Zusammenfassung

 
Überblick

Begünstigt ist nach § 18 Abs. 3 EStG auch der Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe "eines selbstständigen Teils des Vermögens", das der freiberuflichen Tätigkeit dient (Teilpraxis), sowie die Veräußerung oder Aufgabe eines "Anteils am Vermögen, das der selbstständigen Arbeit dient" (Praxisanteil). Unter denselben Voraussetzungen, wie sie für Veräußerungen/Aufgaben einer ganzen freiberuflichen Praxis maßgeblich sind, genießt die Veräußerung oder Aufgabe einer Teilpraxis sowie eines Mitunternehmeranteils an einer freiberuflichen Praxis die Steuervergünstigungen für Veräußerungs-/Aufgabegewinne.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Gesetzliche Grundlagen sind die §§ 16, 18 Abs. 3, 34 EStG. Verwaltungsseitige Erläuterungen finden sich u. a. in R 16 und 18.3 EStR 2012 sowie H 16 und H 18.3 EStH 2017.

1 Steuerbegünstigte Teilpraxisveräußerung oder -aufgabe

1.1 Abgrenzungsmerkmale im Überblick

Zu den Einkünften aus selbstständiger Arbeit gehört gem. § 18 Abs. 3 Satz 1 EStG auch der Gewinn, der bei der Veräußerung eines selbstständigen Teils des Vermögens oder eines Anteils am Vermögen erzielt wird, das der selbstständigen Arbeit dient. Der Ausdruck "selbstständiger Teil des Vermögens" in § 18 Abs. 3 Satz 1 EStG, sog. Teilpraxis, ist im Gesetz nicht definiert. Nach der Rechtsprechung des BFH ist er unter entsprechender Heranziehung der Voraussetzungen des gewerblichen Teilbetriebs i. S. d. § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu bestimmen.[1]

Ein Teilbetrieb ist generell ein mit einer gewissen Selbstständigkeit ausgestatteter, organisatorisch in sich geschlossener und für sich lebensfähiger Teil des Gesamtbetriebs. Der Begriff "Teilpraxis" entspricht zwar prinzipiell diesem gewerblichen Teilbetriebsbegriff, allerdings hat die persönliche Arbeitsleistung bei Freiberuflern größeres Gewicht und deshalb deren Ausübung in sachlich oder örtlich abgrenzbaren Bereichen stärkere Bedeutung als bei Gewerbetreibenden. Im Hinblick auf die Eigenart der selbstständigen Arbeit, insbesondere das Abstellen auf die persönliche Betätigung bei Teilen einer freiberuflichen Praxis, kann bei Freiberuflern die erforderliche Selbstständigkeit eines freiberuflichen Teilbetriebs prinzipiell nur bei 2 Fallgruppen angenommen werden, und zwar,

  • wenn sich die freiberufliche Arbeit entweder auf wesensmäßig verschiedene Tätigkeiten mit zugehörigen unterschiedlichen Kunden-(Patienten-)kreisen erstreckt (1. Fallgruppe) oder
  • bei gleichartiger Tätigkeit in voneinander getrennten örtlich abgegrenzten Bereichen ausgeübt wird (2. Fallgruppe).[2]

     
    Hinweis

    Kein Teilbetrieb bei gleichartiger freiberuflicher Tätigkeit

    Ob eine Teilpraxis vorliegt, also ein Teilbereich der freiberuflichen Tätigkeit, die sich von der übrigen freiberuflichen Tätigkeit abgrenzbar unterscheidet, wird vom BFH vor allem nach sachlichen und örtlichen Gesichtspunkten entschieden. Handelt es sich hingegen um eine einheitliche gleichartige freiberufliche Tätigkeit, so kann regelmäßig ausgeschlossen werden, dass Teile der Praxis eine so weitgehende organisatorische Selbstständigkeit erreicht haben, dass sie Teilbetrieben im gewerblichen Bereich gleichgestellt werden können.[3]

1.1.1 Fallgruppe 1: Wesensmäßig verschiedene Tätigkeiten werden für unterschiedliche Leistungsempfänger ausgeübt

Für die Frage, ob eine Teilpraxis vorliegt, sind die Verhältnisse beim Übertragenden im Zeitpunkt der Veräußerung entscheidend.[1] Die Veräußerung einer Teilpraxis setzt eine vor der Veräußerung ausgeübte freiberufliche Tätigkeit voraus, die sich von der übrigen Tätigkeit abgrenzbar unterscheidet.[2] Die Unterscheidung kann nach sachlichen oder nach örtlichen Gesichtspunkten vorzunehmen sein.

Eine sachliche Abgrenzung im Sinne der  1. Fallgruppe besteht, wenn

  • ein Freiberufler zwei der Sache nach, also wesensmäßig verschiedenartige freiberufliche Tätigkeiten mit verschiedenen Kunden-, Mandanten- oder Patientenkreisen ausübt und
  • beide Praxisteile organisatorisch und hinsichtlich der Mandantschaft getrennt sind, z. B. ein Rechtsanwalt, der zugleich als Steuerberater tätig ist.
 
Hinweis

Teilpraxen setzen eine organisatorische Verselbstständigung voraus

Auch wenn ein Freiberufler zwei wesensmäßig verschiedene Tätigkeiten mit zugehörigen unterschiedlichen Kunden- oder Patientenkreisen ausübt (1. Fallgruppe), setzt die Annahme zweier Teilpraxen das Vorliegen einer gewissen organisatorischen Verselbstständigung der verschiedenen Praxisteile voraus. Die getrennte Buchführung bzw. Gewinnermittlung ist nicht zwingende Voraussetzung für die Annahme einer Teilpraxis, wenn andere Umstände, wie die räumliche Trennung oder der Einsatz besonderen Personals, die organisatorische Selbstständigkeit hinreichend deutlich werden lassen.[3]

 
Praxis-Beispiel

Teilpraxen

  • Die Veräußerung des Anwaltspraxisanteils durch einen Anwaltsnotar ist die Veräußerung einer Teilpraxis i. S. d. § 18 Abs. 3 EStG. Dass die Zulassung als Rec...

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