Leitsatz

1. Aufgrund des sog. Rückhalts im Konzern kann es fremdvergleichsgerecht sein, bei einer Darlehensgewährung zwischen Kapitalgesellschaften in einem Konzern von Sicherheiten abzusehen (Bestätigung des Senatsurteils vom 29.10.1997, I R 24/97, BStBl II 1998, 573, BFH/NV 1998, 929). Der Konzernrückhalt lässt jedoch keinen Schluss auf die Rückzahlung der Darlehensverbindlichkeit durch die Tochtergesellschaft und damit die Werthaltigkeit des Rückforde­rungsanspruchs aus dem gewährten Darlehen zu (Abweichung vom BMF-Schreiben vom 29.3.2011, BStBl I 2011, 277, dort unter 3.).

2. Der abkommensrechtliche Grundsatz des "dealing at arm’s length" nach Art. 9 Abs. 1 OECD-MA (hier: nach Art. IV DBA-Großbritannien 1964) ermöglicht eine Einkünftekorrektur nach nationalen Vorschriften der Vertragsstaaten (hier: nach § 1 Abs. 1 AStG i.d.F. bis zur Änderung durch das StVergAbG vom 16.5.2003, BGBl I 2003, 660, BStBl I 2003, 321) nur dann, wenn der zwischen den verbundenen Unternehmen vereinbarte Preis (hier: der Darlehenszins) seiner Höhe, also seiner Angemessenheit nach dem Fremdvergleichsmaßstab nicht standhält. Er ermöglicht indessen nicht die Korrektur einer Abschreibung, die (nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG) auf den Teilwert der Forderung auf Rückzahlung der Darlehensvaluta und auf Zinsrückstände vorzunehmen ist, weil die inländische Muttergesellschaft das Darlehen ihrer ausländischen (hier: englischen) Tochtergesellschaft in (ggf.) fremdunüblicher Weise unbesichert begeben hat (Bestätigung des Senatsurteils vom 17.12.2014, I R 23/13, BFH/NV 2015, 616, BFH/PR 2015, 173; Abweichung vom BMF-Schreiben vom 29.3.2011, BStBl I 2011, 277, dort unter 3.). Die fehlende Besicherung schlägt sich insoweit nur im entsprechend bepreisten Zins nieder (Bestätigung des Senatsurteils vom 21.12.1994, I R 65/94, BFHE 176, 571).

 

Normenkette

§ 1 Abs. 1 und Abs. 4 AStG (i.d.F. bis zur Änderung durch das StVergAbG vom 16.5.2003), Art. IV DBA-Großbritannien 1964, § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH mit einem abweichenden Wirtschaftsjahr vom 1.11. bis zum 31.10., betrieb im Streitjahr 2002 einen Handel mit Waren über das Internet. Ihre alleinige Gesellschafterin war die in Kanada ansässige X.

Am 19.4.2000 hatte die Klägerin mit einer in Großbritannien ansässigen Tochtergesellschaft, der 2000 gegründeten und – nach einer Kapitalerhöhung – mit einem Nennkapital von 50.000 £ ausgestatteten J Ltd., einen Darlehensvertrag geschlossen, nach welchem die Klägerin der Darlehensnehmerin über verschiedene Transferzahlungen Kapital zur Verfügung stellen sollte. Eine konkrete Darlehenssumme wurde nicht vereinbart. Vereinbart wurde eine jährliche Verzinsung mit 5 %, nicht jedoch die Gestellung von Sicherheiten. In einer Ergänzung zu dem Darlehensvertrag vereinbarten die Vertragsparteien, dass von der Klägerin nicht nur die "Kapitalbereitstellung durch Transferzahlungen darlehensweise zur Verfügung gestellt wird", sondern auch sonstige Leistungen erbracht werden.

Der Geschäftsbetrieb der J Ltd. wurde wegen der schlechten Geschäftsentwicklung am 31.10.2002 eingestellt. Ihr Verlust betrug gemäß ihrer Gewinn­ermittlung zum 31.12.2000 398.803 £ und zum 31.10.2001 174.135 £; zum 31.10.2002 wies sie einen Gewinn i.H.v. 76.560 £ aus. Die J Ltd. wurde im Jahr 2004 liquidiert.

In ihrer Gewinnermittlung auf den 31.10.2002 nahm die Klägerin eine Teilwertabschreibung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 i.V.m. Nr. 1 Satz 3 EStG auf die Rückzahlungsforderung gegenüber der J Ltd. i.H.v. 717.700 EUR vor.

Das FA unterwarf die Wertberichtigung der Forderungen aus dem Darlehen, das er als eigenkapitalersetzend ansah, dem Abzugsverbot des § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG i.d.F. bis zur Änderung durch das JStG 2008 und rechnete sie danach dem Gewinn wieder hinzu. Folge man dem nicht, so komme wegen der fehlenden Darlehensbesicherung jedenfalls eine Gewinnkorrektur gemäß § 1 AStG in seiner für das Streitjahr maßgebenden Fassung bis zur Änderung durch das StVergAbG vom 16.5.2003, BGBl I 2003, 660, BStBl I 2003, 321 in Betracht. Unabhängig davon seien die unbesichert begebenen Darlehen von Anfang an nicht ernsthaft beabsichtigt gewesen und deshalb als Einlagen anzusehen. Überhaupt sei die sog. Teilwertabschreibung wegen des sog. Rückhalts im Konzern nicht gerechtfertigt.

Die anschließende Klage gegen den hiernach geänderten Bescheid über die Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur KSt (gemäß § 10d Abs. 4 EStG i.V.m. § 31 Abs. 1 KStG) auf den 31.12.2002 war erfolgreich, im Wesentlichen deswegen, weil die Darlehensgewährung eigenkapitalersetzend gewesen und deswegen nicht als nach § 1 Abs. 1 AStG a.F. korrekturfähige Geschäftsbeziehung i.S.v. § 1 Abs. 4 AStG a.F. anzusehen sei (FG Düsseldorf, Urteil vom 28.3.2014, 6 K 4087/11 F, Haufe-Index 6794463, EFG 2014, 1275).

 

Entscheidung

Der BFH hat das Urteil des FG in der Sache bestätigt, allerdings mit zum Teil anderer Begründung. Der BFH stellt nämlich die durch Art. 9 Abs. 1 OECD-MA bewirkte Sperrwirkung auf nationale...

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