Rz. 129

[Autor/Stand] Der unbestimmte Rechtsbegriff: "Übliches Gelegenheitsgeschenk" ist nicht definiert. Umso fragwürdiger ist die behauptete[2] Funktion der angeblich "am häufigsten beanspruchten" Befreiungsnorm des § 13 Abs. 1 Nr. 14 ErbStG, die Unterlassung der nach § 30 Abs. 1 ErbStG grundsätzlich vorgeschriebenen Anzeige jedes schenkungsteuerbaren Erwerbs zu rechtfertigen. Gerade die in der Kommentarliteratur letztlich gebilligte relative Betrachtungsweise,[3] die zu Recht aus Gründen der Gleichmäßigkeit der Besteuerung kritisiert wird,[4] darf es den Steuerpflichtigen nicht erlauben, selbst die jeweilige Zuwendung in Ansehung der besonderen Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Beteiligten nach Anlass, Art und/oder Wert des Geschenks als allgemeiner Anschauung entsprechend üblich zu qualifizieren.[5] Die Entscheidungskompetenz über die Frage der Steuerpflicht liegt allein bei den zuständigen Schenkungsteuerstellen, die ein Besteuerungsverfahren aufzunehmen haben, wenn sie nicht klar und eindeutig zur Steuerfreiheit der angezeigten Fälle gelangen (s. auch § 30 ErbStG Anm. 5 f.).[6] Und Sache der Betroffenen ist es sodann rechtsbehelflich klären zu lassen, ob der konkrete Erwerb nach der sich stets wandelnden Verkehrsauffassung – früher sprach man vom allgemeinen Volksempfinden[7] – tatsächlich steuerpflichtig ist oder nicht.[8]

 

Rz. 130

[Autor/Stand] Umkehrschließend bestätigt § 13 Abs. 1 Nr. 14 ErbStG als ausdrückliche Steuerbefreiungsvorschrift die Schenkungsteuerbarkeit üblicher Gelegenheitsgeschenke.[10] Historisch betrachtet sollte es sich hierbei vor allem um solche Schenkungen handeln, zu denen der Schenker sittlich oder anstandsgemäß verpflichtet war und die er deshalb nicht zurückfordern durfte (§ 534 BGB).[11] Sie wurden nach älterer Rechtsprechung auch einer Angemessenheitsprüfung unterzogen, über deren Berechtigung man zwar in Anbetracht des § 13 Abs. 2 ErbStG geteilter Meinung sein kann,[12] doch der BFH hatte einst keine Zweifel die in den 50er Jahren vollzogenen Schenkungen eines Fernsehapparats, einer Polstergarnitur und weiterer Haushaltsgegenstände im Gesamtwert von weniger als 4 000 DM als "noch angemessen" und damit im Rahmen einer Liebesbeziehung üblich zu bezeichnen.[13]

 

Rz. 131

[Autor/Stand] Die betragsmäßigen Grenzen der Üblichkeit/Angemessenheit sind heutzutage sicherlich weiter zu ziehen:

  • Über geringwertige gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke, die nicht der insolvenzrechtlichen Anfechtung unterliegen (§ 134 Abs. 2 InsO),[15] wird man bis zu einem Wert bis zu 500 EUR kaum, über 5 000 EUR aber durchaus schon diskutieren.[16]
  • Beim unentgeltlichen Erwerb beweglicher Gegenstände stellt sich die Frage nach einer Grenzziehung nur dann, wenn § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 ErbStG nicht einschlägig ist (§ 13 ErbStG Anm. 5 f.) oder der Wert des Geschenks die dort genannten Beträge von 41 000 EUR bzw. 12 000 EUR übersteigt.[17]
  • Dass Geldzuwendungen von mehr als 40 000 EUR sowie die Schenkung eines PKWs im Wert von über 37 000 EUR auch als Weihnachtsgeschenke zwischen nahen Angehörigen unüblich sind, wurde finanzgerichtlich entschieden.[18] Dies gilt ebenso für Zuwendungen zwischen entfernten Verwandten, die mehr als ein Drittel des Schenkervermögens betragen.[19]

Eher theoretisch erscheint die Diskussion, ob sehr hochwertige Geschenke nur von reichen Personen steuerfrei übertragen werden können.[20] Weshalb Geck danach differenzieren will, ob der Schenker dem Erwerber gegenüber unterhaltsverpflichtet ist oder nicht,[21] bleibt erklärungsbedürftig und hilft bei Zuwendungen an Fremde nicht wirklich weiter. Die in diesem Zusammenhang behauptete Absicht, mit üblichen Gelegenheitsgeschenken "auch Erwartungen zu erfüllen, die außerhalb der Rechtsordnung stehen", rechtfertigt jedenfalls keine steuerliche Privilegierung.

Im Übrigen hat sich die Bedeutung des § 13 Abs. 1 Nr. 14 ErbStG mit der deutlichen Anhebung der persönlichen Freibeträge auf mindestens 20 000 EUR seit dem 1.1.2009 erheblich reduziert.[22] Die einhellige Verneinung der Zusammenrechnung mehrerer üblicher Geschenke nach § 14 ErbStG in der Kommentarliteratur[23] ist aber abzulehnen, wenn – inkonsequent – mehrere aus gleichem Anlass geschenkte übliche Zuwendungen doch wertmäßig addiert werden sollen[24] und die Finanzverwaltung außerdem auch die partiell deckungsgleiche Befreiungsnorm des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 ErbStG für bewegliche (Hausrats-)Gegenstände im Zehn-Jahreszeitraum nur einmal anwenden will.[25]

 

Rz. 132

[Autor/Stand] Beachten Sie: Besondere Aufmerksamkeit gilt § 13 Abs. 1 Nr. 14 ErbStG allerdings, wenn man den historischen Zusammenhang der Vorschrift mit der ertragsteuerlichen Behandlung üblicher Gelegenheitsgeschenke an Arbeitnehmer ins Auge fasst (s. auch § 7 ErbStG Anm. 432)[27] und darüber hinaus berücksichtigt, dass es gerade im Geschäftsleben, dem immer noch verbreiteten Vorurteil widersprechend, mittlerweile doch üblich geworden ist, Geschenke zu machen.[28] Sind die angeblich betriebliche Veranlassung solcher Zuwendu...

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