden sind. Allerdings sind die Fragen relativ allgemein gehalten und es ist nicht so gut nachvollziehbar, wie man zu einer Einschätzung gelangt ist. Daher ist es günstiger, das genannte Tabellenblatt zu nutzen, zumal dieses leicht individuell angepasst werden kann.

[1] Multiplikator, Quellen z. B.: https://www.dub.de/kmu-multiples/, https://www.finance-magazin.de/research/multiples/, Abrufdatum 30.1.2019.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge