OFD Koblenz, Verfügung v. 13.7.2006, S 7410 A - St 44 3

Aus weinrechtlichen Gründen schließen vermehrt Weingüter mit anderen Winzern Pachtverträge über deren Weinbergsflächen ab (Vermarktung Wein als Erzeugerabfüllung).

Die Pachtverträge weisen eine mehrjährige Laufzeit aus. I.d.R. obliegt nach den Pachtverträgen die Pflege und Unterhaltung der Rebanlagen dem Pächter. Dieser ist regelmäßig auch zur Instandhaltung der Rebanlagen sowie zu Neu- und Wiederbepflanzungen verpflichtet.

An die Pachtverträge sind häufig so genannte Bewirtschaftungsverträge gekoppelt, nach denen die Verpächter wiederum die Bewirtschaftung ihrer verpachteten Flächen durchzuführen haben. In diesem Zusammenhang übernehmen sie als Bewirtschafter die Ausführung aller anfallender Weinbergsarbeiten. Den Pächtern kommt hier i.d.R. ein Weisungsrecht hinsichtlich der Bewirtschaftung, wie z.B. Rebschnitt, Düngung, Pflanzenschutzmaßnahmen und Lesezeitpunkt zu.

Vor dem Hintergrund, dass sich Pacht- und Bewirtschaftungsverträge in unterschiedlichen Konstellationen bereits im Umlauf befinden, stellt sich die Frage, ob diese Verträge aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht auch als solche anzuerkennen oder ob die Vereinbarungen vielmehr auf den Kauf der Ernte ausgerichtet sind.

Aus umsatzsteuerlicher Sicht ist maßgeblich, ob nach dem der Leistung zugrunde liegenden Inhalt des Umsatzgeschäfts, den Vorstellungen der Parteien, dem wirtschaftlichen Gehalt des Leistungsvorgangs und der tatsächlichen Handhabung die Lieferung der Ernte oder aber die Elemente einer sonstigen Leistung/Dienstleistung (Verpachtung und Bewirtschaftung der Weinbergsanlagen) im Vordergrund stehen. Entscheidend ist, ob die Trauben aus wirtschaftlicher Sicht als Erzeugnis des Verpächters/Bewirtschafters oder des Pächters/Vermarkters zu sehen sind (Einzelfallbetrachtung).

Bei dieser Prüfung müssen unter anderem die nachfolgenden Faktoren einbezogen werden:

  • Inwieweit übt der Pächter eine Einflussnahme auf die Art der Bewirtschaftung aus.
  • Wer trägt aus wirtschaftlicher Sicht einen Ernteausfall aufgrund von Hagel- und Frosteinwirkungen, Schädlingsbefall und Krankheiten (bedeutender Faktor).
  • Handelt es sich bei den vereinbarten Vergütungen um ertrags- und qualitätsabhängige oder ertrags- und qualitätsunabhängige Entgelte (bedeutender Faktor).

In den Fällen, in denen der Pächter/Vermarkter die Bewirtschaftung bestimmt, er das Risiko der Urproduktion aus wirtschaftlicher Sicht zu tragen hat und er mit dem Verpächter/Bewirtschafter eine ertrags- und qualitätsunabhängige Vergütung vereinbart hat, liegt ein anzuerkennender Pacht- und Bewirtschaftungsvertrag vor, während im umgekehrten Fall die Verträge wirtschaftlich auf den Kauf der Ernte ausgerichtet sind.

In den Fällen, in denen Faktoren sowohl für einen Kaufvertrag als auch für einen Pacht- und Bewirtschaftungsvertrag sprechen, liegt ein Pacht- und Bewirtschaftungsverhältnis nicht vor, wenn nach dem Gesamtbild der Verhältnisse der Verkauf der Ernte gewollt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn sich das Entgelt für die Bewirtschaftung fast ausschließlich am Wert der Ernte orientiert.

Ist das Rechtsgeschäft zwischen den Vertragsparteien als Kaufvertrag zu werten, unterliegt der Verkauf der Ernte (Trauben) beim pauschalierenden Winzer nach § 24 Abs. 1 Nr. 3 UStG dem 9 %-igen Umsatzsteuersatz.

Besteht der Verkauf in der Ablieferung von Most oder Fasswein, kommt nach § 24 Abs. 1 Nr. 2 UStG der allgemeine Steuersatz zur Anwendung. Ggf. greift die Vereinfachungsregelung nach Abschnitt 268 UStR 2005.

Unter ertragsteuerrechtlichen Aspekten gilt es beim Weingut die Zukaufsgrenze zu prüfen.

Ist das Rechtsgeschäft jedoch als Pacht- und Bewirtschaftungsvertrag anzuerkennen, fällt das Pachtentgelt beim pauschalierenden Winzer nicht in den Anwendungsbereich des § 24 UStG (Einzelheiten hierzu und Übergangsregelungen enthält das BMF-Schreiben vom 28.11.2005, BStBl 2005 I S. 1065).

Das Entgelt für die Bewirtschaftung hingegen unterliegt als landwirtschaftliche Dienstleistung i.S.d. Anhangs B der 6. EG-Richtlinie ohne betragsmäßige Beschränkung dem Anwendungsbereich des 24 Abs. 1 Nr. 3 UStG, da der pauschalierende Winzer die Bewirtschaftungsleistung für einen anderen Land- und Forstwirt (Weingut) erbringt. Dies jedoch nur dann, wenn der pauschalierende Winzer noch mit weiteren Flächen (Eigentum bzw. angepachtete Grundstücke) einen aktiven Weinbaubetrieb betreibt.

Ggf. ist das im Rahmen der anzuerkennenden Pacht- und Bewirtschaftungsverträge vertraglich vereinbarte Entgelt im Rahmen einer Schätzung sachgerecht aufzuteilen.

Bezüglich der ertragsteuerrechtlichen Würdigung der Pacht- und Bewirtschaftungsverträge verweise ich auf die Textziffer 7 der Rundverfügung vom 21.11.2002, S 2233 A – St 31 1.

Besprechung zu dieser Verwaltungsanweisung

 

Normenkette

UStG § 24

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