Kommentar

Zum 1.1.2020 wurden durch die sog. "Quick Fixes" der Europäischen Union Regelungen zu den innergemeinschaftlichen Reihengeschäften aufgenommen. In Deutschland wurden diese Vorgaben noch erweitert um Drittlandssachverhalte gesetzlich umgesetzt. Die Finanzverwaltung hat ihre ausführlichen Erläuterungen zu dem Themenkomplex der Reihengeschäfte umfassend überarbeitet und an die gesetzlichen Vorgaben angepasst.

Die rechtliche Problematik

Bei einem Reihengeschäft schließen mehrere Unternehmer (mindestens 2 Unternehmer) Liefergeschäfte über einen Gegenstand ab, der Gegenstand wird aber von einem der am Reihengeschäft beteiligten Personen unmittelbar vom ersten Unternehmer in der Reihe zum letzten Abnehmer in der Reihe befördert oder versendet. Bei einem solchen Reihengeschäft liegen jeweils separat zu beurteilende Lieferungen[1] der einzelnen Unternehmer in der Reihe vor. Die umsatzsteuerlichen Lieferungen folgen dem Rechnungslauf.

Das Reihengeschäft setzt voraus, dass die Beförderung oder Versendung des Gegenstands nur von einem an dem Reihengeschäft Beteiligten durchgeführt wird. Bei einer Warenbewegung, die von mehreren an dem Reihengeschäft beteiligten Personen durchgeführt wird (sog. gebrochene Beförderungen oder Versendungen[2]), liegt kein Reihengeschäft vor.

Wichtig

Die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung bezieht sich immer auf die Rechtsgeschäfte (Lieferungen). Die tatsächliche (körperliche) Warenbewegung ist nur für die Feststellung des Orts der jeweiligen Lieferungen und ggf. für die Feststellung einer Steuerbefreiung als Ausfuhrlieferung oder innergemeinschaftliche Lieferung von Bedeutung.

Von besonderer Bedeutung ist beim Reihengeschäft die Bestimmung des Orts der Lieferung. Bei einem Reihengeschäft liegt immer nur eine Beförderungs- oder Versendungslieferung vor, deren Ort sich nach § 3 Abs. 6 UStG (sog. bewegte Lieferung) bestimmt.[3] Die Orte aller anderen Lieferungen bei einem Reihengeschäft bestimmen sich nach § 3 Abs. 7 Satz 2 UStG (sog. ruhende Lieferungen). Abhängig davon, welche der am Reihengeschäft beteiligten Person den Gegenstand befördert oder versendet, ist die Zuordnung der bewegten Lieferung vorzunehmen.

Für die ruhenden Lieferungen ergeben sich nach § 3 Abs. 7 Satz 2 UStG grundsätzlich 2 verschiedene Lösungen:

  • § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 UStG: Eine ruhende Lieferung, die vor der Beförderungs- oder Versendungslieferung kommt, ist dort ausgeführt, wo die Warenbewegung tatsächlich beginnt.
  • § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 UStG: Eine ruhende Lieferung, die nach der Beförderungs- oder Versendungslieferung kommt, ist dort ausgeführt, wo die Warenbewegung endet.
Wichtig

Die Feststellung des Orts der Lieferung für die im Rahmen des Reihengeschäfts ausgeführten Lieferungen bestimmt sich immer in Abhängigkeit von der tatsächlichen Warenbewegung, nicht in Abhängigkeit von den Rechtsgeschäften. Damit ist insbesondere die Herkunft des mittleren Unternehmers (oder der mittleren Unternehmer) für die Ortsbestimmung unbeachtlich.

Insgesamt ergeben sich bei einem Reihengeschäft die folgenden Möglichkeiten:

 

Unternehmer 1

befördert/versendet

Unternehmer 2

befördert/versendet

Abnehmer A

befördert/versendet

Lieferung 1

(Unternehmer 1 an Unternehmer 2)

§ 3 Abs. 6a Satz 2 UStG:

Bewegte Lieferung.

Ort ist dort, wo die Warenbewegung beginnt; § 3 Abs. 6 UStG.

§ 3 Abs. 6a Satz 4 UStG:

Widerlegbare Vermutung, bewegte Lieferung. Ort ist dort, wo die Warenbewegung beginnt.

§ 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 UStG:

Ruhende Lieferung. Ort ist dort, wo die Warenbewegung beginnt.

Lieferung 2

(Unternehmer 2 an Abnehmer A)

§ 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 UStG:

Ruhende Lieferung. Ort ist dort, wo die Warenbewegung endet.

§ 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 UStG:

Ruhende Lieferung. Ort ist dort, wo die Warenbewegung endet, soweit Vermutung nach

§ 3 Abs. 6a Satz 5 ff. UStG nicht widerlegt.

§ 3 Abs. 6a Satz 3 UStG:

Bewegte Lieferung. Ort ist dort, wo die Warenbewegung beginnt;
§ 3 Abs. 6 UStG.

Wenn der erste Unternehmer in der Reihe den Gegenstand selbst befördert oder versendet, ist die von ihm ausgeführte Lieferung die Beförderungs- oder Versendungslieferung, deren Ort sich nach § 3 Abs. 6 UStG mit dem Ort bestimmt, an dem die Warenbewegung beginnt bzw. wo der Gegenstand dem beauftragten Dritten übergeben wird.[4] Alle anderen – danach folgenden – Lieferungen sind nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 UStG dort ausgeführt, wo sich der Gegenstand am Ende der Warenbewegung befindet.

Wichtig

Eine Steuerbefreiung als Ausfuhrlieferung oder als innergemeinschaftliche Lieferung kann nur für die Lieferung infrage kommen, die als Beförderungs- oder Versendungslieferung nach § 3 Abs. 6 UStG eingestuft worden ist. Bei einer ruhenden Lieferung kann eine solche Steuerbefreiung nie in Betracht kommen.[5]

Wenn der letzte Abnehmer in der Reihe den Gegenstand selbst befördert oder versendet, ist die an ihn ausgeführte Lieferung (die letzte Lieferung) die Beförderungs- oder Versendungslieferung, deren Ort sich nach § 3 Abs. 6 UStG mit dem Ort bestimmt, an dem die Warenbewegung beginnt bzw. wo der Gegenstand ...

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