Leitsatz

1. Kann der Einspruchsführer – mangels Zulässigkeit seines Rechtsbehelfs – die Einspruchsentscheidung des FA materiell durch das FG nicht überprüfen lassen, so gilt Gleiches für den zum Einspruchsverfahren Hinzugezogenen (Grundsatz der Akzessorietät).

2. Wird das Darlehen, das ein Nichtgesellschafter einer Personengesellschaft gewährt hat, in eine atypisch stille Beteiligung umgewandelt, so können dem stillen Gesellschafter ertragsteuerrechtlich Verluste nur in Höhe des gemeinen Werts der Darlehensforderung zum Zeitpunkt der Umwandlung zugewiesen werden.

3. Bei der Bestimmung des (gemeinen) Forderungswerts ist der Umstand zu berücksichtigen, ob das Unternehmen des Darlehensschuldners fortgeführt wird oder von der Liquidation bedroht ist.

 

Normenkette

§ 6, § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG

 

Sachverhalt

Die Kläger sind Erben des X. X hatte der W-GmbH & Co. KG (KG), deren alleiniger Kommanditist der Kläger zu 2 (= Sohn des X) war, 1979 ein nicht besichertes Darlehen i.H.v. 1 Mio. DM gewährt. Nachdem die KG in den Jahren ab 1979 erhebliche Verluste erzielt hatte und in eine finanzielle Krise geraten war, verpflichteten sich im Frühjahr 1982 mehrere Gläubigerbanken in einem "Poolvertrag", der KG Zusatzkredite unter der Voraussetzung zu gewähren, dass X sein Darlehen in eine atypisch stille Beteiligung umwandele. Letzteres geschah im April 1982. X war fortan mit 25 % am Gewinn und an den stillen Reserven sowie – bis zur Höhe seiner Einlage – am Verlust der KG beteiligt. Im November 1982 fiel die KG in Konkurs.

Im angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheid 1992 stellte das FA einen Verlust der KG fest, rechnete jedoch dem X lediglich einen Einkunftsanteil von 0 DM zu, weil die Darlehensforderung bereits im April 1992 wertlos gewesen sei. Das FG wies die Klage ab (vgl. EFG 2000, 669). Der BFH bestätigte die Vorentscheidung.

 

Entscheidung

Dem FG sei darin beizupflichten, dass dem X Verluste nur in Höhe des werthaltigen Teils der Darlehensforderung zum Zeitpunkt der Begründung der (atypisch) stillen Beteiligung zugerechnet werden könnten. Dies ergebe sich aus der Zweiteilung der Einkunftsarten in Gewinneinkünfte und Überschusseinkünfte mit der Folge, dass Wertverluste der Wirtschaftsgüter, die der Erzielung von Überschusseinkünften dienten, nur im Rahmen der allgemeinen Vorschriften über die AfA/AfS sowie nach Maßgabe der Sonderregelungen in den §§ 17, 23 EStG und § 21 UmwStG berücksichtigt werden könnten. Daraus folge für den Streitfall, dass die bis zur Umwandlung des Darlehens in eine (atypisch) stille Beteiligung eingetretene Wertminderung des der Erzielung von Kapitaleinkünften (§ 20 EStG) dienenden Darlehens außer Betracht bleiben müssten.

Die Würdigung des FG, das Darlehen sei im Zeitpunkt dieser Umwandlung wertlos gewesen, sei nicht zu beanstanden.

 

Hinweis

Der Kläger hatte seine Einlage als atypisch stiller Gesellschafter einer KG durch "Umbuchung" seines gegen die KG bestehenden Darlehensrückzahlungsanspruchs im Nennwert von 1 Mio. DM erbracht. Darin lag eine Sacheinlage. Der Darlehensrückzahlungsanspruch, der zum Privatvermögen des Klägers gehörte, war im Zeitpunkt der "Umbuchung" wegen Insolvenz der KG nicht mehr realisierbar und deshalb nur noch 0 DM wert. Gleichwohl meinte der Kläger, seine (Sach-) Einlage sei mit dem Nennwert des umgewandelten Darlehensanspruchs (1 Mio. DM) zu bewerten mit der Folge, dass ihm künftige Anteile am Verlust der KG bis zur Höhe dieses Betrags zugerechnet werden könnten.

Zwar haben die Gesellschafter zivilrechtlich (handelsrechtlich) bis zur Grenze des § 138 BGB die Möglichkeit, wertgeminderte Forderungen im Zuge deren Einlage mit ihrem Nennwert anzusetzen. (allgemeine Auffassung; vgl. z.B. Baumbach/Hopt, HGB, 30. Auflage, § 230 HGB Rz. 20, 22; Zutt in HGB – Großkommentar, 4. Auflage, § 230 Rz. 75, 78). Jedoch liegt auf der Hand, dass eine solche zivilrechtliche Überbewertung für das Steuerrecht nicht maßgebend sein kann. Anderenfalls hätten es die Steuerpflichtigen in der Hand, im Privatvermögen eingetretene und daher einkommensteuerrechtlich irrelevante Wertverluste nachträglich durch eine Einlage des betreffenden Wirtschaftsguts in das Betriebsvermögen in die betriebliche Sphäre zu verlagern.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 29.5.2001, VIII R 10/00

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