Kommentar

Aus weinrechtlichen Gründen schließen vermehrt Weingüter mit anderen Winzern mehrjährige Pachtverträge über deren Weinbergsflächen ab. In der Regel obliegen Pflege, Unterhaltung und Instandsetzung der Rebanlagen sowie Neu- und Wiederbepflanzungen dem Pächter. An die Pachtverträge sind häufig Bewirtschaftungsverträge gekoppelt, wonach die Verpächter ihre verpachteten Flächen zu bewirtschaften haben und alle anfallenden Weinbergsarbeiten ausführen. Die Pächter haben regelmäßig ein Weisungsrecht hinsichtlich der Bewirtschaftung, z.B. bei Rebschnitt, Düngung, Pflanzenschutz und Lesezeitpunkt.

Vor dem Hintergrund, dass unterschiedliche Pacht- und Bewirtschaftungsverträge im Umlauf sind, stellt sich die Frage, ob diese Verträge umsatzsteuerrechtlich anzuerkennen sind. Umsatzsteuerlich ist maßgeblich, ob nach dem der Leistung zugrunde liegenden Inhalt des Umsatzgeschäfts, den Vorstellungen der Parteien, dem wirtschaftlichen Gehalt des Leistungsvorgangs und der tatsächlichen Handhabung die Lieferung der Ernte oder aber die Elemente einer sonstigen Leistung im Vordergrund stehen. Entscheidend ist, ob die Trauben aus wirtschaftlicher Sicht als Erzeugnis des Verpächters oder des Pächters zu sehen sind. Bei dieser Prüfung sind u.a. folgende Faktoren einzubeziehen:

  • Inwieweit beeinflusst der Pächter die Art der Bewirtschaftung?
  • Wer trägt aus wirtschaftlicher Sicht einen Ernteausfall aufgrund von Hagel- und Frosteinwirkungen, Schädlingsbefall und Krankheiten (bedeutender Faktor)?
  • Handelt es sich bei den vereinbarten Vergütungen um ertrags- und qualitätsabhängige oder ertrags- und qualitätsunabhängige Entgelte (bedeutender Faktor)?

In den Fällen, in denen der Pächter die Bewirtschaftung bestimmt, das wirtschaftliche Risiko der Urproduktion zu tragen hat und mit dem Verpächter eine ertrags- und qualitätsunabhängige Vergütung vereinbart hat, liegt ein anzuerkennender Pacht- und Bewirtschaftungsvertrag vor, während im umgekehrten Fall die Verträge wirtschaftlich auf den Kauf der Ernte ausgerichtet sind.

In den Fällen, in denen Faktoren sowohl für einen Kaufvertrag als auch für einen Pacht- und Bewirtschaftungsvertrag sprechen, liegt kein Pacht- und Bewirtschaftungsverhältnis vor, wenn nach dem Gesamtbild der Verhältnisse der Verkauf der Ernte gewollt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn sich das Entgelt für die Bewirtschaftung fast ausschließlich am Wert der Ernte orientiert.

Ist das Rechtsgeschäft zwischen den Vertragsparteien als Kaufvertrag zu werten, unterliegt der Verkauf der Ernte (Trauben) beim pauschalierenden Winzer nach § 24 Abs. 1 Nr. 3 UStG dem 9 %-igen Umsatzsteuersatz. Besteht der Verkauf in der Ablieferung von Most oder Fasswein, kommt nach § 24 Abs. 1 Nr. 2 UStG der allgemeine Steuersatz zur Anwendung. Gegebenenfalls greift die Vereinfachungsregelung nach Abschn. 268 UStR 2005.

Ist das Rechtsgeschäft als Pacht- und Bewirtschaftungsvertrag anzuerkennen, fällt das Pachtentgelt beim pauschalierenden Winzer nicht in den Anwendungsbereich des § 24 UStG[1]. Das Entgelt für die Bewirtschaftung unterliegt dagegen als landwirtschaftliche Dienstleistung § 24 Abs. 1 Nr. 3 UStG, da der pauschalierende Winzer die Bewirtschaftungsleistung für einen anderen Land- und Forstwirt erbringt. Dies jedoch nur dann, wenn der pauschalierende Winzer noch mit weiteren Flächen aktiv Weinbau betreibt.

Gegebenenfalls ist das im Rahmen der anzuerkennenden Pacht- und Bewirtschaftungsverträge vertraglich vereinbarte Entgelt im Rahmen einer Schätzung sachgerecht aufzuteilen.

 

Link zur Verwaltungsanweisung

OFD Koblenz, Verfügung vom 13.7.2006, S 7410 A – St 443

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