(1) 1Als eng mit der Betreuung oder Pflege körperlich, kognitiv oder psychisch hilfsbedürftiger Personen verbundene Umsätze einer Einrichtung sind Leistungen anzusehen, die für diese Einrichtungen nach der Verkehrsauffassung typisch und unerlässlich sind, regelmäßig und allgemein beim laufenden Betrieb vorkommen und damit unmittelbar oder mittelbar zusammenhängen (vgl. BFH-Urteil vom 01.12.1977 – V R 37/75, BStBl II 1978 S. 173).[1] 2Die Umsätze dürfen nicht im Wesentlichen dazu bestimmt sein, den Einrichtungen zusätzliche Einnahmen durch Tätigkeiten zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb zu steuerpflichtigen Umsätzen anderer Unternehmer stehen (vgl. EuGH-Urteil vom 01.12.2005, C-394/04 und C-395/04, Ygeia).

 

(2) Unter diesen Voraussetzungen können zu den eng verbundenen Umsätzen gehören:

 

1.

die stationäre oder teilstationäre Aufnahme von hilfsbedürftigen Personen, deren Betreuung oder Pflege einschließlich der Lieferungen der zur Betreuung oder Pflege erforderlichen Medikamente und Hilfsmittel z. B. Verbandsmaterial;

 

2.

die (ambulante) Betreuung, Pflege oder hauswirtschaftliche Versorgung (Einkaufen, Kochen, Verpflegen, Reinigen der Wohnung, Waschen der Kleidung) hilfsbedürftiger Personen (vgl. BFH-Urteil vom 22.04.2004 – V R 1/98, BStBl II S. 849);

 

3.

1die Lieferungen von Gegenständen, die im Wege der Arbeitstherapie hergestellt worden sind, sofern kein nennenswerter Wettbewerb zu den entsprechenden Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft besteht. 2Ein solcher Wettbewerb ist anzunehmen, wenn für den Absatz der im Wege der Arbeitstherapie hergestellten Gegenstände geworben wird;

 

4.

die Gestellung von Personal durch Einrichtungen nach § 4 Nr. 16 Satz 1 UStG an andere Einrichtungen dieser Art;

 

5.

Verpflegungsleistungen, die durch Werkstätten für behinderte Menschen an die Menschen mit Behinderung erbracht werden.

 

(3) Nicht zu den eng verbundenen Umsätzen gehören insbesondere:

 

1.

die entgeltliche Abgabe von Speisen und Getränken an Besucher;

 

2.

die Telefongestellung an hilfsbedürftige Personen, die Vermietung von Fernsehgeräten und die Unterbringung und Verpflegung von Begleitpersonen (EuGH-Urteil vom 01.12.2005, C-394/04 und C-395/04, Ygeia);

 

3.

1die Veräußerung des gesamten beweglichen Anlagevermögens und der Warenvorräte nach Einstellung des Betriebs (BFH-Urteil vom 01.12.1977 – V R 37/75, BStBl II 1978 S. 173). 2Es kann jedoch die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 28 UStG in Betracht kommen;

 

4.[2]

die Abgabe von Medikamenten und Hilfsmitteln gegen gesondertes Entgelt an ehemals stationär oder teilstationär untergebrachte körperlich, kognitiv oder psychisch hilfsbedürftige Personen;

 

(5[3]) 1Verpflegungsleistungen[4], insbesondere Lieferungen von Speisen, soweit sie eigenständige Leistungen darstellen (z. B. "Essen auf Rädern") (vgl. BFH-Urteil vom 01.12.2010 – XI R 46/08, BStBl II 2023 S. 269). 2Diese Leistungen unterliegen aber unter den Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 1 oder 8 UStG dem ermäßigten Steuersatz.

[1] Satz 1 neu gefasst durch BMF-Schreiben vom 12. Juli 2023 – III C 3 - S 7172/21/10003 :001 (2023/0634468), BStBl I S. 1505. Die Änderungen in den Abschnitten 4.16.1, 4.16.3, 4.16.4, 4.16.5 und 4.16.6 UStAE auf Grundlage der Änderungen in § 4 Nr. 16 UStG in der Fassung des Artikels 12 Nr. 2 Buchstabe b des Jahressteuergesetzes 2020 (JStG 2020) vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) sind auf Umsätze anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2020 erbracht wurden bzw. erbracht werden. Die Grundsätze der v. g. BFH-Urteile sind für Umsätze in allen offenen Fällen anzuwenden. Für Umsätze, die bis zum 31. Dezember 2023 erbracht werden, wird es – vorbehaltlich der Regelungen in den Rz. 6 und 7 – nicht beanstandet, wenn der Unternehmer seine Leistungen abweichend von den o. g. Ausführungen umsatzsteuerpflichtig behandelt bzw. behandelt hat. Die v. g. BFH-Urteile, die sich auf die bis einschließlich 2008 bestehende nationale Rechtslage beziehen, finden aufgrund der Neuregelung des § 4 Nr. 16 UStG durch das Jahressteuergesetz 2009 für Umsätze ab dem 1. Januar 2009 keine Anwendung. Die Grundsätze der Entscheidungen des BFH vom 18. August 2015 – V R 13/14, vom 13. Juni 2018 – XI R 20/16 und vom 7. Dezember 2016 – XI R 5/15, sind, soweit die darin vertretene Rechtsauffassung durch das BFH-Urteil vom 24. Februar 2021 – XI R 30/20 (XI R 11/17) geändert wurde, nicht anzuwenden.

Die bisherige Fassung des Satzes 1 lautete:

1Als eng mit dem Betrieb von Einrichtungen zur Betreuung oder Pflege körperlich, geistig oder seelisch hilfsbedürftiger Personen verbundene Umsätze sind Leistungen anzusehen, die für diese Einrichtungen nach der Verkehrsauffassung typisch und unerlässlich sind, regelmäßig und allgemein beim laufenden Betrieb vorkommen und damit unmittelbar oder mittelbar zusammenhängen (vgl. BFH-Urteil vom 01.12.1977 – V R 37/75, BStBl II 1978 S. 173).

[2] Nummer 4 neu gefasst durch BMF-Schreiben vom 12. Juli 2023 – III C 3 - S 7172/21/10003 :001 (2023/0634468), BStBl I S. 1505. Die Änderungen in den Abschnit...

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