1. Nur Prüfung des Leistungsortes

Eigene Formulierung der Vorlagefrage: Der EuGH stellte dementsprechend in der Einleitung zu seiner Entscheidung vom 20.1.2021,[22] in der er sein Verständnis der Vorlagefrage wiedergab, klar, dass das vorlegende Gericht wissen wolle, ob Art. 56 Abs. 2 MwStSystRL dahin auszulegen sei, dass die Überlassung eines dem Unternehmen des Steuerpflichtigen zugeordneten Fahrzeugs an dessen Arbeitnehmer in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie (also Art. 56 Abs. 2 MwStSystRL) falle, wenn der Arbeitnehmer dafür weder eine Zahlung erbringe noch einen Teil seiner Vergütung dafür verwende und das Recht zur Nutzung des Fahrzeugs nicht mit seinem Verzicht auf andere Vorteile verbunden sei.[23]

Auslegung von Art. 56 MwStSystRL: Er machte also deutlich, dass er allein eine Frage zum Leistungsort (also zu Art. 56 Abs. 2 MwStSystRL) beantworte und zwar unter der Prämisse, dass die aufgezählten Gegenleistungen – also die Zahlung, die Verwendung eines Teils der Vergütung und der Verzicht auf andere Vorteile (im Folgenden: "Zahlung und Verzicht") nicht vorlägen.[24]

Keine Auslegung von Art. 2 MwStSystRL: Zu dem Zusatz, den das FG zur Arbeitsleistung gemacht hatte ("... kein Entgelt leistet, das nicht in seiner (teilweisen) Arbeitsleistung besteht ..."[25]) äußerte er sich in der Sache nicht.[26]

[22] EuGH v. 20.1.2021 – C-288/19 – QM, UR 2021, 147. Zu dieser Entscheidung vgl. u.a. Neeser, UVR 2021, 189; Oldiges, DB 2021, 588; Monfort, UR 2021, 147 (150).
[23] EuGH v. 20.1.2021 – C-288/19 – QM, UR 2021, 147 Rz. 23.
[24] Anders noch der Generalanwalt, der im ersten Teil seiner Antwort explizit zur Frage der Entgeltlichkeit Stellung genommen hatte; vgl. EuGH, Schlussanträge des GA Szpunar v. 17.9.2020 – C-288/19 – QM, Rz. 68.
[25] Zur Vorlagefrage s. oben II.
[26] Marzinowski/Möser, MwStR, 2022, 93 (97).

2. Entgeltlichkeit

a) Sachverhaltsvorgabe des FG bzgl. Zahlung und anderer Vorteile

Vermietung nur bei Entgeltlichkeit: Mit Blick auf die vorgelegte Frage stellte der EuGH zunächst fest, dass ein Vermietungsumsatz i.S.d. der genannten Vorschrift nur dann vorliegen könne, wenn es sich um einen entgeltlichen Umsatz (Art. 2 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL, § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG) handele. Es müsse also insbesondere ein Mietzins gezahlt werden.[27]

Keine Gegenleistung in Form von "Zahlung und Verzicht": Ob ein entgeltlicher Umsatz vorlag oder nicht, beantwortete er dann – entsprechend seinem Verständnis der Vorgaben durch die Vorlagefrage – (allein) unter Berücksichtigung von "Zahlung und Verzicht". So führte er aus:

„Im vorliegenden Fall bezieht sich das vorlegende Gericht in seiner Vorlagefrage auf eine Fahrzeugüberlassung, für die der Mitarbeiter weder eine Zahlung leistet noch einen Teil seiner Barvergütung verwendet und auch nicht nach einer Vereinbarung zwischen den Parteien, wonach der Anspruch auf Nutzung des Firmenfahrzeugs mit dem Verzicht auf andere Vorteile verbunden ist, zwischen verschiedenen vom Steuerpflichtigen angebotenen Vorteilen gewählt hat.

Somit kann diese Leistung vorbehaltlich der vom vorlegenden Gericht vorzunehmenden Sachverhaltsprüfungen nicht als eine Dienstleistung gegen Entgelt im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112 eingestuft werden.”[28]

Der Gerichtshof prüfte also nicht, ob "Zahlung und Verzicht" vorlagen, sondern nahm es für vorgegeben, dass das nicht der Fall war ("... bezieht sich das vorlegende Gericht ..."). Daran schloss er die Feststellung an, es liege "somit" für die Fahrzeugüberlassung kein Entgelt vor.

Aber weitere Sachverhaltsprüfung erforderlich: Allerdings machte er diese Feststellung "vorbehaltlich der vom vorlegenden Gericht vorzunehmenden Sachverhaltsprüfungen", was so zu verstehen ist, dass das FG noch einmal prüfen sollte, ob der vorgetragene Sachverhalt mit der Berücksichtigung von "Zahlung und Verzicht" abschließend erfasst worden sei.

Arbeitsleistung und Gehaltsverzicht: Das schien für den EuGH insbesondere im Hinblick auf die Beurteilung der Arbeitsleistung des A als Gegenleistung relevant zu sein.[29] Offenbar schien das aber auch im Hinblick darauf, dass der A tatsächlich auf einen Teil seines Gehalts verzichtet hatte, von Bedeutung zu sein.[30]

[27] S. auch unten III.4.
[28] EuGH v. 20.1.2021 – C-288/19 – QM, UR 2021, 147, Rz. 31 f.
[29] S. nachfolgend III.2.b. Kritisch Monfort, UR 2022, 846 (851).
[30] S. dazu unten V.2.b.

b) Keine Feststellungen bzgl. Arbeitsleistung

Was die Arbeitsleistung des A angeht, prüfte der Gerichtshof jedenfalls nicht, ob sie als Gegenleistung für die Überlassung des Fahrzeugs zur privaten Nutzung zu qualifizieren war.[31]

[31] Die Arbeitsleistung kam aber, wie nachfolgend dargestellt, als Gegenleistung durchaus in Betracht. Vgl. auch Pogodda-Grünwald, MwStR 2021, 199 (202).

aa) Arbeitsleistung des Arbeitnehmers kann zwar Gegenleistung sein, ...

Arbeitsleistung ...: Der Gerichtshof geht zwar in seiner Rechtsprechung davon aus, dass die Arbeitsleistung eines Arbeitnehmers potentiell eine Gegenleistung im Sinne eines entgeltlichen Umsatzes sein kann. Das hat er u.a. in seinen Entscheidungen Fillibeck und Medicom bestätigt.[32]

... kommt selbstverständlich als Gegenleistung in Betracht: Dass auch die Arbeitsleistung eine Gegenleistung sein kann, ist eigent...

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