Entscheidungsstichwort (Thema)

Lehrgang einer Kindergärtnerin zur Erzieherin als Fortbildungskosten. Einkommensteuer 1993

 

Leitsatz (amtlich)

Die Aufwendungen einer Steuerpflichtigen, die in der ehemaligen DDR einen Fachschulabschluss als Kindergärtnerin hatte, für die Ausbildung zur Erzieherin gehören zu den –als Werbungskosten abziehbaren– Fortbildungskosten und nicht zu den –als Sonderausgaben berücksichtigungsfähigen– Ausbildungskosten (hier: zweiter Ausbildungsabschnitt für Erzieher).

 

Normenkette

EStG § 10 Abs. 1 Nr. 7, § 9 Abs. 1 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 22.07.2003; Aktenzeichen VI R 53/96)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Aufwendungen in Höhe von 705 DM als Ausbildungskosten und damit als Sonderausgaben abzugsfähig sind oder ob es sich dabei um Werbungskosten handelt, die in der Werbungskostenpauschale untergehen.

Die Kläger sind zusammenveranlagte Eheleute. Die Klägerin hat 1988 die pädagogische Schule für Kindergärtnerinnen in Astadt abgeschlossen und führt seitdem die Berufsbezeichnung „Kindergärtnerin”. Am 01.10.1991 begann sie in Bestadt eine Tätigkeit als Erziehungshelferin. Die Vergütung wurde nach BAT VI b gezahlt, die vertragliche Arbeitszeit betrug 29 Stunden wöchentlich.

Während der Tätigkeit als Erziehungshelferin absolvierte sie vom 03.09.1992 bis 28.06.1993 den zweiten Ausbildungsabschnitt für Erzieher. Mit der Ausbildungsstelle (evangelischer Kindergarten XXX, Träger Diakonieverein XXX) wurde vereinbart, daß die Klägerin für die Arbeitsgemeinschaften freigestellt wird. Zudem wurde die Arbeitszeit während des Berufspraktikums geregelt. Die Klägerin erhielt in der Zeit des Praktikums ihre Vergütung ohne Kürzung.

Der wegen ihres Umzugs nach YYY zuständig gewordene Beklagte qualifizierte diese Aufwendungen als Fort- und Weiterbildungskosten, die sich, da der Pauschbetrag nicht überschritten wurde, bei den Werbungskosten steuerlich nicht auswirkten. Der Einspruch blieb erfolglos.

Die Klägerin ist der Auffassung, es handele sich um Ausbildungskosten. Sie trägt vor, der Beruf einer Kindergärtnerin werde nur als Teilabschluß gewertet, die endgültige Berufsbezeichnung sei Erzieher. Um diesen Abschluß erreichen zu können habe sie am zweiten Ausbildungsabschnitt teilgenommen.

Sie habe den Beruf einer Kindergärtnerin nicht ausüben können, weil es diesen in den alten Bundesländern nicht gebe. Das Berufsbild der Kindergärtnerin unterscheide sich von dem der Erzieherin auch inhaltlich. Ihre Aufwendungen seien entstanden, um einen anderen Berufsabschluß zu erlangen. Sie trägt vor, sie habe den Abschluß als Erzieherin machen müssen, um wie früher mit Kindern in vergleichbarer verantwortlicher Position arbeiten zu können.

Im übrigen seien die Aufwendungen im Vorjahr als Sonderausgaben anerkannt worden.

Die Kläger beantragen,

unter Abänderung des Einkommensteuerbescheides für 1993 vom 06.07.1994, geändert durch Bescheid vom 12.06.1995 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.06.1995 die Einkommensteuer für das Jahr 1993 unter Berücksichtigung von Aufwendungen in Höhe von 705,– DM als Sonderausgaben neu festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, es handele sich um Fortbildungskosten in einem ausgeübten Beruf. Der Fachschulabschluß als Kindergärtnerin sei ein typischer Berufsabschluß der DDR gewesen. Nach Aufnahme einer Tätigkeit in den alten Bundesländern als Erziehungshelferin habe die Klägerin den zweiten Bildungsabschnitt für Erzieher absolviert. Es handele sich hierbei nicht um einen andersartigen Beruf, sondern um eine Anpassung der Ausbildung als Kindergärtnerin an die Verhältnisse in den neuen Ländern, die den Charakter einer Fortbildung hätten.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte hat die Aufwendungen der Klägerin für die Teilnahme an dem Lehrgang für Erzieher zu Recht als Fortbildungskosten und damit als Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG) qualifiziert. Es handelt sich nicht um gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG mit dem Höchstbetrag von 900 DM abziehbare Ausbildungskosten.

Aufwendungen für die berufliche Fort- und Weiterbildung sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes, der sich der Senat anschließt, Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG. Hierunter fallen Ausgaben, die ein Steuerpflichtiger tätigt, um in dem ausgeübten Beruf auf dem laufenden zu bleiben, den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden und so in dem ausgeübten Beruf besser vorwärts zu kommen (vgl. z. B. BFH-Urteile vom 7. November 1980 VI R 50/79, BFHE 132, 49, BStBl II 1981, 216; vom 28. November 1980 VI R 195/79, BFHE 132, 53, BStBl II 1981, 309, und vom 13. März 1981 VI R 26/79, BFHE 132, 570, BStBl II 1981, 439, BFH-Urteil vom 24.04.1992 VI R 131/89, BStBl II 1992, 963). Der Begriff der Fortbildungskosten ist nicht zu eng auszulegen (Schmidt/Drenseck, Komm. zum EStG § 19 Anm. 60 Stichwort Ausbildungskosten”). Hiervon zu unterscheiden sind die B...

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