Insb. bei umfangreicheren Handelsaktivitäten wird eine entsprechend detaillierte und lückenlose Dokumentation notwendig sein, um auszuschließen, dass die Finanzverwaltung die abgegebene Steuererklärung im Nachhinein als unrichtig beurteilt, etwa weil doch (weitere) steuerpflichtige Veräußerungsvorgänge getätigt wurden. Damit besteht in vielen Fällen die Notwendigkeit einer umfangreichen Offenlegung.

Neben der Vermeidung eines Strafvorwurfs sind mit einer umfangreichen Sachverhaltsoffenlegung anderweitige Vorteile verbunden.

Zum einen wird durch die Veranlagung durch die Finanzbehörde sichergestellt, dass etwaige rechtliche oder tatsächliche Fehleinschätzungen bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlagen später nicht zu Lasten des Steuerpflichtigen wirken können. Dies umfasst z.B. die Qualifikation von einzelnen Veräußerungsgewinnen als Kapitalertrag oder sonstige Einkünfte. Vielmehr sollte insoweit eine nachträgliche Änderung der Steuerfestsetzung ausscheiden, soweit der Finanzbehörde alle steuererheblichen Tatsachen zur Überprüfung der durch den Steuerpflichtigen ermittelten Bemessungsgrundlagen übermittelt wurden.[3]

Zum anderen bietet ein Steuerbescheid durch die Anwendbarkeit von § 176 AO weitreichenden Schutz vor zukünftigen ungünstigen Rechtsänderungen mit Rückwirkungspotential. Dies ist insb. in Fällen relevant, in denen zwar keine Abweichung von der Verwaltungsauffassung besteht, indes das Risiko abweichender, zukünftiger Rechtsprechung in Betracht kommt. Bei nicht verbeschiedenen Sachverhalten ist hingegen unklar, inwiefern die verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzgrundsätze einer nachträglichen Steuerfestsetzung entgegenstehen.[4]

 

Beispiel

Im Speziellen ist hier z.B. die Frage nach der Verlängerung der Spekulationsfrist nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 4 EStG bei Staking oder Lending zu nennen, die nach aktueller Verwaltungsauffassung (vgl. BMF v. 10.5.2022, BStBl. I 2022, 668 Rz. 63) nicht anwendbar sein soll. Werden entsprechend keine Veräußerungsgewinne erklärt, da nach dieser Auffassung die Spekulationsfrist abgelaufen ist, besteht das Risiko einer nachträglichen Steuerfestsetzung aufgrund abweichender Rechtsprechung (zur gerichtlichen Überprüfung dieser Verwaltungsauffassung Himmer / Binder, Ubg 2022, 273, 275).

Beraterhinweis Zusammenfassend lässt sich zwar über Umfang und Grenzen der Mitwirkungspflichten trefflich streiten. Jedoch ist der Steuerpflichtige gut beraten, wenn er eine stichhaltige Dokumentation vorhält, um die für ihn günstigen Rechtspositionen hinreichend darlegen zu können. Dies gilt insb. zur Frage des Ablaufs der Spekulationsfrist oder der Nutzung von Verlusten. Der BFH lastete in der Vergangenheit Erinnerungslücken dem Steuerpflichtigen an, auch wenn keine gesetzliche Dokumentationspflicht bestand (BFH v. 25.8.2009 – I R 88, 89/07, BStBl. II 2016, 438). Zudem kann im Rahmen der laufenden Deklaration eine offenere Diskussion mit der Finanzbehörde geführt werden, da es, anders als in Nacherklärungsfällen, nicht darauf ankommt, (zumindest sicherheitshalber) die Voraussetzungen einer wirksamen Selbstanzeige zu erfüllen.

[3] Insb. ist der Anwendungsbereich des § 173 Abs. 1 AO gesperrt, vgl. BMF v. 31.1.2014, BStBl. I 2014, 290 ("AEAO") zu § 173 Tz. 2.1; unbenommen bleibt hingegen die Korrektur von Berechnungsfehlern gem. § 129 und 173a AO.
[4] Vgl. zur Diskussion Loose in Tipke/Kruse, § 176 AO Rz. 23; Drüen in Tipke/Kruse, § 4 AO Rz. 86; Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl. 2021, Steuersystem und Steuerverfassungsrecht Rz. 3.282; Helbich, Vertrauensschutz in Verwaltungsvorschriften des Steuerrechts, Diss. 2015, passim; Hey, Steuerplanungssicherheit als Rechtsproblem, Habil. 2002, S. 680 ff.

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