Entscheidungsstichwort (Thema)

Von einem Diplom-Betriebswirt erbrachte Beratung von Kunden in der Baubranche bei der Durchsetzung von Forderungen „Inkasso-Konzessionär”) nicht freiberuflich, sondern gewerblich. Aufforderung zur Abgabe der Gewerbesteuererklärung als Verwaltungsakt. Gewerbesteuermessscheide nicht wegen behaupteter anderweitiger Schadensersatzansprüche des Steuerpflichtigen rechtswidrig

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Den Beruf des beratenden Betriebswirts i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG übt nach der Respr. des BFH derjenige aus, der nach einem entsprechenden Studium oder einem vergleichbaren Selbststudium, verbunden mit praktischer Erfahrung, mit den hauptsächlichen Bereichen der Betriebswirtschaft und nicht nur mit einzelnen Spezialgebieten vertraut ist und diese fachliche Breite seines Wissens auch bei seinen praktischen Tätigkeiten einsetzen kann und einsetzt. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn ein selbstständiger Diplom-Betriebswirt im Wesentlichen seine Kunden aus der Baubranche lediglich bei der Durchsetzung und Beitreibung von Forderungen berät und unterstützt, nicht aber in allen übrigen Kernbereichen der Betriebswirtschaftslehre.

2. Bei der Einordnung der Inkassotätigkeit als gewerblich oder freiberuflich spielt es keine Rolle, ob der Steuerpflichtige fremde Forderungen im Namen und im Auftrag des Forderungsinhabers durchsetzt oder ob er sich die Forderungen zur Durchsetzung abtreten lässt oder er gar Forderungen erwirbt. Unerheblich ist es auch, wenn das zuständige Ordnungsamt den Betrieb des Steuerpflichtigen rückwirkend nicht mehr als Gewerbebetrieb qualifiziert hat, weil eine Einstufung als freiberufliche Tätigkeit vorliege; eine Bindung des jeweils zuständigen FA bei der von ihm zu treffenden Entscheidung nach § 85 S. 1 AO über die Steuerbarkeit nach § 18 EStG besteht nicht.

3. Ein Inkassounternehmer übt keinen dem Rechtsanwalt ähnlichen Beruf i. S. d. § 18 EStG aus.

4. Gewerbesteuermessbescheide und die Aufforderung zur Abgabe einer Gewerbesteuererklärung sind nicht bereits deshalb rechtswidrig, weil der Steuerpflichtige seiner Ansicht nach Schadensersatzansprüche gegen das Bundesland hat, mit denen die Gewerbsteuer verrechnet werden könne.

5. Bei einem Schreiben, das an die Abgabe der Gewerbesteuererklärung erinnert, handelt es sich um einen Verwaltungsakt, der den Steuerpflichtigen beschwert und gegen den ein Einspruch gegeben ist. Der Einspruch ist jedoch unbegründet, wenn damit erkennbar das Ziel verfolgt wird, dass die Einkünfte des Steuerpflichtigen als freiberuflich eingestuft werden und er eine Gewerbesteuererklärung überhaupt nicht abgeben muss. Im Rahmen der Aufforderung zur Abgabe der Gewerbesteuererklärung braucht noch keine abschließende Entscheidung darüber getroffen zu werden, ob der Steuerpflichtige wirklich gewerbesteuerpflichtige Einkünfte erzielt.

6. Besteht die Möglichkeit, dass der Aufgeforderte gewerbesteuersteuerpflichtig ist, ist die Aufforderung zur Abgabe einer Gewerbesteuererklärung selbst dann nicht ermessensfehlerhaft, wenn die Auffassungen der Beteiligten über das Bestehen einer Steuerpflicht auseinandergehen.

 

Normenkette

GewStG § 2 Abs. 1 S. 2; EStG § 15 Abs. 2, § 18 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 2-3, Nr. 3; AO §§ 118, 347 Abs. 1, §§ 5, 85 S. 1; FGO § 102

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 21.01.2015; Aktenzeichen VIII B 73/14)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Festsetzungen von Gewerbesteuermessbeträgen für die Besteuerungszeiträume 2006-2009 sowie über die Zulässigkeit eines Einspruchs gegen die Erinnerung zur Abgabe der Gewerbesteuererklärung für das Jahr 2007.

Der Kläger betreibt einen Inkassobüro und – so seine Angaben im Wirtschaftsverkehr, z. B. in seinen Briefköpfen – eine Unternehmensberatung, für die er eine einheitliche Gewinnermittlung erstellt.

Mit Bescheid vom 14.07.2008 für 2006 über den Gewerbesteuermessbetrag wurde der Steuermessbetrag, ausgehend von einem Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 28.383 EUR, auf 38 EUR festgesetzt. Abweichungen vom erklärten Gewinn seien im Einkommensteuerbescheid erläutert worden. Dort ist in den Erläuterungen ausgeführt, dass Umsatzsteuerzahlungen in 2006 nicht getätigt worden seien und der Gewinn um die geltend gemachten Zahlungen in Höhe von 5099,08 EUR erhöht werde.

Seinen dagegen eingelegten Einspruch begründete der Kläger damit, dass ihm am 06.02.2008 durch das zuständige Landratsamt eine auch für die Finanzbehörde rechtsverbindliche Einzelfallentscheidung zugekommen sei, dass sowohl seine Tätigkeit als Inkasso-Konzessionär als auch die des Unternehmensberaters freiberuflich seien. Zudem sei er ab 2002 aus dem Gewerberegister gelöscht worden, weil vom zuständigen Landratsamt bestätigt worden sei, dass er von Anbeginn seiner freiberuflichen Tätigkeit als Inkasso-Konzessionär und Unternehmensberater freiberuflich tätig sei.

Das Finanzamt führte mit Schreiben vom 04.09.2008 aus, dass aus den vorliegenden Unterlagen hervor...

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