Normenkette

BGB §§ 1836d, 1915 Abs. 1 S. 2; VBVG

 

Verfahrensgang

Notariat Tübingen (Entscheidung vom 21.02.2017; Aktenzeichen NG IV 77/2015)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Bezirksrevisorin des Landgerichts Tübingen gegen den Beschluss des Notariats Tübingen vom 21.02.2017, Az. NG IV 77/2015, wird zurückgewiesen.

2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

 

Gründe

I. Über den Nachlass des Erblassers wurde mit Beschluss vom 26.10.2015 Nachlasspflegschaft angeordnet und der Beteiligte zu 1, ein Rechtsanwalt, zum Nachlasspfleger bestellt, der die Pflegschaft berufsmäßig führen sollte. Dieser ermittelte ein Testament sowie die beiden danach berufenen Erben. Des Weiteren erstellte er ein Nachlassverzeichnis, gemäß dem der Nachlass zwar nicht mittellos, aber überschuldet war. So standen festgestellten Aktiva in Höhe von ursprünglich 3.247,85, jetzt noch 2.351,17 EUR Passiva i.H.v. 299.255,97 EUR gegenüber. Die beiden festgestellten Erben schlugen die Erbschaft formgerecht aus.

Der Nachlasspfleger legte Rechnung und beantragte, seine Vergütung auf der Grundlage seines ebenfalls eingereichten Tätigkeitsverzeichnisses festzusetzen. Er ermittelte einen insgesamt erbrachten Tätigkeitsumfang von 60 Stunden, von denen er 19,75 Stunden zum Stundensatz von gerundet 100 EUR netto zur Zahlung aus dem Nachlass festgesetzt haben wollte, was wertmäßig dem gesamten Aktivnachlass entspreche. Den restlichen Anteil von 40,25 Stunden begehrte er zu einem Stundensatz von 33,50 EUR brutto und einem daraus resultierenden Betrag von 1.604,57 EUR gegen die Staatskasse festzusetzen.

Trotz von der Bezirksrevisorin gegen diese Vorgehensweise erhobenen Einwendungen setzte das Nachlassgericht - nach Prüfung des Tätigkeitsverzeichnisses - unter Aufhebung der Nachlasspflegschaft die Vergütung durch Beschluss vom 21.2.2017 antragsgemäß fest.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Bezirksrevisorin. Sie macht unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens geltend, es liege hier ein Fall von Mittellosigkeit vor, da der vorhandene Nachlass nicht ausreiche, um die Vergütung des Nachlasspflegers vollständig zu befriedigen. Daher sei von einem einheitlichen Vergütungssatz von 33,50 EUR netto pro Stunde auszugehen, was zu einem Gesamtanspruch in Höhe von 2.391,90 EUR führe. Nur soweit der vorhandene Nachlass nicht ausreiche, die so berechnete Vergütung zu befriedigen, sei die Staatskasse heranzuziehen. Dies sei rechnerisch i.H.v. 40,73 EUR der Fall.

Der vom Nachlassgericht zur Stützung seiner Auffassung herangezogene Beschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 31. Oktober 2014,14 Wx 56/13 betreffe einen Sonderfall, in dem der Nachlasspfleger von dem ursprünglich werthaltigeren Nachlass einen Teilbetrag von knapp 2.000 EUR mit Einverständnis des Nachlassgerichts zur Begleichung von Beerdigungskosten verwandt hatte.

II. Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Die Vergütungsberechnung des Nachlassgerichts ist nicht zu beanstanden.

Der von der Bezirksrevision geforderte einheitliche Vergütungssatz für Nachlass und Staatskasse würde zu dem krassen Ergebnis führen, dass der Vergütungszuwachs des Nachlasspflegers für eine hinzukommende Arbeitsstunde mit Erschöpfung des Aktivnachlasses schlagartig negativ würde. Bezogen auf den konkreten Fall hätte dies bedeutet, dass die Vergütung des Nachlasspflegers ab Überschreiten des Maximalumfangs des Aktivnachlasses von 2.351,17 EUR, somit nach Erreichen von knapp 20 Tätigkeitsstunden zunächst nicht weiter angestiegen, soweit man dem Nachlasspfleger nicht zugestünde, den gesamten Aktivnachlass in jedem Fall behalten zu dürfen, sogar gefallen wäre. Ein weiteres Ansteigen seiner Vergütung wäre in jedem Fall erst dann zu erwarten, wenn sich auch auf der Basis des reduzierten Stundensatzes von 33,50 EUR netto (entspricht 39,86 EUR brutto) eine Überschreitung des Betrages von 2.351,17 EUR ergäbe, was erst bei einer Stundenzahl von 59,88 der Fall gewesen wäre.

Die Berechnungsweise der Bezirksrevisorin führte also wirtschaftlich dazu, dass Nachlasspflegern angesonnen würde, - zumindest phasenweise - ohne (weitere) Vergütung zu arbeiten. Eine solche Berechnungsweise würde der auch verfassungsrechtlich garantierten (Art. 12 GG) Berufsausübungsfreiheit nicht gerecht.

Da ein solcher Sprung in der Gesamtvergütung die zwangsläufige Folge eines einheitlichen Vergütungssatzes wäre, der sich mit dem Überschreiten des Aktivnachlasses - einheitlich bezogen auf die Gesamtvergütung - verringert, ist der vom Nachlassgericht im Einklang mit OLG Karlsruhe praktizierte gespaltene Vergütungssatz einzig sachgerecht. Bei seiner Anwendung steigt die Gesamtvergütung des Nachlasspflegers mit jeder zusätzlichen Tätigkeitsstunde - wie geboten - kontinuierlich an, wenngleich sich der Anstieg freilich ab Erreichen des Aktivnachlasses flacher darstellt.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 70 Abs. 2 Satz 1 FamFG) liegen nicht vor.

 

Fundstellen

Haufe-Index 11348369

ZEV 2017, 710

ErbR 2018, 174

ZErb 2017, 255

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