Leitsatz

Unter den Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens kann die Umsatzsteuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der 6. EG-RL für von einem Einzelnen mit dem Status eines freien Mitarbeiters erbrachte Tätigkeiten, die in der Erteilung von Schularbeitshilfe sowie Keramik- und Töpferkursen in Erwachsenenbildungseinrichtungen bestehen, nur dann gewährt werden, wenn es sich bei diesen Tätigkeiten um die Erteilung von Schul- oder Hochschulunterricht durch einen für eigene Rechnung und in eigener Verantwortung handelnden Lehrer handelt. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts zu prüfen, ob dies im Ausgangsverfahren der Fall ist.

 

Normenkette

Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der 6. EG-RL (vgl. § 4 Nr. 21 Buchst. b und Nr. 22 Buchst. a UStG)

 

Sachverhalt

H erteilte jeweils als freier Mitarbeiter aufgrund von Verträgen mit dem Bundesland an einer Volkshochschule Schularbeitshilfe und leitete an einer anderen Einrichtung des Landes Töpfer- und Keramikkurse; abgerechnet wurde auf Stundenbasis; Sozialversicherungsbeiträge und Steuer wurden nicht einbehalten; er erhielt einen Zuschuss zur Kranken- und Rentenversicherung und eine prozentual bemessene Urlaubsvergütung. Bei Ausfallen des Kurses z.B. mangels Teilnehmer übernahm er das Honorarrisiko. Für seine Leistungen beanspruchte er erfolglos die Umsatzsteuerbefreiung für Unterrichtsleistungen.

 

Entscheidung

Die Grundsätze ergeben sich aus den Praxis-Hinweisen. Ob hiernach die im Streitfall im Rahmen der Volkshochschule erteilten Töpfer- und Keramikkurse umsatzsteuerfrei sind, ist zweifelhaft. Das wird nun der BFH entscheiden.

 

Hinweis

1. Der BFH hatte mit Beschluss vom 20.10.2005, V R 75/03 (BFH-PR 2006, 120) dem EuGH die Frage vorgelegt: Ist ein von einem Privatlehrer erteilter Schul- und Hochschulunterricht nur dann nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der 6. EG-RL von der Steuer zu befreien, wenn der Privatlehrer seine Unterrichtsleistung direkt an die Schüler/ Hochschüler als Leistungsempfänger erbringt – also von diesen bezahlt wird – oder reicht es aus, dass der Privatlehrer seine Unterrichtsleistung an eine Schule oder Hochschule als Leistungsempfänger erbringt? Die Voraussetzungen einer Befreiung nach dem UStG lagen – weil die Befeiungen insoweit nicht an das Gemeinschaftsrecht angepasst sind – nicht vor. Die Richtlinie befreit u.a. Schul- oder Hochschulunterricht, die Ausbildung, die Fortbildung oder die berufliche Umschulung sowie die damit eng verbundenen Dienstleistungen durch entsprechende Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere vom Mitgliedstaat anerkannte Einrichtungen (Buchst. i) und den von Privatlehrern erteilten Schul und Hochschulunterricht (Buchst. j). Liegen – mangels Anerkennung – die Voraussetzungen nach Buchst. i nicht vor, kommt nur die Befreiung nach Buchst. j in Betracht.

2. Zur Auslegung der Begriffe "Schul- und Hochschulunterricht" hat der EuGH entschieden, dass hierbei weder die Struktur der jeweiligen nationalen Bildungssysteme maßgebend sein können noch dass Unterricht, der nicht zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, darunter subsumiert werden kann, sondern dass er andere Tätigkeiten einschließt, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler zu entwickeln. Für die Befreiung nach Buchst. i wird dies jedoch durch das Erfordernis einer Anerkennung der jeweiligen Einrichtung durch den betreffenden Mitgliedstaat relativiert. Von Bedeutung ist insoweit aber die Einschränkung, dass es sich dabei nicht um Tätigkeiten handeln darf, die den Charakter der Freizeitgestaltung haben. Das ist im Wesentlichen tatsächliche Feststellung, die den FG obliegt und die anhand der wesentlichen konkreten Merkmale und der Struktur der Tätigkeit, wie z.B. im Besprechungsfall der Töpfer- und Keramikkurse, zu ermitteln ist. Die Begründung im "Jagdschul-Urteil" des BFH (vom 18.9.2003, V R 62/02, BFH-PR 2004, 189) wird danach – unabhängig davon, ob dies zu einem anderen Ergebnis führen könnte – zu überdenken sein.

3. Ausdrücklich hat der EuGH entschieden, die Befreiung nach Buchst. i und Buchst. j bildeten kein System; systematische Überlegungen sind deshalb – das ergibt auch die Rechtsprechung zu anderen Befreiungsvorschriften, wonach die Befreiungen eng auszulegen sind und nur befreit ist, was ausdrücklich in der Richtlinie geregelt ist – auch hier nicht zulässig. Es müssen also jeweils die in den jeweiligen Regelungen geforderten Voraussetzungen vorliegen.

4. Für die Befreiung des Privatunterrichts hat der EuGH entschieden, dass keine unmittelbaren Vertragsbeziehungen des Unternehmers (Lehrers) mit den Schülern, Studenten oder Teilnehmern bestehen müsse. Aber: der Unterricht muss für eigene Rechnung und in eigener Verantwortung erteilt werden. Das ist – wie der Randbemerkung 35 zu entnehmen ist – nach Auffassung des EuGH dann nicht der Fall, wenn ein Lehrer als freier Mitarbeite...

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