Leitsatz

Ein Erblasser oder Schenker war nur dann i.S.d. § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG a.F. unmittelbar am Nennkapital einer Kapitalgesellschaft beteiligt, wenn er zivilrechtlich deren Gesellschafter war.

 

Normenkette

§ 10 Abs. 1 Satz 3 a.F., § 10 Abs. 1 Satz 4 n.F., § 13a Abs. 4 Nr. 3 a.F. ErbStG, § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO, § 124 Abs. 1 HGB

 

Sachverhalt

Der Kläger war im Jahr 2005 alleiniger Gesellschafter der GmbH 1 und GmbH 2 und ferner Komplementär der im Handelsregister eingetragenen GmbH & Co. KG (KG). An der KG waren ferner als Komplementärin ohne Einlage die GmbH 3 und als Kommanditist ein Sohn des Klägers beteiligt. Die KG, die ihrerseits die alleinige Gesellschafterin der GmbH 3 war, war lediglich vermögensverwaltend tätig. Im Dezember 2005 wurde die Beteiligung des Klägers am Festkapital der KG in der Weise erhöht, dass der Kläger seine Geschäftsanteile an der GmbH 1 mit sofortiger Wirkung an die KG abtrat und ferner seine Anteile an der GmbH 2 an die KG veräußerte. Durch Schenkungs- und Nießbrauchsvertrag vom 28.12.2005 übertrug der Kläger mit Wirkung zum 31.12.2005 von seiner Beteiligung am Festkapital der KG einen Anteil auf S und weitere Anteile auf seine Ehefrau und seine übrigen sechs Kinder und übernahm die damit verbundenen Steuern.

Das FA setzte die Schenkungsteuer gegen den Kläger ohne Berücksichtigung der Steuervergünstigungen nach § 13a Abs. 1 und 2 ErbStG a.F. fest. Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte Erfolg. Das FG gab der Klage statt. Für die Gewährung dieser Begünstigungen genüge unter Berücksichtigung von § 10 Abs. 1 Satz 3 ErbStG a.F. und § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO sowie § 17 EStG die durch eine vermögensverwaltende Personengesellschaft vermittelte Berechtigung des Erblassers oder Schenkers (FG Köln, Urteil vom 16.11.2011, 9 K 3087/10, Haufe-Index 2886337, EFG 2012, 1079).

 

Entscheidung

Der BFH ist dem FG aus den in den Praxis-Hinweisen erläuterten Gründen nicht gefolgt. Er hat das FG-Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

 

Hinweis

Bislang war ungeklärt, ob die erbschaftsteuerliche Verschonung unternehmerischen Vermögens auch zu gewähren ist, wenn Gegenstand des Erwerbs Anteile an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft sind, die ihrerseits an einer Kapitalgesellschaft beteiligt ist. Im Kern geht es um die Frage, ob dem Begünstigungserfordernis der "unmittelbaren" Beteiligung des Erblassers oder Schenkers genügt ist. Der Erwerb von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft war nach dem – im Streitfall maßgebenden – § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG a.F. nur zu gewähren, wenn der Erblasser oder Schenker am Nennkapital der Gesellschaft unmittelbar beteiligt war. An dieser Befreiungsvoraussetzung hat sich auch nach der aktuellen Gesetzeslage (§ 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG n.F.) nichts geändert.

1.Das Erfordernis der unmittelbaren Beteiligung des Erblassers oder Schenkers bestimmt sich nach zivilrechtlichen, nicht nach ertragsteuerlichen Grundsätzen. Der Erblasser oder Schenker muss selbst Gesellschafter der Kapitalgesellschaft gewesen sein. Der Gesellschafter einer Personengesellschaft ist nicht allein deshalb unmittelbar an einer Kapitalgesellschaft beteiligt, weil die Personengesellschaft ihrerseits Gesellschafterin der Kapitalgesellschaft ist.

2. Dagegen ließe sich allerdings einwenden, dass nach § 10 Abs. 1 Satz 3 ErbStG a.F. (jetzt § 10 Abs. 1 Satz 4 ErbStG n.F.) der unmittelbare oder mittelbare Erwerb einer Beteiligung an einer Personengesellschaft, die nicht nach § 12 Abs. 5 ErbStG zu bewerten ist und also kein Betriebsvermögen hat, als Erwerb der anteiligen Wirtschaftsgüter gilt. Daraus könnte für § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG a. F., § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG n.F. abgeleitet werden, dass auch die durch eine vermögensverwaltende Personengesellschaft vermittelte Beteiligung den Anforderungen der erbschaftsteuerlichen Verschonungsregelungen genügt. Dieser durchaus kühne Gedanke ist jedoch weder mit der systematischen Stellung des § 10 ErbStG ("Steuerpflichtiger Erwerb") noch mit seinem Zweck oder Wortlaut des § 10 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG a.F., § 10 Abs. 1 Satz ErbStG n.F. vereinbar.

Auch aus der Zurechnungsregelung § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO lässt sich nicht herleiten, dass Gegenstand des Erwerbs die anteiligen Wirtschaftsgüter des Gesellschaftsvermögens der Personengesellschaft sein können. Die anteilige Zurechnung von im Gesamthandsvermögen gehaltenen Anteilen an einer Kapitalgesellschaft ist für die allein zivilrechtliche Frage der unmittelbaren Beteiligung eines Erblassers oder Schenkers an einer Kapitalgesellschaft ohne Bedeutung. Auch aus § 17 Abs. 1 EStG ergibt sich nichts anderes.

3. Die Beschränkung des § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG a.F., § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG n.F. auf Fälle, in denen der Erblasser oder Schenker als Gesellschafter am Nennkapital der Kapitalgesellschaft unmittelbar ­beteiligt ist, entspricht auch der Entstehungsgeschichte der Vorschrift und ist nicht sinnwidrig. Überdies stehen einer erweiternden Auslegung auch rechtsstaatliche Grenzen entgegen. Die richterliche Auslegung einer Beg...

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