rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer 1993

 

Tenor

1. Der Einkommensteuerbescheid für 1993 vom 30.09.1994 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.02.1995 wird geändert und die Einkommensteuer 1993 auf 1.226,– DM festgesetzt.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt das Finanzamt.

3. Das Urteil ist wegen der erstattungsfähigen Kosten vorläufig vollstreckbar. Das Finanzamt darf die Vollstreckung durch Hinterlegung oder Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leisten.

 

Tatbestand

Die Kläger sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Der Kläger bezog im Streitjahr (1993) Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Die Klägerin, die früher als Krippenerzieherin nichtselbstständig tätig war, bezog im Streitjahr in Höhe von 13.904,– DM Arbeitslosengeld. Sie unternahm vom 24.04.1993 bis zum 24.10.1993 eine Weiterbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin. Die dadurch entstandenen Aufwendungen von 1.742,– DM machte sie als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit geltend. Dem folgte der Beklagte (das Finanzamt – FA –) nicht.

Das Finanzamt bezog das Arbeitslosengeld unter Abzug des Arbeitnehmerpauschbetrages von 2.000,– DM gem. § 32 b Abs. 2 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes in den Progressionsvorbehalt ein. Der Einspruch blieb erfolglos.

Mit der Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter, Fortbildungskosten in Höhe von 1.742,– DM als vorab entstandene Werbungskosten zu berücksichtigen. Ein Abzug des Arbeitnehmerpauschbetrags von 2.000,– DM komme nicht in Betracht, da die Klägerin keine Einnahmen erzielt habe. Die Werbungskosten von 1.742,– DM führten zu negativen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit. Nur der restliche Betrag in Höhe von 258,– DM (2.000,– DM minus 1.742,– DM) wirke sich noch im Rahmen der Berechnung des Progressionsvorbehaltes gemäß § 32 b Abs. 2 Nr. 1 EStG aus.

Kläger beantragen sinngemäß,

den Einkommensteuerbescheid 1993 vom 30.09.1994 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.02.1995 zu ändern und die Einkommensteuer 1993 auf 1.226,– DM festzusetzen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung nimmt es auf seine Einspruchsentscheidung Bezug. Es meint, die Klägerin habe für 1993 nur tatsächliche Aufwendungen bis 1.742,– DM geltend gemacht. Diese führten jedoch im Streitfall im Rahmen der Zusammenveranlagung nicht zu negativen Einkünften aus nicht selbstständiger Tätigkeit. Vielmehr kürzten die Werbungskosten nach § 9 EStG die Lohnersatzleistungen der Klägerin, da sie keine steuerpflichtigen Einkünfte nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 EStG erzielt habe.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Das Finanzamt hat es unzutreffend abgelehnt, Fortbildungsaufwendungen in Höhe von 1.742,– DM als vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften der Klägerin aus nichtselbstständiger Arbeit abzuziehen.

1. Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit bilden Werbungskosten grundsätzlich alle Aufwendungen, bei denen objektiv ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit diesen Einkünften besteht und die subjektiv zur Förderung dieser Einkünfte gemacht werden (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, vgl. BFH-Urteil vom 04.06.1991 IX R 30/89, BStBl II 1991, 761 m. w. N.). Auch bereits vor dem Anfall von Einnahmen können Aufwendungen als vorab entstandene Werbungskosten abgezogen werden, sofern ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart besteht, in deren Rahmen der Abzug begehrt wird. Ein solcher Abzug ist von dem Zeitpunkt an gegeben, zu dem sich anhand objektiver Umstände feststellen lässt, dass der Entschluss, Einkünfte einer bestimmten Einkunftsart zu erzielen, endgültig gefasst worden ist (BFH-Urteile vom 29.11.1983 VIII R 96/81, BFHE 140, 208, BStBl II 1994, 303; vom 04.06.1991 IX R 30/89, BStBl II 1991, 761).

Im Streitfall können die Aufwendungen für die berufliche Fort- und Weiterbildung als vorab entstandene Werbungskosten abgezogen werden. Hierunter fallen Ausgaben, die ein Steuerpflichtiger tätigt, um in seinem Beruf auf dem Laufenden zu bleiben, den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden und so in dem ausgeübten Beruf besser vorwärts zu kommen (BFH-Urteil vom 07.11.1980 VI 50/79, BFHE 132, 49, BStBl II 1981, 216, BFH-Urteil vom 24.04.1992 VI R 131/89, BStBl II 1992, 963). Die Klägerin besaß als Kinderkrippenerzieherin bereits eine abgeschlossene Berufsausbildung, die in der Vergangenheit die Erzielung von Einnahmen ermöglicht hat, die denjenigen einer staatlich geprüften Erzieherin entsprachen. Die Klägerin konnte auf die durch die abgeschlossene Berufsausbildung als Kinderkrippenerzieherin erworbenen Kenntnisse aufbauen. Bereits vorhandene Kenntnisse der Klägerin sollten erweitert und vertieft werden, damit sie den Anforderungen, die die Tätigkeit als Erzieherin in einem...

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