Reicht der Aktivnachlass nicht zur Begleichung der gesamten Vergütung des berufsmäßigen Nachlasspflegers aus (sog. "teilmittelloser Nachlass"), ist der Nachlass gem. § 1915 Abs. 1 Satz 1 BGB in entspr. Anwendung des § 1836d Nr. 1 BGB als mittellos anzusehen mit der Folge, dass sich der gesamte Vergütungsanspruch gem. § 1915 Abs. 1 Satz 2 BGB ausschließlich nach § 3 VBVG berechnet.

OLG Oldenburg v. 26.2.2021 – 3 W 120/20

BGB § 1915, § 1836, § 1836d; VBVG § 3

Beraterhinweis Ob bei einem "teilmittellosen Nachlass" der Vergütungsanspruch des berufsmäßig tätigen Nachlasspflegers wie bei einem vermögenden Nachlass bis zur vollständigen Erschöpfung gem. § 1915 Abs. 1 Satz 2 BGB nach einem höherem Stundensatz festzusetzen ist (so OLG Stuttgart v. 29.5.2017 – 8 W 110/17, FamRZ 2018, 537; OLG Frankfurt v. 29.6.2018 – 21 W 75/18, FamRZ 2019, 393; OLG Düsseldorf v. 8.11.2019 – 3 Wx 62/18, FamRZ 2020, 873; OLG Hamburg v. 14.10.2019 – 2 W 72/19, FGPrax 2020, 86; Weidlich in Palandt, § 1960 Rz. 24; Reinert, ErbR 2021, 97) oder ob der Nachlass insgesamt als mittellos anzusehen ist, so dass sich der Vergütungsanspruch einheitlich nach den niederen Stundensätzen des § 3 VBVG berechnet (so OLG Celle v. 20.3.2020 – 6 W 142/19, FamRZ 2020, 1030; OLG Braunschweig v. 28.10.2020 – 6 W 142/19, FGPrax 2020, 279; Zimmermann, FamRZ 2018, 738), ist äußerst umstritten. Richtigerweise ist auch ein "teilmittelloser Nachlass" gem. §§ 1915 Abs. 1 Satz 1, 1836d Nr. 1 BGB insgesamt als mittellos anzusehen. Der Nachlasspfleger wird auf diese Weise davor bewahrt, seinen Vergütungsanspruch teilweise gegen den Nachlass und teilweise gegen die Staatskasse geltend machen zu müssen. Er erhält dadurch zwar insgesamt eine geringere Vergütung. Im Hinblick auf den Sinn und Zweck der Nachlasspflegschaft stellt dies aber keine ungerechtfertigte Benachteiligung des Nachlasspflegers dar.

Im Hinblick auf die abweichenden Rechtsauffassungen anderer OLG wurde vom OLG Oldenburg, vom OLG Braunschweig und vom OLG Celle jeweils die Rechtsbeschwerde gem. § 70 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 FamFG zugelassen. Im letzteren Fall ist diese beim BGH unter Az. IV ZB 16/20 anhängig.

 

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