Leitsatz

Ausgleichszahlungen, die Arbeitnehmer bei einer arbeitgeberveranlassten Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten, um den Nachteil des Ausfalls monatlicher Gehaltszahlungen auszugleichen, sind gem. § 3 Nr. 9 EStG steuerfrei.

Der Freibetrag des § 3 Nr. 9 EStG bezieht sich bei Abfindungen, die in Teilbeträgen ausgezahlt werden (Ausgleichszahlungen und Vorruhestandsgelder), stets auf die zuerst gezahlten Teilbeträge. Ein Aufteilungs- bzw. Zuordnungswahlrecht des Steuerpflichtigen besteht nicht.

 

Sachverhalt

Die Klägerin war bis zum 30.4.1996 als Arbeitnehmerin bei einer Versicherung beschäftigt. Im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge waren bei Beginn des Arbeitsverhältnisses Kapitallebensversicherungen abgeschlossen worden. Im Oktober 1995 kam es zwischen der Klägerin und ihrem Arbeitgeber zum Abschluss eines Vorruhestandsvertrags, wonach das Arbeitsverhältnis zum 30.4.1996 enden sollte. Die abgeschlossenen Lebensversicherungen wurden ab dem 1.5.1996 mit geminderter Versicherungssumme beitragsfrei gestellt (Versicherungssumme 124.000 DM, Rückkaufswert 68.947,90 DM). Die Klägerin erhielt einen Ausgleichsbetrag von 27.500 DM. Ab dem 1.5.1996 wurden monatliche Vorruhestandsgelder gezahlt.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, die Ausgleichszahlung von 27.500 DM sei nicht steuerbar oder im Falle ihrer Steuerbarkeit und Steuerpflicht nach § 34 EStG und § 24 EStG ermäßigt zu versteuern, und die monatlichen Vorruhestandsgelder seien bis zu den gesetzlichen Höchstbeträgen nach § 3 Nr. 9 EStG steuerfrei. Demgegenüber will das Finanzamt zunächst die Ausgleichszahlung und sodann die monatlichen Vorruhestandsleistungen auf den Freibetrag nach § 3 Nr. 9 EStG anrechnen, so dass der ermäßigte Steuersatz nicht zur Anwendung kommt und die nach Ausschöpfung des Freibetrags gezahlten Vorruhestandsgelder nicht mehr steuerbegünstigt sind.

 

Entscheidung

Das FG folgt der Auffassung des Finanzamtes. Bei der Ausgleichszahlung handelt es sich weder - wie von der Klägerin u. a. argumentiert - um nicht steuerbaren Arbeitslohn (Ausgleich für die Wertminderung der Versicherung) noch - wie vom Finanzamt zunächst ausgeführt - um steuerpflichtigen Arbeitslohn, sondern um eine nach § 3 Nr. 9 EStG begünstigte Abfindung. Die Zahlung beruht auf dem Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und der Versicherung, so dass sie steuerbaren Arbeitslohn darstellt. Die Ausgleichszahlung fällt als steuerbegünstigte Abfindung unter § 3 Nr. 9 EStG, weil sie den finanziellen Nachteil ausgleichen soll, den die Klägerin durch die arbeitgeberveranlasste Auflösung des Arbeitsverhältnisses erlitten hat. Ebenso steuerbegünstigt sind die monatlichen Vorruhestandsleistungen, soweit der Freibetrag nach § 3 Nr. 9 EStG nach Anrechnung der Ausgleichszahlung noch nicht ausgeschöpft ist. Die Gewährung des Freibetrags erfolgt nicht nach der Wahlentscheidung des Steuerpflichtigen, sondern nach dem zeitlichen Anfall der Zahlungen.

 

Hinweis

Bei der Inanspruchnahme von Steuervergünstigungen für Abfindungen (Freibetrag gemäß § 3 Nr. 9 EStG, ermäßigter Steuersatz gem. § 34 EStG) steht dem Steuerpflichtigen kein Wahlrecht zu. Wenn die Abfindungen in verschiedenen Teilbeträgen gezahlt werden, sind die zuerst gezahlten Beträge auf den Freibetrag gem. § 3 Nr. 9 EStG anzurechnen. Dies gilt auch dann, wenn für einen der Beträge (hier die Ausgleichszahlung) - isoliert betrachtet - der begünstigte Steuersatz gemäß § 34 in Betracht käme. Für alle Teilbeträge, die nach Ausschöpfung des Freibetrags gezahlt werden, besteht eine Steuerpflicht.

 

Link zur Entscheidung

FG Münster, Urteil vom 22.07.2003, 2 K 1081/99 E

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