Bisher keine Unterscheidung bei der Bildungsart getroffen: In all seinen Urteilen zu der Steuerbefreiung von Bildungsleistungen hat der EuGH nie sehr scharf unter den drei Säulen des Bildungswesens i.S.v. Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL unterschieden. Der Schul- und Hochschulunterricht ist aber nur eine davon. Daneben bestehen auch gleichrangig die "Erziehung von Kindern und Jugendlichen" sowie die "Aus- und Fortbildung sowie berufliche Umschulung" (nachfolgend "Berufsbildung"). In den bereits erwähnten Rechtssachen Brockenhurst College (Bildungseinrichtung über Gastronomie, Gastgewerbe und darstellende Künste) und Eulitz (Ingenieur-Lehrgänge) befasste sich der EuGH nur mit dem Begriff des Unterrichts, obwohl es auch nahelag, dass es sich um Berufsbildung handelte, die allein die Steuerbefreiung auch hätte begründen können. Nach seiner damaligen Definition des Unterrichts muss es dem EuGH gereicht haben, die Steuerbefreiung unter dem Aspekt des Unterrichts zu bejahen, denn nach den bisherigen Vorlagen hatte der EuGH nur Fragen zum Begriff des Unterrichts zu beantworten. Der EuGH musste sich nicht proaktiv mit Begriffen befassen, zu denen er nicht ausdrücklich gefragt wurde.

Wo der EuGH jedoch nach verschärfter Rechtsprechung die Steuerbefreiung von Unterrichtsleistungen unter strengeren Bedingungen gewährt, erscheint mir die Unterscheidung unter den drei Säulen des Bildungswesens deutlich an Relevanz zu gewinnen. Anbieter von spezialisierten Unterrichtsleistungen müssen prüfen, ob sie die Steuerbefreiung über das Institut der Erziehung von Kindern und Jugendlichen oder der Berufsbildung erhalten können. Dies ist besonders bei der Berufsbildung vielversprechend, denn Berufsbildung ist naturgemäß eine Spezialisierung.

Bestes Beispiel dafür müsste gerade der Fahrunterricht sein. Der EuGH hat nicht pauschal entschieden, dass jeder Fahrunterricht nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL nicht steuerfrei sein kann. Sein Urteil beschränkt sich auf die Fahrprüfung für Kraftfahrzeuge der Klassen B (Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen Gesamtgewicht) und C1 (Fahrzeuge mit mehr als 3,5 bis 7,5 Tonnen Gesamtgewicht). Die meisten Privatpersonen besitzen einen Führerschein der Klasse B, so dass die Vorbereitung darauf eindeutig nicht als Berufsbildung angesehen werden kann. Problematischer ist es mit der Klasse C1. Dennoch ist sie bei Privatpersonen für den Privatbedarf auch nicht undenkbar (z.B. große Wohnwagen). Damit bleibt in der Rechtsprechung des EuGH offen, ob der Fahrunterricht zur Ausbildung als Berufsfahrer höherer Fahrklassen (u.a. große Lkw) steuerfrei ist. Insoweit sind m.E. die unveränderten Ausführungen der Finanzverwaltung, wonach Lehrgänge zur Ausbildung als Berufsfahrer steuerfrei nach § 4 Nr. 21 UStG sein können,[8] selbst nach dem "Fahrschul-Urteil" nicht überholt.

[8] Abschn. 4.21.2 Abs. 6 UStAE; vgl. Trinks/Trinks, NWB 2019, 940, 942; Monfort in Birkenfeld/Wäger, USt-Handbuch, Abschn. II Kap. 5 G, zu § 4 Nr. 21 UStG, ABC "Fahrschulen."

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